Allergiekarriere vorzeitig beenden |
Christina Hohmann-Jeddi |
15.07.2020 08:00 Uhr |
Am erfolgversprechendsten ist eine Therapie, wenn die Erkrankungsdauer gering ist und die unteren Atemwege noch nicht stark beteiligt sind, wenn sich also noch kein Asthma entwickelt hat. Daher sei es gut, die SIT möglichst im jungen Lebensalter, vielleicht schon im Teeniealter zu beginnen, sagte Becker. »Im Prinzip ist die Behandlung schon ab fünf Jahren möglich.«
Wichtig für den Therapieerfolg seien weiterhin eine hohe kumulative Dosis und die Adhärenz. Diese sei wie bei vielen Dauertherapien aber nicht gut. Bei der SCIT breche rund ein Drittel der Patienten die Therapie im ersten Jahr ab, beendet werde sie lediglich von 42 Prozent. Bei der SLIT seien die Daten noch schlechter, obwohl keine Arztbesuche nötig sind: Hier hörten fast 50 Prozent im ersten Jahr auf und nur 16 Prozent beendeten die Therapie.
Was ist bei einer SIT während der Coronavirus-Pandemie zu beachten? »Bei einer Covid-19-Erkrankung sollte eine begonnene SCIT und SLIT pausieren und der Beginn einer Therapie verschoben werden«, sagte Becker. Bei der Abwägung, ob eine SCIT oder SLIT initiiert werden sollte, sei die sublinguale Therapie in Corona-Zeiten zu bevorzugen, da sie die Zahl der Patienten-Arzt-Kontakte deutlich senke. Becker betonte jedoch, dass beide Therapieformen ähnlich gut wirksam seien und die Therapieform nach der Präferenz des Patienten gewählt werden sollte.
Eine SIT sollte bei Patienten mit starken Beschwerden begonnen werden, um die Erweiterung des Allergiespektrums zu verhindern und auch den »Etagenzuwachs«, sagte der Mediziner. Bei rund 30 bis 40 Prozent der Patienten mit allergischer Rhinitis entwickele sich zusätzlich zu den Nasensymptomen auch ein allergisches Asthma.
Der richtige Zeitpunkt, um eine SIT zu beginnen, ist nach der Pollensaison. Bei Gräserallergikern starte man im Herbst, bei Frühblühern entsprechend früher, so der Experte. Der Start einer Therapie bei Hausstaub-Allergie sei ganzjährig möglich. Bis die ersten Effekte der kausalen Therapie einsetzten, sei es nötig, die Patienten weiterhin adäquat symptomatisch zu behandeln. Mittel der Wahl hierzu seien Antihistaminika und nasales Cortison. Letzteres habe den Vorteil, dass es auf alle Symptome der allergischen Rhinitis wirke, inklusive der nasalen Obstruktion. Das Cortisonspray müsse aber langfristig angewendet werden, die volle Wirksamkeit entfalte es erst nach zwei bis drei Tagen. Studien hätten gezeigt, dass die Präparate nicht immer korrekt angewendet würden. Statt sie längerfristig einzusetzen, wendeten Patienten sie an einzelnen Tagen bei Beschwerden an – »und dann in zu hoher Dosierung«, berichtete Becker.
Sorgen müssten sich Allergiker wegen der Cortison-Anwendung während der Coronavirus-Pandemie nicht machen, denn das Spray erhöhe die Infektanfälligkeit nicht. Vielmehr stabilisiere Cortison die Membranen der Epithelzellen, könne Entzündungen in der Nase reduzieren und somit die Infektanfälligkeit eher senken. »Die Sprays sollten eher einen protektiven Effekt haben«, so Becker.