Ärzte schließen Praxen wegen geplanter Bonus-Streichung |
Cornelia Dölger |
07.09.2022 17:30 Uhr |
Die GKV hingegen kann sich mit der Idee, die Regelung für Niedergelassene wieder zu kippen, gut arrangieren und äußert in einem Statement ihr Unverständnis über den Protest. »Angesichts der Tatsache, dass niedergelassene Ärztinnen und Ärzte laut des Statistischen Bundesamtes im bundesweiten Durchschnitt mit ihren Arztpraxen einen Reinertrag von 215.000 Euro pro Jahr erwirtschaften und somit über eine solide wirtschaftliche Basis verfügen, sollte es unseres Erachtens durchaus möglich sein, dieses Vorhaben sachlich zu diskutieren«, schreibt der GKV-Spitzenverband.
Die Anzahl der Neupatienten stagniere, von einer schnelleren Terminvermittlung, die das TSVG eigentlich bringen sollte, sei nichts bekannt, so der Spitzenverband. Der Ärzte-Bonus sei von der Politik eingeführt worden, »damit die Leistungen für die Patientinnen und Patienten in diesem Bereich besser werden«. Dies habe aber nicht stattgefunden. Insofern sei es richtig, den Bonus wieder zu streichen. »Dabei sollte nicht vergessen werden, dass dieser Bonus für die Ärzteschaft aus den Portemonnaies der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen finanziert wird.« Die Versorgung von Neupatienten sei selbstverständlicher Alltag in den Arztpraxen. »Und ebenso selbstverständlich wurden und werden die Ärztinnen und Ärzte für die Behandlung ihrer (Neu-) Patientinnen und Patienten bezahlt«, betont der Verband.
Mit dem heutigen Protest mittels geschlossener Praxen setzt die Ärzteschaft ihre Politik des handfesten Widerstands fort. Bereits im Juli hatte die KBV ihre Kritik an der neuen Testverordnung, die zahlreiche Ausnahmen bei Anspruchsberechtigten vorsah, dadurch untermauert, dass sie einen Abrechnungsboykott bei den Bürgertestungen androhte. Auch beim E-Rezept setzte sie teils auf Boykott und Blockade.
Ob der anhaltende Protest etwas bewirkt, ist unklar. Der Kabinettsentwurf erreicht den Bundesrat in der kommenden Woche aber zweifellos mit einigem Gepäck, denn bereits im Vorfeld hat sich der Gesundheitsausschuss der Länderkammer damit beschäftigt und entsprechende Kritik geäußert (die PZ hat darüber berichtet). Im Fokus der Experten steht dabei geplante erhöhte Kassenabschlag, den Apotheken für zwei Jahre zahlen sollen. Demnach empfehlen die Experten dem Plenum, die Erhöhung des Kassenabschlags abzulehnen, denn diese »läuft den sonstigen Bestrebungen der Bundesregierung zur Stärkung der Apotheken vor Ort diametral entgegen«, heißt es in einer Stellungnahme des Ausschusses, die der PZ vorliegt. Aktuell wenden sich zudem 265 Apothekerinnen und Apotheker aus Brandenburg in einem Offenen Brief an den Gesundheitsminister mit dem Appell, von der geplanten Erhöhung des Kassenabschlags abzusehen.
Ob das Bundesratsplenum der Expertenempfehlung folgt, wird sich bei der Sitzung am 16. September zeigen.