Ärzte können bei Impfstoffen bald selbst entscheiden |
Der Bund will die Priorisierung für die Impfstoffe im Juni kippen, Bayern und Baden-Württemberg wollen für die Hausarztpraxen schon am kommenden Montag die Impfreihenfolge für alle Impfstoffe aussetzen. / Foto: picture alliance / SZ Photo
Bayerns Hausärzte sollen schon ab dem kommenden Montag alle Vakzine unabhängig von der Impfreihenfolge verimpfen dürfen. Diese Ankündigung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) machte heute Mittag die Runde. Auch Baden-Württemberg will den Weg schneller gehen der Rest der Republik. Ab Montag wird auch dort die Impfreihenfolge in den Hausarztpraxen kippen, wie das von den Grünen geführte Sozialministerium heute wissen ließ.
Damit würden die beiden Länder deutlich früher als vom Bund vorgesehen mit den Priorisierungsvorgaben in Hausarztpraxen Schluss machen. Bis dato sind deutschlandweit lediglich die Impfstoffe von Astra-Zeneca und Johnson & Johnson von der Priorisierung befreit. Für die anderen Impfstoffe hatte dies der Bund für Juni in Aussicht gestellt – Bayern hatte aber bereits angekündigt, hier schneller agieren zu wollen.
Aus Baden-Württemberg hieß es heute, die Priorisierung in den Arztpraxen werde ab 17. Mai »für alle Impfstoffe aufgehoben«. Ab diesem Zeitpunkt könnten die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mit allen Impfstoffen ohne staatlich vorgegebene Priorisierung impfen, teilte das Sozialministerium mit. Schließlich, so heißt es in der Mitteilung weiter, kennen die Ärzte »ihre Patientinnen und Patienten am besten – und können entscheiden, wer die Impfung zuerst braucht«.
Ohne die strikte Vorgabe werde den Arztpraxen »mehr Flexibilität bei der Organisation der Impfungen und der Terminvergabe« ermöglicht, schreibt das Ministerium weiter. Die Aufhebung der Priorisierung in den Praxen erfolge in Absprache mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg – Ärztevertreter hätten sich schon lange dafür eingesetzt. In den Impfzentren bleibt die Priorisierung nach Ministeriumsangaben allerdings erhalten. Unter anderem solle damit sichergestellt werden, dass dort tatsächlich Menschen mit hohem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf oder mit hohem Ansteckungsrisiko zuerst geimpft werden.
Bereits jetzt ist das Interesse an Terminen für die von vielen ersehnte Spritze groß, bundesweit wie auch in den einzelnen Ländern. »Die Leute sind pandemiemüde, sie wollen diesen nächsten Schritt«, ließ der baden-württembergische Hausärzteverband heute wissen. Allerdings stehe nach wie vor bei den meisten Ärzten nicht genug Impfstoff zur Verfügung. Komme ausreichend Impfstoff in die Praxen, erwarte er »einen großen Schritt in Sachen Impfung«, sagte Verbandschef Berthold Dietsche der dpa.
Das Problem werde letztlich nicht die Frage sein, ob Astra-Zeneca oder Biontech in die Spritzen aufgezogen werde, ergänzte Verbandssprecher Manfred King. »Es muss erstmal genug Impfstoff da sein. Aber in der Regel haben die Hausärzte bislang nicht das bekommen, was sie erwartet haben.« Baden-Württembergs Landessozialminister Manne Lucha (Grüne) hatte den Bund wiederholt aufgefordert, mehr Impfdosen zur Verfügung zu stellen. Der Hausärzteverband hatte sich dem angeschlossen. Er vertritt nach eigenen Angaben rund 4100 Mediziner.
Erst vor wenigen Tagen hatte auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung die Patienten weiter um Geduld gebeten. »Die Aufhebung der Impfpriorisierung führt nicht dazu, dass jetzt auch alle schnell geimpft werden. Dadurch stehen nicht mehr Impfstoff und auch nicht mehr Termine zur Verfügung«, hatte ein Sprecher gesagt. Nichtsdestotrotz wird schon länger von verschiedenen Akteuren an der Impfreihenfolge gerüttelt. Rufe nach einer Aufhebung kamen schon im April aus verschiedenen politischen Lagern. Etwa hatte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) beim Sächsischen Apothekertag Mitte April auf diesen Schritt gedrungen. Sein Bundesland machte kurz darauf den Anfang und ließ die Vakzine von Astra-Zeneca (Vaxzevria®) unter bestimmten Bedingungen für alle Altersgruppen zu. Mecklenburg-Vorpommern und Bayern folgten.