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Koch und Pettenkofer

Zwist um Cholera-Cocktail

Robert Koch gilt als Ikone der Medizingeschichte. Doch ist nicht immer alles Gold, was glänzt. Seine Kritiker meinen, der Nobelpreisträger wird überschätzt. Nicht nur seine Erfolge, sondern auch sein Verhalten waren demnach nicht immer tadellos.
Heiner Barz
02.04.2025  07:00 Uhr

Am 29. April 1884 machte Robert Koch (1843-1910) auf der Rückreise seiner Cholera-Expedition nach Ägypten und Indien auch in München bei Max von Pettenkofer (1818-1901) halt. Letzterer galt damals als weltweit führender Cholera-Experte und war zudem erster Inhaber eines Lehrstuhls für Hygiene.

Einen Monat später wurde Kochs Entdeckung des Cholera-Erregers als nationaler Sieg über Frankreich überhöht und er erhielt in Berlin den kaiserlichen Orden samt einer 100.000-Mark-Prämie. Pettenkofer, der sich bei Koch freundlich erkundigte, inwieweit Koch aus Pettenkofers früheren Cholera-Forschungen hätte Nutzen ziehen können, erhielt eine forsche Antwort. Koch betonte, dass er sich nicht mit Theorien, sondern ausschließlich mit Tatsachen befasse. Und zum Studium von Pettenkofers Publikationen hätte ihm schlichtweg die Zeit gefehlt.

Seither galt das Verhältnis der beiden als zerrüttet, wobei Pettenkofer die Entdeckungen Kochs durchaus zu schätzen wusste, sich nur dagegen wehrte, als »Gegner der bakteriologischen Forschung« betrachtet zu werden. »Ich denke im Gegentheil sehr hoch davon […]; ich wende mich nur gegen die voreiligen Schlussfolgerungen, welche viele Bakteriologen aus ihren bisherigen Untersuchungen ziehen«, betonte er seinerzeit.

Damit spielte Pettenkofer auf die Haltung der Kochianer an, eine ultimative Seuchenbekämpfungsstrategie zu propagierten, die Grenzschließungen, Quarantäne und Ausgangssperren beinhaltete. Im Gegensatz dazu sprach sich Pettenkofer entschieden gegen die Einschränkung des öffentlichen Lebens aus: »Der freie Verkehr ist ein so großes Gut, dass wir es nicht entbehren könnten, selbst um den Preis nicht, dass wir von Cholera und noch vielen anderen Krankheiten verschont blieben.«

Verbote allein sind keine Lösung

Pettenkofer war überzeugt davon, dass für eine Infektionskrankheit drei Faktoren ausschlaggebend seien. Und zwar das spezifische Bakterium, die Disposition des individuellen Menschen sowie die lokalen Bedingungen wie Bodenbeschaffenheit oder bauliche Bedingungen. Diese Auffassung ließ ihn jene Maßnahmen ablehnen, die allein auf Kontrolle oder Verbote des Verkehrs von Waren und Menschen abzielten.

Obwohl sein lokalistischer Ansatz («Miasma«-Theorie) inzwischen nicht mehr zum Tragen kommt, wird seine umfassende Perspektive bis heute gewürdigt. Etwa vom Pettenkofer-Biografen Wolfgang Locher, der 2018 schrieb: »Auch wenn Pettenkofer mit seiner Choleratheorie falsch lag, so hat er zur Seuchenbekämpfung doch das Richtige vorgeschlagen. Sein Plädoyer für einen sauberen Boden und eine saubere Umwelt führte in zahlreichen Städten zum Ausbau einer modernen wasserwirtschaftlichen Infrastruktur. […] Städte wie München, Lübeck, Halle und Danzig waren unter den ersten, die seinem Ruf nach sauberen Städten folgten und sanitäre Reformen einläuteten.«

Zum Hintergrund: Pettenkofer führte vielerlei Experimente mit Kleidung, Heizung, Lüftung, Kanalisation durch und leitetet daraus Ergebnisse für die soziale Hygiene und Gesundheitstechnik ab, die schließlich auch bei der Sanierung der Stadt München zum Einsatz kamen. München verdankt ihm also die zentrale Trinkwasserversorgung und die Kanalisation und galt Ende des 19. Jahrhunderts als eine der saubersten Städte Europas.

Pettenkofer war der kontagionistische Ansatz der Kochianer nach wie vor ein Dorn im Auge. Er wollte die Irrlehre, die sie in seinen Augen war, entlarven. Dafür inszenierte er dramaturgisch einen Beweis – immerhin hatte er sich vor seiner akademischen Karriere schon als Dichter, Sänger und Schauspieler versucht. Und so machte er einen Selbstversuch und trank vor Zeugen ein ganzes Glas mit eigens aus Berlin in Robert Kochs Institut bestellten Cholera-Bakterien. Wie er bereits vorausgesagt hatte, erkrankte er nicht ernstlich, sondern hatte nur ein paar Tage »starkes Kollern« im Gedärm. Über die Tage nach der Einnahme der Cholera-Bakterien hatte er akribisch Buch geführt:

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