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Gerüchte um Verkauf der Noweda-Anteile

01.12.2003  00:00 Uhr
Anzag

Gerüchte um Verkauf der Noweda-Anteile

von Thomas Bellartz, Berlin

Die Gerüchteküche rund um den drittgrößten deutschen Pharmagroßhändler, Anzag, brodelt weiter. So soll die Essener Noweda angeblich derzeit über einen Verkauf ihrer Anzag-Anteile an den britischen Großhändler Alliance UniChem (AU) verhandeln. Bei der Genossenschaft gibt man sich zugeknöpft: „Da ist nichts dran.“

Alexander von Chiari, Marketing-Chef der Noweda, dementierte am Dienstag gegenüber der PZ die seit einigen Tagen verstärkt kursierenden Gerüchte. Vorstandschef Dr. Dietrich L. Meier und auch Finanzvorstand Joachim Wörtz standen für Auskünfte nicht zur Verfügung.

Die der PZ vorliegenden Informationen hatte Stefano Pessina, Vorstandschef der Alliance UniChem, ausdrücklich nicht bestätigt, aber am vergangenen Freitag genauso wenig dementiert. Der Manager konnte im Interview nicht anders – denn über sich anbahnende Deals müsste der Konzernboss zuvorderst mit einer Meldung die Finanzwelt informieren.

Aus zuverlässiger Quelle erfuhr die PZ, dass AU mit der Noweda über deren Anteil an der Anzag in Höhe von 24,99 Prozent verhandele. AU hält zurzeit 10,01 Prozent der Aktien.

Für den britischen Groß- und Einzelhandelskonzern ist Deutschland nach eigenen Angaben ein so genannter „dead spot“, also ein weißer Fleck. Jeff Harris, Aufsichtsratsmitglied der AU bei Anzag, wird nicht müde, die Interessen des Konzerns an einem Markteinstieg in Deutschland darzulegen. Auch Pessina bekräftigt das in seinem Interview, auch wenn er immer wieder die Geduld des Managements betont. Das Interesse ist verständlich: Deutschland ist der größte Pharmamarkt in Europa, der drittgrößte weltweit.

Und AU ist nach Celesio die Nummer zwei in Europa. Schwer vorstellbar, dass das aus einer britisch-französischen Fusion hervorgegangene Unternehmen auf einen Markteinstieg verzichten wird. Ein Verkauf der Noweda-Anteile an die Briten wird von manchem Branchenbeobachter durchaus erwartet. Nachdem Vorstandschef Meier bei der jüngsten Generalversammlung seinen Unmut über die jüngsten Entwicklungen bei der Anzag nur schwer verbergen konnte, dürfte die Noweda-Führung, die sich ungern zu derlei Themen öffentlich einlässt, mit dem Gedanken spielen, aus dem zwar lukrativen, aber ansonsten Kapital bindenden Engagement beim Konkurrenten in Frankfurt am Main auszusteigen.

In jedem Fall würde der Noweda reichlich Kapital in die Kasse schwappen. Und das benötigt sie, um die geplante erhebliche Expansion vom regionalen zum nationalen Player finanzieren zu können. Schließlich sind immerhin mehr als zwei Drittel des Eigenkapitals Mitgliedereinlagen – diese Größe ist schwankend und durchaus konjunkturabhängig. Darauf wird sich das Noweda-Management nicht verlassen wollen.

AU wäre sicherlich bereit, der Noweda für deren Anteil eine erkleckliche Summe auszuzahlen. Die Briten hielten dann rund 35 Prozent der Anzag-Aktien und müssten den anderen Anteilseignern Übernahmeangebote machen. Auch mit den Anteilen, die sich in Streubesitz befinden oder mit denen der OPG käme die AU allerdings wohl kaum auf die Mehrheit. Schließlich halten Sanacorp (24,99 Prozent) und Celesio sowie Phoenix mit jeweils knapp einem Achtel der Anteile eine entscheidende Größe in Händen.

Wegweisend dürfte die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Kartellverfahren der Sanacorp um die Mehrheit bei der Anzag sein. Sollte der BGH positiv entscheiden, dann kann der Großhändler die Call-Option nutzen und die Anteile, derzeit in Händen von Celesio und Phoenix, übernehmen. Das setzt allerdings die Finanzierbarkeit des kompletten Deals voraus. Denn mit der Übernahme der früheren DZ-Bank-Anteile von den beiden Marktpartnern müsste die Sanacorp auch für den Rest ein Übernahmeangebot machen. Und das wird angesichts der Finanzsituation der Sanacorp nicht einfach.

Spätestens mit der Neubesetzung des Aufsichtsrats der Anzag ohne Einbeziehung der Noweda ist die Atmosphäre zwischen den beiden Genossenschaften zumindest beim Thema Anzag vergiftet. Die Noweda wird abwägen zwischen ihrem Interesse, als nationaler Großhändler im Markt zu agieren und damit für die Internationalisierung des Marktes gerüstet zu sein, oder einer weiterhin rein investiven wie strategischen Option in der Anzag.

Die Strategie, mit einer Anzag-Beteiligung den Markteinstieg eines ausländischen Großhändlers zu verhindern, einigt die deutschen Großhändler, die sich an der Anzag beteiligen. Die Noweda hat das immer wieder betont und auch dazu gestanden. Obwohl die Aktionen der Sanacorp kaum auf Gegenliebe stoßen konnten.

Allerdings schließt die Anzag-Lösung beileibe nicht aus, dass die AU auf einem anderen Weg in den Markt einsteigt. Denn die Alternative wäre der schrittweise Zukauf von regional ausgerichteten Großhändlern im Norden, der Mitte und im Süden. Dann wäre neben den national aufgestellten Unternehmen Phoenix, Celesio, Anzag, Sanacorp und Noweda noch ein sechster Player im Markt – ein ganz und gar enges Geschäft, das nur die Kapitalkräftigsten überleben würden.

Sollte der Deal zwischen Noweda und AU tatsächlich umgesetzt werden, wäre dies eine grundsätzliche und erhebliche Schwächung des genossenschaftlich strukturierten Großhandels. Noweda könnte den Markt mit der neu gewonnenen Kapitalstärke aufrollen und insbesondere im Süden der Republik zulegen. Dort haben auch Sanacorp und die Anzag ihre Schwerpunkte. Für Sanacorp, das in den vergangenen Monate erhebliche Marktanteile eingebüßt haben soll, wird die Luft damit dünner. Den Süddeutschen wird im Zusammenhang mit der Anzag halböffentlich zur Last gelegt, eine mögliche weitergehende Zusammenarbeit mit der Noweda blockiert zu haben. Für diese These spricht der faktische Rauswurf der Noweda-Aufsichtsräte.

Teurer Deal

Gegen den Deal spricht allerdings, dass AU viel Geld in die Hand nehmen müsste, um in den deutschen Markt einzusteigen. Zudem ist ein Verkauf der Anteile der übrigen Anzag-Beteiligten ungewiss. Obwohl ein Angebot auch für die Sanacorp zur rechten Zeit kommen könnte. Denn sie müsste einer weiter erstarkenden Noweda die Stirn bieten können.

Analysten, die AU unter „kaufen“ führen, dürften eine Investition der Briten in Deutschland kritisch sehen. Der Konzern gilt als investitionsfreudig, aber gleichzeitig sehr profitabel. Die Gesundheitspolitik hier zu Lande gilt als unsicher, ein Einstieg rechnet sich für den Konzern erst in Jahren. Vorstellbar wäre, dass die Aktionäre einem solchen Schritt nicht positiv gegenüberstehen würden. Dem Kurs und damit dem Unternehmenswert würde dies mittelfristig nicht wirklich gut tun.

Dass an den Gerüchten mehr als nur ein Funke Wahrheit ist, dürften die intensiven Verhandlungen des anderen Genossenschaftlers Sanacorp mit AU belegen. Dabei ging es um die Anteile der DZ-Bank und die damit verbundene Call-Option der Sanacorp. Kurz vor Abschluss des Deals entschied man sich in Planegg für eine andere Variante – mit Celesio und Phoenix. Im Gespräch war auch eine neue Art der Kooperation zwischen Sanacorp und Noweda gewesen. Doch eine Einigung war nicht möglich.

Allein dies zeigt, dass Verhandlungen zwischen einem Konzern wie AU und einer Genossenschaft nicht ungewöhnlich sind. Auch wenn die Reaktion auf einen tatsächlichen Deal zwischen Noweda und AU heftig wären.

Von einem Verkauf ihrer Anteile würde – ob der Deal für Dritte seriös klingt oder nicht – in jedem Fall die Noweda profitieren, die an einer Expansion massiv interessiert ist. Das Verhalten der Sanacorp wird sie sich nicht mehr lange bieten lassen.

Gut für die Apotheken

Vorteilhaft könnte der Handel aber auch für den Wettbewerb zwischen den Großhandlungen werden. Denn die angeblich nach dem 1. Januar 2004 unmögliche Gewährung von Einkaufsvorteilen für Apotheken käme durch den Wettbewerb um Marktanteile erneut in Schwung. Davon profitieren dann in erster Linie die Apotheken. Top

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