Woher er kommt und wie wir ihn überwinden |
Regelmäßige, ausgewogene Mahlzeiten signalisieren dem Körper: Da kommt regelmäßig was. Das beugt Heißhungerattacken vor. / Foto: Getty Images/Westend61/Kniel Synnatzschke
Heißhunger ist kein medizinischer Begriff, sondern ein umgangssprachlicher. Aber jeder weiß, was gemeint ist: eine Gier nach Essen, die sich nur schwer unterdrücken lässt, oft nach etwas ganz Bestimmtem. Der Körper signalisiert: Ich brauche eine Handvoll Gummibärchen, jetzt! Oder gegrilltes Hähnchen! Oder die sprichwörtlichen sauren Gurken!
«Es ist ein Mechanismus des Organismus, der sich über Millionen Jahre bewährt hat», erklärt Professor Dr. Johannes Wechsler, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM). Eine Hungerattacke gab unseren Vorfahren den überlebensnotwendigen Hinweis, Nahrung aufzunehmen. Doch: In unserer heutigen Gesellschaft herrscht eigentlich kein Mangel an Essen. Manche haben sogar eher zu viel auf den Hüften. Wie also umgehen mit solchen Attacken?
Heißhunger gibt es auf Süßes, Fettiges oder Salziges, sagt Lars Selig, Leiter des Ernährungsteams an der Uniklinik Leipzig. «Er wird aber meist mit etwas Süßem verbunden.» Johannes Wechsler bestätigt: «Die klassischen Heißhungerattacken entstehen, wenn der Blutzucker zu niedrig ist. Der Körper meldet dem Hirn: Das System ist im Defizit.»
Der Magen knurrt und tut weh, wenn er leer ist und zu viel Säure hat. Aber, und das ist der Knackpunkt: Heißhunger kann auch ein angewöhntes Gefühl sein. In bestimmten Situationen oder zu ähnlichen Uhrzeiten meldet er sich. Zum Beispiel die Lust auf Chips, wenn wir abends auf der Couch sitzen. Oder der Schokoladenhunger, wenn wir am Computer arbeiten.
«Wer öfter Heißhungerattacken hat, sollte in sich hineinhorchen», rät Lars Selig. «Ist es Appetit, der vielleicht mit einer Situation oder Tageszeit verbunden ist, oder ein richtiges Hungergefühl?» Es hilft, sich die eigenen Muster anzusehen und dabei ein paar Notizen zu machen. Zum Beispiel mithilfe folgender Fragen:
Sind auf der Arbeit etwa schon ein paar Stunden seit dem Frühstück vergangen, kann der Körper durchaus einen echten Mangel signalisieren.
Was man im Hinterkopf behalten sollte: Auch Krankheiten können Hungerattacken auslösen, Diabetes oder eine Schilddrüsenüberfunktion etwa. Wer während des Hungergefühls weitere Symptome wie Schwitzen oder Zittern erlebt, sollte die Ursache daher bei einem Arzt oder bei einer Ärztin abklären lassen.
«Evolutionsbiologisch betrachtet ist es bei einer Schwangeren besonders wichtig, dass sie nicht in einen Mangelzustand kommt», sagt Johannes Wechsler. Der schwangere Körper müsse für das ungeborene Baby mitdenken und melde sich möglicherweise verstärkt. Ob dann der Appetit auf Schokolade oder saure Gurken – oder beides in Kombination – größer ist, hängt aber mit den eigenen Vorlieben zusammen.