»Wir brauchen Planungssicherheit für die Apotheke« |
Brigitte M. Gensthaler |
17.11.2022 09:00 Uhr |
Politische Arbeit auf allen Ebenen hält der bayerische Kammerpräsident Thomas Benkert für nötig, um die Belastungen für die Apotheker erträglich zu machen. / Foto: BLAK/Schulz
In der gestrigen Delegiertenversammlung der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK) in München berichtete Benkert über hohe Belastungen und eine große Unzufriedenheit im Berufsstand.
Die Anhebung des Krankenkassenabschlags für 2023/24 belaste die Apotheken mit 120 Millionen Euro pro Jahr. »Das tut vielen Kollegen sehr weh und konterkariert die Versprechen der Politik, sich für die Apotheken einzusetzen.« Denn die Apothekeninhaber kämpften extrem mit Kostensteigerungen bei Heizung, Strom und Personal sowie der hohen Inflation, könnten dies aber nicht kompensieren.
Im gleichen Atemzug mit dem Spargesetz sollen Gesundheitskioske in Brennpunkten für 750 Millionen Euro/Jahr aufgebaut werden. Für Benkert sind das Parallelstrukturen zu den öffentlichen Apotheken.
»Wir brauchen definitiv vernünftige Rahmenbedingungen und Planungssicherheit für die Apotheke, ein planbares Einkommen und die Dynamisierung unserer Vergütung«, forderte der Kammerpräsident. Ebenso dringlich seien klare Vorgaben zum Impfen und der Ausbau der pharmazeutischen Dienstleistungen. Er plädierte für eine Verstetigung der Coronaregelungen, die dem Berufsstand mehr »Beinfreiheit« gäben, auch um mit Lieferengpässen besser umgehen zu können.
Angesichts der vielen Belastungen seien die Berufsorganisationen auf politischer Bundes- und Landesebene sehr aktiv und unterstützten die Kollegen vor Ort nach Kräften, versicherte Benkert. »Aber jeder muss selber aktiv werden.«
In der Diskussion warnte der BAV-Vorsitzende Dr. Hans-Peter Hubmann davor, sich in einen Negativstrudel hineinziehen zu lassen. »Jammern und Protestieren sind keine Lösung; wir arbeiten in der Berufspolitik intensiv an sinnvollen konstruktiven Vorschlägen für die weitere Finanzierung der Apotheken.« Man denke jetzt schon an die nächsten Reformpläne.
Als weitere Baustelle nannte Benkert die »sehr schleppende« Einführung des E-Rezepts. Datenschützer hätten dessen Übertragung über die elektronische Gesundheitskarte (EGK) ohne Geheimzahl untersagt, doch aus Apothekersicht wäre dies der einfachste Weg für die Patienten und eine ideale Lösung für die Apotheke. Die ABDA werde die Einführung des E-Rezepts medial mit einer großen Kampagne unterstützen, kündigte Benkert an.
Hubmann warnte dringend davor, sich dem E-Rezept zu verweigern, denn darauf würden andere Anbieter nur warten. »Der Weg über die EGK wäre perfekt, denn damit kommt der Patient oder seine Vertrauensperson in die öffentliche Apotheke.« Zur Klarstellung: Die EGK enthält nicht das E-Rezept an sich, sondern nur die Legitimation, mit der die Apotheke das E-Rezept vom Server abrufen kann. »Diesen Weg wollen wir etablieren.«
In der verzögerten Einführung des E-Rezepts sieht Kammervorstandsmitglied Cynthia Milz auch Vorteile. Die Apotheken könnten das Handling mit dem E-Rezept langsam etablieren. Dies gelte auch für die pharmazeutischen Dienstleistungen: mit wenigen Patienten und weniger komplexen Leistungen anfangen und daraus lernen. »Die Apotheker sind resilient – sie dürfen nicht aufgeben!«
Ein hoch drängendes Thema für Apotheker ist der Notdienst. Die Notdienstregelung sei angesichts von Apothekenschließungen immer schwieriger umzusetzen, berichtete die stellvertretende Geschäftsführerin Kathrin Koller. Die Kammer wolle daher eine Umstrukturierung in die Wege leiten und sei im Gespräch mit dem bayerischen Gesundheitsministerium.
Der Vorschlag der BLAK zielt darauf ab, dass in städtischen Gebieten weiterhin 15 km als Entfernungsparameter gelten sollen, in Grenzgebieten jedoch künftig 20 km und in stark ländlichen Regionen 30 km.
»Wir brauchen dringend die 30-km-Regelung«, hieß es in der Diskussion. Denn zu häufige Notdienste machten die Arbeit in der öffentlichen Apotheke auf dem Land höchst unattraktiv für Mitarbeiter und pharmazeutsichen Nachwuchs. Aber auch in Städten belaste der Notdienst wegen der starken Inanspruchnahme sehr.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.