Wie viel Protein braucht der Mensch? |
Ambitionierte Sportler hören oft, dass mehr Protein auch mehr Leistung bedeutet. Menschen, die abnehmen wollen, hoffen mit eiweißreicher Ernährung schneller Gewicht zu verlieren. Dem Trend entsprechend finden sich im Supermarkt immer mehr mit Protein angereicherte Produkte. Sind sie der Weg zum gesunden, sportlichen und schlanken Körper?
So einfach ist es nicht, wie Professor Dr. Caroline Stokes, Leiterin der Forschungsgruppe »Nährstoffe und Gesundheit«, Abteilung Molekulare Toxikologie vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) und der Lebenswissenschaftlichen Fakultät der Berliner Humboldt Universität, erklärt: »Es gibt keine schlüssigen Beweise dafür, dass eine Proteinaufnahme, die über die empfohlenen Mengen hinausgeht, gesunden Menschen gesundheitliche Vorteile verschafft.« Eine Gruppe, die von einer höheren Zufuhr profitieren könnte, seien ältere Menschen, die damit ihre Knochen- und Muskelgesundheit schützen könnten.
Eiweißhaltig bedeutet allerdings nicht automatisch gesund, wie Stokes betont: »Einige Produkte, die als proteinreicher oder als gute Proteinquelle vermarktet werden, enthalten auch viel gesättigtes Fett, Salz oder Zucker. Daher muss das Gesamtprodukt berücksichtigt werden, nicht nur der Proteingehalt.«
Auch dass man mit viel Protein leichter abnehmen könnte, ist umstritten. Ein Grund soll der sogenannte Thermic Effect of Food (TEF) sein. Er gibt die Energie an, die in der postprandialen Phase beim Absorbieren, Metabolisieren und Speichern aufgenommener Nährstoffe verbraucht wird.
Ermittelte TEF betragen laut einer älteren Publikation im Fachjournal »Reproduction Nutrition Development« 0 bis 3 Prozent für Fett, 5 bis 10 Prozent für Kohlenhydrate und 20 bis 30 Prozent für Proteine (DOI: 10.1051/rnd:19960405). In der Praxis ist dieser Einfluss aber kaum relevant. Entscheidend für eine Gewichtsabnahme ist immer noch die Kalorienbilanz.
Eine proteinreiche Ernährung kann zwar hilfreich sein, wenn sich Menschen dadurch schneller satt fühlen. Stokes stellt jedoch klar: »Ein Wundermittel ist es nicht und die Studienlage ist unklar.« Oft seien die Erfolge auch nur kurzfristig und ein Teil des erzielten Gewichtsverlusts sei Wassergewicht. Restriktive eiweißreiche Diäten könnten auch zu Nährstoffmängeln führen.