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ABDA-Präsidentschaft

Wie Overwiening die Apotheken zukunftsfähig machen will

Am 9. Dezember wird der neue ABDA-Präsident gewählt – oder sehr wahrscheinlich die neue Präsidentin. Denn seit dem gestrigen Donnerstag steht endgültig fest: Westfalen-Lippes Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening ist die einzige Kandidatin für den Spitzenposten. Die PZ sprach mit ihr über ihre Ziele für die Apotheker.
Daniela Hüttemann
13.11.2020  16:30 Uhr

Am Donnerstag hat die ABDA den Wahlaufsatz für die ABDA-Vorstandswahlen am 9. Dezember an ihre Mitglieder verschickt. Dann wählt die ABDA-Mitgliederversammlung, bestehend aus Vertretern aller 34 Apothekerkammern und -verbände, einen neuen Vorstand und somit auch eine/n neue/n Präsident/-in, denn der amtierende ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hat sich nicht erneut zur Wahl gestellt.

Als Nachfolgerin hatte sich Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL), bereits im März ins Spiel gebracht. Ihre Agenda hat sie am vergangenen Mittwoch bei einer virtuellen Informationsveranstaltung ihrer eigenen Kammer vorgestellt. Seit gestern steht nun fest, dass sie allein ins Rennen geht, denn die Bewerbungsfrist für weitere Kandidaten ist abgelaufen. Damit gilt ihre Wahl als wahrscheinlich. Als Vizepräsident kandidiert erneut der amtierende ABDA-Vize, Mathias Arnold, Apothekeninhaber aus Halle an der Saale und Vorsitzender des Landesapothekerverbands Sachsen-Anhalt.

Auf die Frage der Pharmazeutischen Zeitung nach ihren wichtigsten Zielen als künftige ABDA-Präsidentin nannte Overwiening als erstes, der Bagatellisierung des Arzneimittels konsequent entgegenwirken zu wollen – und das nicht nur gegenüber der Öffentlichkeit und Politik, sondern auch im eigenen Berufsstand. »Arzneimittel sind keine Bonbons – wir als Apotheker sorgen dafür, dass sie in erster Linie starke Helfer sind und nicht schaden«, so die Inhaberin von drei Apotheken im Kreis Borken im westlichen Münsterland. »Das müssen wir immer und überall kommunizieren.«

Sie warnte davor, Medikamente wie eine ordinäre Ware zu behandeln und sprach sich gegen eine Verramschung  à la »Happy Hour für Schmerzmittel« aus, um während Randzeiten die Offizin zu beleben. »Es darf nicht um den Preis gehen, sondern es muss um die Qualität und die richtige Anwendung am richtigen Patienten zur richtigen Zeit in der richtigen Dosierung – damit das passiert, dafür sind wir da«, so ihr Selbstverständnis. Sie wünscht sich, dass alle Apotheker dafür einstehen und entsprechendes Selbstbewusstsein zeigen.

Packungshonorar plus Dienstleistungen

Für sie ist das Ansehen des Apothekers in der Gesellschaft eng mit der Wahrnehmung des Arzneimittels verknüpft. Ein weiteres wichtiges Ziel der Präsidentschaftskandidatin ist daher auch eine angemessene Würdigung der Leistung der Apotheken – auch in Betracht der wirtschaftlichen Honorierung. »Wir müssen die Apotheke vor Ort stabilisieren«, so Overwiening. Die Basishonorierung müsse dafür dynamisiert und durch weitere Honorar-Bausteine ergänzt werden.

»Wir brauchen mehr Elemente, die wir zielgerichtet weiterentwickeln können, die auch honoriert werden«, fordert die Apothekerin. In erster Linie, aber nicht nur, seien dies die pharmazeutischen Dienstleistungen. Alle Apotheken sollten hier befähigt werden, eigene Leistungen zu entwickeln und anzubieten. »Wir müssen überlegen, was die Gesellschaft von morgen von uns Apotheken haben will – das ist das, was die Apotheken vor Ort stärkt und stabilisiert«, so Overwiening.

Honorar für das Abraten von Arzneimitteln

Auch hier sollten die Apotheker selbstbewusst auftreten, sich auf ihre Kompetenzen berufen, mehr Verantwortung gerade in der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) einfordern und den Patienten niedrigschwellige Angebote machen. »Wir sind nicht dafür da, den Ärzten einfach nur Daten zur Medikation zu liefern, eine Sicherung der AMTS ist nur mit uns möglich«, stellt die Kammerpräsidentin klar.

»Wenn ich sehe, dass sich etwas an der Arzneimitteltherapie verbessern lässt, sei es ob ein Arzneimittel fehlt oder zu viel ist, auch wenn es auf dem Rezept steht, sollten wir aktiv werden können.« Es sollte dabei zum Beispiel auch ein Honorar für das Abraten geben. »Ich will dafür kämpfen, dass gesehen und honoriert wird, was wir bereits heute täglich leisten.«

Letztlich gehe es immer um das Patientenwohl. Dies sei die Daseinsberechtigung aller Beteiligten im Gesundheitswesen. Die Apotheker hätten sich im Laufe der Jahrzehnte kaum dagegen gewehrt, dass originäre pharmazeutische Arbeiten von anderen übernommen wurden, zum Beispiel Laboranalysen von den Ärzten oder die Herstellung von der Industrie. Umgekehrt sieht sie kein Problem darin, wenn nun Apotheker zum Beispiel mit dem Impfen beginnen. 

Apothekernachwuchs muss Entscheidungen mittragen

Es gehe schließlich auch um eine Zukunftsperspektive für den pharmazeutischen Nachwuchs, dessen Ideen und Stimmen mehr Gewicht bekommen sollen. So plane sie einen engeren Austausch mit dem Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) und will mehr jüngere Apotheker für die Arbeit in den Gremien der Selbstverwaltung motivieren. »Hier sollten alle Generationen vertreten sein, denn wir brauchen den Austausch und frische Ideen, um sie in unsere politischen Strategien einzubauen, denn es sind die jüngeren, die sie mit Leben füllen müssen«, so Overwiening. In der AKWL wie auch einigen anderen Kammern habe man bereits sehr von mehr jüngeren Delegierten profitiert. Das wünscht sich Overwiening auch in anderen Mitgliedsorganisationen bis in die ABDA selbst.

Generell ist ihr ein Austausch zwischen den Kammergebieten sowie zwischen Kammern und Verbänden sehr wichtig. Offenbar kann sich die Präsidentschaftskandidatin auch vorstellen, die Arbeit unter den ABDA-Mitgliedern je nach Expertise aufzuteilen. »Wenn sich eine Mitgliedsorganisation bereits um ein Thema kümmert, sollten die anderen mehr davon profitieren – wir brauchen hier ein stärkeres Wir-Gefühl, denn die ABDA ist letztlich ein Team, dass aus uns allen besteht«, betont Overwiening. Zudem will sie auch die Interessen der Apotheker, die nicht in der öffentlichen Apotheke arbeiten, mehr als bisher berücksichtigen.

Die bereits angestoßene Strukturanalyse der Dachorganisation hält sie für einen guten Anlass, den Austausch untereinander zu intensivieren. »Dabei sollten wir uns weniger auf ein coachendes Unternehmen verlassen, dass uns beäugt und sagt, wie wir zu funktionieren haben«, so Overwiening. Mehr Selbstbewusstsein sei auch hier gefragt.

Thinktank für die ABDA

Last but not least will die Münsterländerin die Digitalisierung höher auf die Agenda setzen. »Hier müssen wir viel proaktiver mitgestalten«, meint Overwiening. »Das macht uns vielleicht Angst, weil wir nicht alles durchblicken, aber davon dürfen wir uns nicht lähmen lassen.« Ihr schweben Workshops und Thinktanks vor, in der Vertreter der Apothekerschaft auch mit externen Experten, zum Beispiels aus Start-ups kreativ werden, denn im berufspolitischen Alltagsgeschäft fehle es oft an Zeit und Raum für die Entwicklung neuer Ideen, Visionen und Strategien. Sie stellt es sich ähnlich wie den »Health Innovation Hub (HIH)« am Bundesministerium für Gesundheit vor. 

»Wie können wir zum Beispiel die Digitalisierung für Apotheker und Patienten besser nutzbar machen?«, fragt sich Overwiening. Ein Beispiel sei die DAV-WebApp, die ergänzt werden könnte um Dienste wie Erinnerungen an die vielleicht nur einmal wöchentliche Methotrexat-Einnahme, bei der der Patient die Applikation an die Apotheke zurückmeldet, sodass nicht nur die Adhärenz gesteigert werden, sondern die Apotheke auch die Reichweite der Packung ermitteln, an ein neues Rezept erinnern und das vertraute Präparat schon vorbestellen kann. 

Die Apotheken sollten hier mehr Fantasie entwickeln, wie die Versorgung der Zukunft aussehen könnte, denn mit Sicherheit werde es in zehn Jahren ganz neue Möglichkeiten geben, wie man am Siegeszug der Smartphones gesehen haben. »Wir wollen der Innovationsmotor sein«, so Overwiening.

Sie hofft nun am 9. Dezember auf eine breite Rückendeckung. »Ich gehe mit großer Begeisterung in die Wahl und will viel Kraft und Freude in das Amt investieren.«

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