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Antibiotika

Wie man Resistenzen begegnen kann

Bakterien bilden Resistenzen; dies ist ein natürlicher Prozess. Der breite Einsatz von Antibiotika erhöht jedoch beträchtlich den Selektionsdruck auf die Mikroorganismen. Diese Strategien helfen.
Brigitte M. Gensthaler
14.02.2025  15:00 Uhr

Alarmierende Zahlen: Weltweit sterben nach Angaben der WHO jährlich 1,3 Millionen Menschen aufgrund nicht mehr wirksamer Antibiotika. In Deutschland sind es laut Robert-Koch-Institut bis zu 9700 Todesfälle pro Jahr. Im Jahr 2050 könnten weltweit jährlich bis zu 2 Millionen Todesfälle direkt und bis zu 8,22 Millionen indirekt auf antimikrobielle Resistenzen (AMR) zurückzuführen sein, prognostizierten Wissenschaftler in einer 2024 im Fachjournal »The Lancet« publizierten Studie. Besonders betroffen seien voraussichtlich Südostasien und Lateinamerika.

»Antimikrobielle Resistenzen sind ein One-health-Problem und eine schleichende Pandemie«, erklärte Professor Dr. Maria Vehreschild, Leiterin des Schwerpunkts Infektiologie am Universitätsklinikum Frankfurt, gestern bei einer Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) und der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie in München.

Die Resistenzbildung sei ein uralter Evolutionsprozess bei Bakterien; neu sei der enorme Selektionsdruck durch Antibiotika. Bei jeder Exposition entstünden resistente Keime, auch in der physiologischen Flora eines Menschen. »Die uns kolonisierenden Bakterien erholen sich in gewissem Maß wieder«, so die Infektiologin. Resistenzmechanismen könnten aber auch sehr beständig sein, vor allem bei gramnegativen Bakterien wie Klebsiellen.

Das AMR-Problem sei in Europa noch nicht so groß wie in Südostasien, aber »wir beobachten die zunehmende Entwicklung von Infektionen mit multiresistenten Bakterien«, warnte Vehreschild. Dies betreffe unterschiedliche Erkrankungen, zum Beispiel Pneumonien, Harnwegsinfektionen und Sepsis. »Multiresistente Erreger wie Carbapenemase-bildende Enterobakterien oder hochgradig resistente Mykobakterien schränken die Therapieoptionen maßgeblich ein.« Ärzte müssten auf Reserveantibiotika zurückgreifen – und manchmal sind auch diese nicht mehr wirksam.

Gezielter und kürzer therapieren

Professor Dr. Mathias Pletz, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena, forderte einen »klugen Einsatz« von Antibiotika, um den Selektionsdruck zu minimieren.

Im niedergelassenen Bereich würden die meisten Antibiotika bei Atemwegsinfekten verordnet, die aber sehr oft viral bedingt sind. Um solche Infektionen zu minimieren, müsse man konsequent impfen, zum Beispiel gegen Influenza. Laut WHO könne man jährlich etwa 2,5 Milliarden Antibiotika-Dosen einsparen, wenn alle öffentlich empfohlenen Impfungen auch umgesetzt würden. 

Ein weiterer Punkt ist die Therapiedauer. »Kürzer ist in der Regel besser, auch um das Mikrobiom des Patienten zu schonen.« Wurden Pneumonien früher zehn Tage antibiotisch behandelt, so sind es heute fünf bis sieben Tage. Bei Kindern und Jugendlichen wird eine ambulant erworbene Pneumonie ohne Komplikationen gemäß der S2k-Leitlinie (AWMF 048/013, Stand 2024) über fünf Tage mit Amoxicillin oder Ampicillin behandelt. Der Infektiologe plädierte für eine individualisierte Therapiedauer – je nach Infektion und Patient. »Sind zum Beispiel Knochen, Herzklappen oder Implantate mit biofilmbildenden Bakterien besiedelt, müssen wir länger behandeln.« Bei an sich gesunden Menschen, zum Beispiel Unfallopfern, reiche meist eine kürzere Antibiose als bei multimorbiden Menschen. Bei Schwerkranken könne die Messung von Biomarkern und deren Dynamik bei der Entscheidung helfen.

Zudem sollten Maßnahmen wie Antibiotic Stewardship (ABS), also die Förderung des rationalen Einsatzes von Antibiotika, auf den ambulanten Sektor ausgeweitet werden. Neben Fortbildungen böten einige Ärztekammern den niedergelassenen Ärzten auch einen Vergleich ihrer Verordnungen mit denen anderer Praxen als Benchmark an. Schnelltests und klinische Scores mit Punkteschema sowie spezialisierte Hotlines könnten ebenfalls beim zielgenaueren Einsatz von Antibiotika helfen.

»Die Pipeline ist eine Kapillare«

Um die Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika wieder attraktiv zu machen, forderte Professor Dr. Rolf Müller, Geschäftsführender Direktor des Helmholtz Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland, mehr Fördergelder. Mit Antibiotika könnten Pharmafirmen kein Geld verdienen, denn neue Wirkstoffe sollten als Reserveantibiotika möglichst restriktiv eingesetzt werden.

Hinsichtlich innovativer Antibiotika ist Müller wenig optimistisch: »Die Pipeline ist eher eine Kapillare.« In klinischer Phase I bis III gebe es einige Wirkstoffe, aber keine, die auf ein neues Target abzielen oder gramnegative Bakterien adressieren. Ähnlich sehe es in der Präklinik aus.

Am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung, dessen Forschungsbereich »Neue Antibiotika« Müller koordiniert, konzentriere man sich auf gramnegative Keime und sogenannte ESKAPE-Bakterien, die im Krankenhaus große Probleme bereiten. Das Akronym steht für die nosokomialen Erreger Enterococcus faecium, Staphylococcs aureus, Klebsiella pneumoniae, Acinetobacter baumannii, Pseudomonas aeruginosa und Enterobacter-Spezies.

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