Wie man Krebs vorbeugen kann |
Sven Siebenand |
20.01.2025 16:22 Uhr |
»Bei vielen Tumorpatienten führt ein systemisches Inflammationssyndrom zur Kachexie mit Anorexie, Katabolie und Fatigue«, informierte Arends. Diese Form der Mangelernährung sei anders als Hunger kein exogenes, sondern ein endogenes Problem und eine erkrankungsassoziierte Mangelernährung. Das Auftreten dieser chronischen Entzündung sei absolut prognoserelevant. Beispielsweise sei sie bei operablen Tumorpatienten in 20 bis 40 Prozent der Fälle zu finden, bei nicht mehr operablen Patienten aber bei bis zu 80 Prozent der Betroffenen.
Leitlinien empfehlen daher, den Ernährungsstatus der Patienten regelmäßig zu prüfen und im Bedarfsfall eine Therapie zu initiieren – von Ernährungsberatung und Kostanreicherung über Trinksupplemente bis hin zu enteraler Sondenernährung und parenteraler Ernährung.
Kann man auch pharmakologisch gegen Kachexie vorgehen? Momentan ist das Spektrum zugelassener Medikamente noch überschaubar. So sind zur palliativen Therapie bei Gewichtsverlust Glucocorticoide zugelassen, die aber in der Regel nach zwei bis drei Wochen an Wirkung verlieren. In Japan ist als Alternative auch das oral verfügbare Anamorelin zur Behandlung der Tumorkachexie bei verschiedenen Krebsarten zugelassen. Als Ghrelin-Analogon steigert es den Appetit und erhöht das Körpergewicht.
Auch einige bereits bekannte Wirkstoffe haben zur Kachexie-Behandlung bereits vielversprechende klinische Daten vorzuweisen. Dazu gehört das atypische Neuroleptikum Olanzapin, das den Appetit und das Körpergewicht steigern kann. Es befindet sich laut Arends in Phase III der klinischen Testung für dieses Einsatzgebiet. Auch S-Pindolol wirkt appetitsteigernd und wird klinisch bei Kachexie getestet.
Wenig überraschend sind auch antientzündliche Substanzen in der Prüfung, um die systemische Inflammation bei Kachexie zu bremsen. Dazu zählen die in anderen Indikationen bereits zugelassenen Wirkstoffe Tocilizumab, ein IL-6-Rezeptorantagonist, und der Januskinasehemmer Ruxolitinib.
Weniger bekannt sind bislang Bermekimab, ein IL-1α-Antikörper, und Ponsegromab. Letzteres ist gegen das Protein GDF-15 (Growth Differentiation Factor-15) gerichtet, das an der Regulierung des Appetits beteiligt ist. Bei Patienten mit Krebskachexie und erhöhten GDF-15-Spiegeln führte die Hemmung von GDF-15 mit Ponsegromab in einer Phase-II-Studie zu einer erhöhten Gewichtszunahme und einem erhöhten Aktivitätsniveau sowie zu einer Verringerung der Kachexie-Symptome.