Wie gelingt eine gute Ernährung? |
Neben einer ausgewogenen Zusammensetzung der Ernährung ist auch die Freude am Essen wichtig. Gemeinsam geht es oft leichter. / Foto: Adobe Stock/Maya Kruchancova
Viele Senioren sind unzureichend mit Makro- und Mikronährstoffen versorgt. Besonders gefährdet sind kranke, pflegebedürftige und hochbetagte Menschen. Gesicherte Daten zur Häufigkeit von Mangelernährung im Alter insgesamt liegen für Deutschland bisher nicht vor, wohl aber zur Situation in Kliniken und Pflegeheimen. Laut dem aktuellen Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sind bis zu 30 Prozent der Patienten und bis zu 25 Prozent der Heimbewohner mangelernährt.
Im Alter verändert sich vieles, nicht nur die Körpergröße. Gut essen und trinken ist immer wichtig und erhält die Lebensfreude. / Foto: Shutterstock/Monkey Business Images
Dies ergab die Auswertung der nutritionDay-Daten, die zwischen 2006 und 2018 erhoben wurden, um die Häufigkeit von Mangelernährung in Kliniken und Pflegeheimen in Deutschland erstmals systematisch zu erfassen (DOI: 10.4455/eu.2019.045). »Ich plädiere sehr dafür, die Ernährung in Kliniken und Pflegeheimen verstärkt in den Blick zu nehmen, um einer Mangelernährung vorzubeugen und bestehenden Problemen möglichst rasch und umfassend zu begegnen«, sagt Projektleiterin Professor Dr. Dorothee Volkert vom Institut für Biomedizin des Alterns der Universität Erlangen-Nürnberg im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung.
Aufgrund dieser Daten empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) ein Screening auf Mangelernährung als festen Bestandteil einer klinischen Behandlung.
Der Energiebedarf sinkt im Alter, doch der Bedarf an wichtigen Nährstoffen bleibt unverändert oder steigt aufgrund der nachlassenden Resorption sogar (Kasten). Professor Dr. Diana Rubin, Vorstandsmitglied der DGEM, weist im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung auf die oft kritische Versorgung mit den Vitaminen D, B12 und Folat hin, aber auch mit den Vitaminen B1, B6 und C sowie Eisen. Zur Mangelversorgung trage neben einer zu geringen Zufuhr die im Alter sinkende Resorption bei, erläutert die Leiterin des Vivantes-Zentrums für Ernährungsmedizin in Berlin. Vor allem pflegebedürftigen und bettlägerigen Senioren fehle es an Vitamin D, da 90 Prozent dieses Vitamins in der Haut gebildet werden, stimuliert durch das Sonnenlicht bei einem Aufenthalt im Freien. Zudem lässt die endogene Vitamin-D-Synthese mit den Jahren nach.

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Mit zunehmendem Alter nimmt die fettarme stoffwechselaktive Körpermasse ab. Dazu zählen neben den inneren Organen die Knochen und die Skelettmuskulatur. Sinkt der fettarme Körperanteil, steigt prozentual gesehen der Körperfettgehalt. Der Grundumsatz und in der Regel – mangels Bewegung – auch der Gesamtumsatz nehmen deutlich ab.
Struktur und Funktion der Nieren verändern sich ebenfalls. Die Durchblutung des Organs und damit die glomeruläre Filtrationsrate gehen zurück. Stoffwechselendprodukte, aber auch Fremdsubstanzen wie Arzneimittel werden langsamer aus dem Blut filtriert. Da die Konzentrierung des Harns nachlässt, wird mitunter zu viel Wasser ausgeschieden. Bei nachlassendem Durstgefühl kann es rasch zur Dehydratation kommen.
Auch Hunger und Sättigungsgefühl schwinden. Dazu trägt vor allem das im Alter aktivere gastrointestinale Sättigungshormon Cholecystokinin (CCK) bei, das appetithemmend wirkt. Eine niedrigere Umsatzrate des Stoffwechsels und weniger Bewegung lassen bei älteren Menschen den Appetit weiter schwinden.
Die Magenmotilität wird langsamer. Verstärkt wird die sogenannte Gastroparese durch Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Morbus Parkinson. Die Betroffenen können nur noch kleine Portionen essen und leiden oft unter Übelkeit. Die Magenschleimhaut sezerniert weniger Salzsäure und Pepsinogen, sodass in einem fortgeschrittenen Stadium weniger Intrinsic-Faktor (IF) gebildet und weniger Vitamin B12 resorbiert wird. Ein sinkender pH-Wert des Magens kann einem bakteriellen Wachstum Vorschub leisten und die Verfügbarkeit von Vitamin B12 und Folsäure weiter mindern.
Auch Zahnverlust, schlecht sitzender Zahnersatz und Schluckbeschwerden aufgrund von neuromuskulären Störungen lassen das Essen mühsam werden. Die Patienten bevorzugen weiche Speisen, die jedoch meist nährstoff- und ballaststoffarm sind und eine Mangelversorgung sowie Obstipation begünstigen.
Bei Vitamin B12 ist das Defizit auf die geringere Sekretion von Magensäure zurückzuführen. Zeigt das Blutbild einen Eisen- oder Folsäuremangel, sei dies meist Ausdruck einer hypokalorischen Ernährung. Da die Vitamine B1, B6, B12 sowie Folsäure den Verlauf psychiatrischer und neurodegenerativer Erkrankungen erheblich beeinflussen, rät die Ernährungsmedizinerin bei einem Mangel zu einer Supplementierung.
Inwieweit ältere Menschen mit Mikronährstoffen schlechter versorgt sind als jüngere, untersuchte kürzlich eine Forschungsgruppe der Abteilung Ernährung und Gerontologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam (DOI: 10.1016/j.redox.2020.101461). Sie wertete die Daten von Teilnehmenden der Berliner Altersstudie aus und bestimmte in deren Blutproben die Konzentration von Carotin, Lycopin, Lutein sowie der Vitamine A und E. Wenig überraschend, aber nun mit harten Daten belegt: Das Blut enthielt deutlich weniger dieser Vitamine und sekundären Pflanzenstoffe, auch nachdem die Werte mit den Ernährungs- und Gesundheitsdaten der Probanden statistisch abgeglichen und andere mögliche Einflussfaktoren herausgerechnet worden waren. Inwieweit die schlechtere Versorgung auf eine verminderte Bioverfügbarkeit im Alter zurückgeht, wird nun weiter erforscht.
Auch an Protein fehle es Senioren häufig, erläutert Ernährungswissenschaftlerin Volkert. Genügen in jüngeren Jahren 0,8 g Protein/Kilogramm Körpergewicht (kg KG), so sollte dieser Anteil bei Menschen ab 65 Jahren auf 1,0 g/kg KG erhöht werden (bei intakter Nierenfunktion). Am besten wird die Eiweißmenge auf die drei Hauptmahlzeiten verteilt, damit mehrmals am Tag eine ausreichend große Menge zur Anregung der Muskelproteinsynthese aufgenommen wird.
Bei älteren Menschen ist der Muskelaufbau schwieriger zu stimulieren als bei jüngeren Erwachsenen. Ursache dieser »anabolen Resistenz« sind Entzündungsprozesse und eine verminderte postprandiale Proteinsynthese. Nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität sei entscheidend, betont Volkert. Besonders gut werde Molkeprotein verwertet, das viel Leucin enthält. Die essenzielle Aminosäure stellt nicht nur ein wichtiges Substrat für den Proteinaufbau dar, sondern stimuliert auch dessen Synthese.
Nicht nur untergewichtige Senioren, sondern auch ältere Menschen mit Normal- oder Übergewicht, die sich einseitig ernähren, sind durch einen Mangel an einzelnen Nährstoffen gefährdet oder können durch Appetitlosigkeit und geringe Nahrungsaufnahme einen Gewichtsverlust erleiden. »Je älter und je gebrechlicher ein Mensch ist, desto schwieriger wird es, genügend und abwechslungsreich zu essen«, so Volkerts Fazit.
Einig sind sich die beiden Expertinnen darin, wie wichtig es ist, eine Mangelernährung zu erkennen. »Unser wichtigstes Instrument, um Mangelernährung zu erkennen, ist das speziell für geriatrische Patienten entwickelte Mini Nutritional Assessment (MNA), anhand dessen Body-Mass-Index, Gewichtsverlust, schwere Erkrankung und eine verminderte Nahrungszufuhr in der vergangenen Woche erfasst werden«, sagt Ernährungsmedizinerin Rubin. Bisher konnten keine allgemeinen Biomarker für eine globale Mangelernährung identifiziert werden. Zwar weise ein Albumindefizit im Blutbild in diese Richtung, doch unterliege der Albuminspiegel vielen Einflussfaktoren und sei nur begrenzt aussagekräftig.
Und auch Volkert mahnt zur Ursachensuche, wenn ein älterer Mensch unbeabsichtigt an Gewicht verliert. Neben Schluck- und Kauproblemen seien oft Schmerzen oder Verstopfung die Ursache, die vor allem Senioren mit Demenz nicht richtig beschreiben können. Auch Depression, Infektionen oder gastrointestinale Störungen können die Ursache sein. Bemerkenswert und noch nicht völlig verstanden sei ein Gewichtsverlust, der vor der Krankheitsdiagnose auftritt, gibt die Ernährungswissenschaftlerin zu bedenken. Möglicherweise sei hier eine niederschwellige Entzündung, eine »Low-Grade-Inflammation«, beteiligt, die charakteristisch für eine Immunoseneszenz ist (Kasten).

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Hält eine Mangelernährung länger an, kann es zu einer Reihe von Komplikationen kommen, die die Lebensqualität und Lebensdauer eines älteren Menschen erheblich einschränken.
Kachexie: Bei einer Kachexie kommt es nicht nur zum vollständigen Abbau der Speicherfettdepots, sondern zum schrittweisen Funktionsausfall der Organe. Der Unterschied zwischen Kachexie und Mangelernährung ist die Inflammation, am besten messbar anhand des C-reaktiven Proteins.
Immunoseneszenz: Mit zunehmendem Lebensalter lässt die Leistungsfähigkeit des Immunsystems nach. Dabei verändert sich die Funktion der Mitochondrien und anderer Zelltypen wie der Endothelzellen. Die genauen Ursachen sind komplex und bisher noch wenig verstanden. Mit der Abnahme der Immunfunktion können chronische Entzündungen aufflammen. Sowohl dieses Inflammaging als auch die Immunoseneszenz tragen zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko bei.
Sarkopenie: Bei einer Sarkopenie gehen Muskelmasse, -kraft und -leistung verloren. Ursache des starken muskulären Abbaus sind endokrine, neurodegenerative und inflammatorische Veränderungen. Vor allem trägt eine unzureichende Ernährung zu einer Sarkopenie bei.
Frailty-Syndrom: Frailty oder Gebrechlichkeit ist ein geriatrischer Komplex verschiedener Symptome, deren wichtigste Ursache eine Sarkopenie ist. Ein deutlicher Verlust an Kraft und Ausdauer zeigt sich beispielsweise beim verlangsamten Gehen, an Schwierigkeiten beim Aufstehen, einer raschen Ermüdbarkeit und eingeschränkten Organfunktionen.
Bei einer Demenz gehen nach und nach geistige und körperliche Fähigkeiten verloren, die auch zum Essen notwendig sind. Die Einbußen betreffen ganz unterschiedliche Ebenen und können eine Unter- und Mangelernährung begünstigen.
Mitunter vergessen Demenzkranke einfach zu essen. Sie wissen nicht mehr, ob, wann und wie viel sie schon gegessen haben. Das Sättigungsgefühl kann gerade bei frontotemporaler Demenz (einer speziellen Form mit Nervenzelldegeneration im Stirnhirn und Schläfenlappen) oder bei Einnahme mancher Antipsychotika deutlich verändert sein. Manche haben ständig Hunger, andere fühlen sich ständig satt.
Eine ausgewogene Ernährung soll Energie und Nährstoffe in ausreichender Menge und dem jeweiligen Erkrankungsstadium angepasst enthalten. Doch diese Anforderungen bei einem Demenzkranken zu erfüllen, ist ungleich schwieriger als bei einem gesunden Senior.
Menschen mit Demenz bevorzugen häufig süße Speisen. Nicht nur Getränke und Süßspeisen, sondern auch herzhafte Menüs mit Fleisch können mit Zucker oder Süßstoff gesüßt werden. Wenn der Mensch so mehr, abwechslungsreicher und mit mehr Spaß isst, sollte man auf diese Vorliebe eingehen, auch wenn es merkwürdige Kombinationen gibt und die Zusammensetzung ernährungsphysiologisch suboptimal ist.
Bei einem erhöhten Energiebedarf muss eine energiereiche Ernährung sichergestellt werden. Im ersten Schritt wählt man dafür vor allem fett- und energiereiche Lebensmittel aus, die weiter angereichert werden können. Dazu eigenen sich Pflanzenöle, Nussmus, Sahne, Butter, Ei, Maltodextrin oder Proteinpulver. Besonders bei hochkalorischer Kost empfiehlt es sich, die Speisen möglichst in mehreren kleinen Mahlzeiten über den Tag verteilt anzubieten.
Droht eine Mangelernährung oder ist der Energiebedarf bei einer starken motorischen Aktivität besonders groß, führen hochkalorische Getränke wie Milch-Mix-Getränke zusätzliche Energie zu.
Genügt das Anreichern des Essens nicht mehr, ist eine ganze Palette an Zusatznahrungen in unterschiedlicher Zusammensetzung und in verschiedenen Geschmacksrichtungen auf dem Markt erhältlich.
Senioren, die nicht mehr gut mit dem Besteck umgehen können oder es nicht benutzen möchten, kann man die Speisen als Fingerfood anbieten. So kann die Selbstständigkeit beim Essen weitestgehend erhalten werden. Die Speisen mit den Fingern zu greifen und zum Mund zu führen, regt die Sinne an und kann Senioren, die unter Appetitmangel leiden, möglicherweise wieder zum Essen motivieren. Auch wenn es eher ungewöhnlich ist: Selbst ein Mittagsmenü lässt sich als Fingerfood, portioniert auf einen bis zwei Bissen, servieren.
Einer starken Unruhe kommt ein »Eat by Walking« entgegen. Das hilft besonders Parkinsonpatienten oder Menschen mit frontotemporaler Demenz. Dabei werden einzelne Speisen der Mahlzeit, beispielsweise zum Frühstück ein Brot, Brötchen oder ein Stück Obst, einfach mit auf den Weg gegeben.
Würstchen im Schlafrock sind ein Klassiker. Mit etwas Fantasie lassen sich auch viele andere Speisen als Fingerfood gestalten. Das hilft Menschen, die nicht mehr mit Besteck essen oder längere Zeit ruhig am Tisch sitzen können. / Foto: Shutterstock/KavardakovA
Genügend zu trinken ist aus mehreren Gründen wichtig. Nicht selten kommt ein hochbetagter Mensch völlig ausgetrocknet und verwirrt ins Krankenhaus. Nach einigen elektrolythaltigen Infusionen ist er oft wieder gut ansprechbar und zeigt keine Zeichen einer Demenz mehr.
Eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr kann die Symptome einer Demenz auch verstärken. Hinzu kommt, dass Menschen mit Demenz das Trinken häufig vergessen. Als Faustregel hilft es, sich am Bedarf von 30 bis 35 ml pro Kilogramm Körpergewicht zu orientieren. Davon sollten zwei Drittel über Getränke aufgenommen werden, das letzte Drittel steuern Gerichte wie Suppen, Saucen und Salate bei.
Hören, Sehen, Fühlen, Riechen, Schmecken können Erinnerungen wecken und sind gerade für einen Menschen mit Demenz besonders bedeutend. Die nachlassende Sehkraft im Alter sollte bei der Mahlzeitenplanung und Tischgestaltung berücksichtigt werden: Lebensmittel und Speisen mit kräftigen Farben sind leichter zu erkennen. Essen kann mit roten Säften aus Trauben, Kirschen oder Holunder gefärbt werden. Bunte Teller und Becher sowie Sets in kontrastierenden Farben wecken das Interesse des Patienten.
Keine Lust zum Essen? Ein Brei lässt sich zwar leicht schlucken, sieht aber wenig anregend aus. Eingerührtes Ei, Marmelade oder Nussmus kann Geschmack und Optik deutlich verbessern. / Foto: Adobe Stock/Anneke
Muss das Essen püriert werden, ist es besonders wichtig, dass klare Konturen zu erkennen sind und sich die Pürees farblich vom Teller und die Teller von der Tischdecke abheben.
Gerüche sind emotional sehr unterschiedlich besetzt. Derselbe Geruch kann bei einem Menschen positive, beim anderen negative Erinnerungen wecken. Dies hängt von den individuellen Erlebnissen ab, die damit in Verbindung gebracht werden. Auch taktile Erfahrungen können helfen. In diesem Fall ist das Anfassen des Essens hilfreich zum »Begreifen« der Speise und fördert die Motivation zum Essen. Rituale stiften Orientierung und Sicherheit, ganz besonders, wenn sie an Erinnerungen anknüpfen.
Ein trockener Mund beeinträchtigt den Geschmack. Etwa die Hälfte der Über-65-Jährigen leidet an Mundtrockenheit (Xerostomie) infolge einer zu geringen Speichelproduktion. Das ist mehr als nur unangenehm und kann zu Schluckstörungen, Zahndefekten und ständigem Hustenreiz führen.
Die Ursachen sind vielfältig. Neben Flüssigkeitsmangel, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und den Folgen einer Bestrahlung mindern auch zahlreiche Medikamente den Speichelfluss: Betablocker, ACE-Hemmer, Diuretika, Anticholinergika, Antihistaminika, Antidepressiva, Antipsychotika, Opioide sowie lokal und systemisch angewandte Corticosteroide.

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Zahlreiche Medikamente können die Resorption von Nährstoffen im Darm beeinflussen oder deren Verwertung im Körper auf unterschiedliche Weise verändern.
So kann eine längerfristige Gabe von Protonenpumpenhemmern dazu führen, dass aufgrund der pH-Verschiebung im Magen weniger Vitamin B12 aufgenommen wird. Arzneien, die Komplexe bilden, wie Schilddrüsenhormone, Gyrasehemmer, Tetracycline oder Bisphosphonate behindern die Aufnahme von Mineralstoffen wie Calcium und Magnesium, wenn nicht ein mindestens zweistündiger Abstand beachtet wird. Schleifendiuretika können die Konzentration der Elektrolyte im Blut vermindern. Besonders der Kaliumspiegel muss überwacht werden, da ein Kaliummangel Herzrhythmusstörungen auslösen kann.
Auch bei Acetylcholinesterase-Hemmern besteht ein, wenn auch nur leicht erhöhtes Risiko, Störungen im Elektrolythaushalt hervorzurufen. Vor allem zu Beginn einer Therapie treten oft gastrointestinale Beschwerden auf. Halten Übelkeit, Völlegefühl und Durchfall länger an, kann es neben einer Hypokaliämie und Hypomagnesiämie auch zu einem Mangel an anderen Mikronährstoffen oder bei der Eiweißversorgung kommen. Proteinreiche Nahrung kann die Resorption des Parkinsonmedikaments Levodopa kompetitiv hemmen.
Bunte süße Getränke animieren eher zum Trinken als Wasser oder blasser Tee. / Foto: Adobe Stock/berna_rikur
Anticholinerg wirksame Arzneistoffe bremsen die Weiterleitung von Acetylcholin über parasympathische Nervenfasern, während Adrenozeptor-Agonisten dessen Sekretion hemmen. Eine ausgeprägte Mundtrockenheit ist die unerwünschte Nebenwirkung dieser beiden Substanzgruppen. Auch Arzneistoffe, die nicht am vegetativen Nervensystem angreifen, können Mundtrockenheit hervorrufen, beispielsweise über histaminerge Effekte. Diuretika führen zu einer Elektrolytverschiebung im Organismus, sodass der Wasserhaushalt im Körper sinkt und weniger Speichel gebildet wird.
Zunächst können einfache Maßnahmen helfen wie Kaugummi kauen, saure Bonbons lutschen oder Zitronen-, Orangen- oder Ananasscheiben aussaugen. Reichert man einzelne Speisen mit Fett an, fällt das Schlucken leichter.
Speichelersatzmittel befeuchten die Mundschleimhaut und überziehen sie mit einem schützenden Film. Meistens enthält künstlicher Speichel einen Gel- beziehungsweise Schleimbildner wie Carmellose (Carboxymethylcellulose), verschiedene Elektrolyte und einen Zuckeraustauschstoff.
Der Einfluss der Ernährung auf den Verlauf einer Demenz wird oft wenig beachtet. Nicht nur bei Klinikpatienten, auch bei Demenzkranken in einem Pflegeheim liegt häufig eine Unterversorgung bis hin zu einem manifesten Mangel vor. Eine ausgewogene Ernährung, die Energie und Nährstoffe sowie Flüssigkeit in ausreichender Menge enthält und den spezifischen Anforderungen für Demenzkranke gerecht wird, hat nicht nur positive Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit. Sie trägt auch wesentlich zur Lebensqualität und zur Sicherheit eines demenzkranken Menschen bei.
Hannelore Gießen studierte Pharmazie an der Universität Karlsruhe. Nach mehrjähriger Tätigkeit in öffentlichen Apotheken und einer journalistischen Ausbildung ist sie seit 1990 freiberuflich als Fachjournalistin tätig und bearbeitet medizinische, pharmazeutische und biotechnologische Themen für Fachzeitschriften. Gießen hat sich zur Apothekerin für Allgemeinpharmazie weitergebildet und 2013 den Studiengang Consumer Health Care an der Charité – Universitätsmedizin Berlin absolviert. In ihrer Masterarbeit befasste sie sich mit ethischen Aspekten der Bewertung und Kommunikation von Arzneimittelrisiken.