Wie gefährlich ist Candida auris? |
Wie andere Candida-Arten besiedelt C. auris den Menschen, verursacht beim Gesunden in der Regel aber keine Probleme (siehe Kasten). Ist das Immunsystem jedoch geschwächt oder bestehen Vorerkrankungen, kann er sich wie andere Hefepilze ungestört vermehren und zu Krankheiten führen. C. auris verursacht mitunter ernste und lebensbedrohliche Erkrankungen wie Harnwegsinfekte oder Wundinfektionen. Die Entwicklung zu einer invasiven Candidose mit einem Befall des Blutstroms (Fungämie) und des ZNS sowie innerer Organe ist bei Immunschwachen nicht auszuschließen und kann lebensbedrohlich sein. Als Begleiterkrankungen treten möglicherweise Diabetes, Lungen- und Nierenerkrankungen auf.
In Großbritannien verliefen Ausbrüche bisher ohne Todesfälle. In Spanien allerdings starben in einem Krankenhaus 17 von 41 Infizierten. »Nach unserem Wissen ist in Deutschland noch kein Patient an C. auris gestorben«, berichtet Kurzai. »Wenn man mit C. auris infiziert ist, hängt die Gefährlichkeit vor allem von der Art der Infektion ab. Die Sterblichkeitsraten für Blutstrominfektionen sind aktuell schwer einzuschätzen, da sie sich in verschiedenen Berichten zum Teil erheblich unterscheiden.«
Die Behandlung ist eine Herausforderung. C.-auris-Isolate zeigen häufig Resistenzen gegenüber zahlreichen gebräuchlichen Antimykotika wie Fluconazol, Voriconazol oder Amphotericin B. Die Behandlung sei eine Einzelfallentscheidung, so Kurzai: »Pauschale Empfehlungen sind nicht sinnvoll. Bei schweren Infektionen wird aktuell zumeist empfohlen, mit einem Echinocandin, also Anidulafungin, Caspofungin oder Micafungin, zu behandeln. Bei Fragen oder Beratungsbedarf steht das NRZMyk zur Verfügung.« Eine Resistenztestung sei empfehlenswert. Bei einer reinen Besiedlung ohne symptomatische Infektion sei keine Behandlung nötig.
Ansteckungen zu vermeiden und insbesondere immungeschwächte Personen zu schützen, ist oberste Prämisse. In Deutschland sind dafür schon einige Voraussetzungen geschaffen. Dazu muss der Pilz aber erst einmal sicher identifizierbar sein und in der Diagnostik von verwandten Arten wie Saccharomyces cerevisiae und C. haemulonii unterschieden werden. »2018 konnten bei einem Test etwa 85 Prozent aller mikrobiologischen Labors in Deutschland C. auris zuverlässig identifizieren. Das ist kein ganz schlechter Wert, aber sicher noch ausbaufähig«, erzählt Kurzai. Der Experte empfiehlt noch weitere Vorkehrungen. »Krankenhäuser müssen C. auris in ihre Hygienemanagementpläne aufnehmen und ein Prozedere zum Umgang festlegen. Hierfür gibt es zum Beispiel Empfehlungen des NRZMyk und auch umfassende Hilfestellungen von ECDC und CDC.«
Es gibt Vermutungen, dass durch den Klimawandel oder andere Faktoren C. auris zunehmend ein Problem in Deutschland werden könnte. Dazu Kurzai: »Weltweit nehmen die Fälle zu und es ist wahrscheinlich, dass damit auch hierzulande absehbar mehr Fälle auftreten. In einigen Ländern zählt C. auris schon zu den häufigsten Candida-Arten, die invasive Infektionen verursachen.« Es könne also sein, dass sich der Erreger weltweit »etabliert«. Dann könnten auch lokale Ausbruchsgeschehen häufiger werden, so der Mykologe.
Die Familie der Candida-Hefepilze (von lateinisch candidus = glänzend) ist artenreich. Einige Vertreter sind für den Menschen höchst nützlich. So verwendet die Lebensmittelindustrie beispielsweise Saccharomyces cerevisiae als Backhefe und C. utilis bei der Herstellung von Kefir. Andere Candida-Arten besitzen für den Menschen jedoch eine potenziell pathogene Wirkung. Diese tritt jedoch erst auf, wenn sich die Hefepilze in oder auf dem menschlichen Körper unnatürlich stark vermehren und es ihnen gelingt, die Haut- beziehungsweise die Schleimhautbarriere des Körpers zu durchdringen. Je nach Lokalisation können Krankheitsbilder wie Vaginalmykose, Windeldermatitis, Mundsoor und bei Immunschwachen auch eine Sepsis entstehen. Erreger von solchen Candidosen sind neben C. albicans, dem häufigsten Erreger von Candida-Infektionen, unter anderem auch C. glabrata, C. parapsilosis oder C. krusei.