Wie feste Arzneiformen durch den Magen gehen |
| Daniela Hüttemann |
| 18.11.2025 10:00 Uhr |
Ist die Nüchterneinnahme morgens zumindest reproduzierbar? Auch hier gebe es Unterschiede. Studien zeigten ein sehr variables Volumen an Magensaft zwischen 0 und 156 Millilitern. Das habe damit zu tun, wo im Motilitätszyklus des Magens man sich befindet, wenn man aufsteht. »Wenn wir aufwachen, wissen wir nicht, wo im Zyklus wir gerade sind – daher müssen Sie morgens immer die Menge Wasser trinken, die Sie zum Auflösen Ihrer Arzneiform brauchen. Nicht nur sippen, sondern ein ganzes Glas!«, mahnte Weitschies. Trinken sei sehr wichtig für eine gleichbleibende Arzneistoffresorption.
Weitschies forscht selbst an der Thematik und brachte eindrucksvolle MRT-Bilder mit, wie Wasser und verschiedene Arzneiformen durch den Magen gehen. 240 ml Wasser auf nüchternen Magen seien innerhalb von 30 Minuten weg, bei vielen schon nach 15 Minuten.
Selbst schnell freisetzende Tabletten würden nicht immer vollständig im Magen zerfallen, erläuterte Weitschies. Bei nüchterner Einnahme würden in etwa 5 Prozent der Fälle Tabletten und Kapseln den Magen noch vor ihrem Zerfall passieren. Das kann sowohl sehr hohe Maximalspiegel als auch sehr geringe Spiegel auslösen. Was sich nicht im Magen löst, bleibt als Partikel im Magen liegen und muss auf die nächste Peristaltik-Welle warten, um in den Zwölffingerdarm zu gelangen.
Und wenn vorher etwas gegessen wurde? Dann fließt das getrunkene Wasser um den Mageninhalt herum, erzählte Weitschies. Das Wasser nimmt die sogenannte Magenstraße. Das ist eine Ansammlung von Schleimhautfalten im Bereich der kleinen Magenkrümmung. Sie verläuft vom Mageneingang bis dessen Ausgang, dem Pylorus. Die Falten wirken wie ein Kanal, über den Flüssigkeit schnell den Magen passieren kann, am Nahrungsbrei vorbei. »Das funktioniert immer, ob man ein FDA-Breakfast, eine Low-Fat-Mahlzeit oder ein Schokoladen-Mousse gegessen hat«, berichtete der Referent. Ermöglicht wird dies dadurch, dass Wasser trinken einen Dehnungsreiz auslöst und Platz schafft.
Arzneiformen, die sich sehr schnell auflösen oder zerfallen, können die primäre Magenstraße nehmen und schnell anfluten, trotz vollen Magens, vergleichbar mit der Nüchterneinnahme. Bei langsamer Auflösung / Zerfall wird der Wirkstoff nicht oder nur wenig mit dem Mageninhalt vermischt und wird mit später getrunkenem Wasser immer noch relativ schnell entleert (verzögerte Magenstraße). Wird die Arzneiform zum Essen genommen, vermischt sie sich mit der Nahrung. Dann kann es dauernd, da der aufgelöste Wirkstoff kontinuierlich mit dem Nahrungsbrei entleert wird.
Um schwankende Wirkspiegel zu vermeiden, sollte eine Dauermedikation daher möglichst immer unter gleichen Bedingungen eingenommen werden. Und wer postprandial akute Kopfschmerzen bekommt, sollte am besten eine Brausetablette nehmen. Um den Effekt der Magenstraße zu nutzen, sollte man auch ausreichend Wasser trinken, indem der Arzneistoff sich lösen kann.