Wie eine Medaille entsteht |
Abbildung 1: Wachsmodell für die Gedenkmedaille auf Kurth Mothes (Inv.-Nr. VII D 0439.1) / © DAM/Adobe Stock/oleh11
Die Modelle und Stempel wurden im Auftrag des »Koordinierungsrats der medizinisch-wissenschaftlichen Gesellschaften« geschaffen. Diesem 1969 entstandenen Gremium wurde die politische Aufsicht über die einzelnen Dachgesellschaften zugeordnet, auch über die 1955 gegründete Pharmazeutische Gesellschaft der DDR. Ab 1977 verlieh der Koordinierungsrat Gedenkmedaillen auf Persönlichkeiten aus dem medizinischen und pharmazeutischen Sektor an Personen, die sich in seinen Gesellschaften Verdienste erworben oder diese unterstützt hatten. Zwischen 1978 und 1989 wurden 21 Medaillen in einer Auflage von je 150 Stück herausgegeben.
Im Bereich Pharmazie würdigte der Koordinierungsrat zwei Persönlichkeiten, für die sich Modelle im Deutschen Apotheken-Museum erhalten haben: Johannes Valentin und Kurt Mothes.
Abbildung 2: Die Ur-Patrize für die Medaille (Inv.-Nr. VII D 0439.4) trägt noch keine Umschrift. / © DAM
Johannes Valentin (1884 bis 1936) hatte in Königsberg Pharmazie studiert und war ab 1936 als Honorarprofessor an der dortigen Universität tätig. 1947 kam er an das Pharmazeutisch-Chemische Institut der Universität Greifswald, wo er 1949 zum Professor für Pharmazie berufen wurde und von 1952 bis 1954 das Direktorat des Instituts innehatte. Standespolitische Verdienste erwarb er sich bei der Gründung der Pharmazeutischen Gesellschaft der DDR 1955, als deren erster Präsident er bis 1958 wirkte.
Kurt Mothes (1900 bis 1983) hatte nach einer Apothekerlehre in Plauen an der Universität Leipzig Pharmazie, Chemie, Physiologie und Pharmakologie studiert. In Halle und Königsberg war er als Professor für Botanik und Pharmakognosie bis 1945 tätig. Nach seiner Kriegsgefangenschaft wurde er 1950 zum Professor für Pharmakognosie in Halle berufen; 1963 erhielt er den ersten Lehrstuhl für Biochemie der Pflanzen. 1954 wurde er Präsident der Akademie Leopoldina in Halle, die er 20 Jahre lang leitete und dabei wissenschaftliche Kontakte zwischen Ost und West förderte.
Anhand der Modelle und Prägestempel für die Medaillen lassen sich die Herstellungsabläufe nachvollziehen. An erster Stelle steht der zeichnerische Entwurf des Künstlers.
Die nächsten Schritte zeigen die Modelle und Stempel für die Medaille auf Kurt Mothes, die 1989 von dem Medailleur Carsten Theumer aus Halle geschaffen wurde. Von dieser haben sich das Modell aus Wachs (Abbildung 1) und der davon angefertigte Gipsabguss für die Vorderseite mit dem Bild Mothes’ im Profil erhalten. Von diesem wurde ein eisernes Modell abgegossen, das durch eine Reduktionsmaschine abgetastet und auf einen Stempel übertragen wurde. Dieser so entstandene Stempel – die Ur-Patrize – zeigt das Bild in erhabenem Relief (Abbildung 2). Meist ist die Umschrift noch nicht angegeben – so wie hier.
Abbildung 3: Die Matrize mit eingetieftem Relief (Inv.-Nr. VII D 0439.5) entspricht dem Bild des späteren Prägestempels. / © DAM
Aus der Ur-Patrize (Stempel) wird durch Einsenken in ein weiches Metall die Original-Matrize hergestellt, die das Bild in vertieftem Relief zeigt. In diese werden Umschriften und Jahreszahlen eingraviert oder mit einer Punze eingestempelt.
Damit die Anbringung der Buchstaben und Jahreszahlen für die Umschrift mit Namen und Lebensdaten des Dargestellten im richtigen Maßstab erfolgte, hat Carsten Theumer eine Kupferplatte in Größe des Gipsmodells angefertigt, die ebenfalls von der Reduziermaschine abgetastet werden konnte.
Die entstandene Matrize (Abbildung 3) ist das Ausgangsobjekt für eine weitere Patrize mit erhabenem Relief, aus der der eigentliche Prägestempel hergestellt wird.
Eine solche Patrize ist von der Medaille auf Johannes Valentin erhalten (Abbildung 4), zusammen mit der Ur-Patrize und dem eigentlichen Prägestempel. Die eingedruckten Jahreszahlen auf dem Rand weisen auf das Datum der Fertigstellung hin. Diese Medaille entstand schon wesentlich früher, nämlich 1984. Sie wurde von dem Medailleur Johannes Baumgärtner, ebenfalls aus Halle, entworfen, wie seine Initialien JB im Feld unter dem Kopf Valentins nachweisen. Für die Medaillen des Koordinierungsrats wurden häufig Künstler der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle gewählt.
Alle vom Koordinierungsrat herausgegebenen Medaillen hatten eine einheitliche Rückseite mit der Inschrift »KOORDINIERUNGSRAT / DER MEDIZINISCH- / WISSENSCHAFTLICHEN / GESELLSCHAFTEN DER / DDR« in fünf Zeilen. Ab 1986 trugen die Medaillen auf der Rückseite den Buchstaben »A« für die Münzstätte Berlin. Als VEB-Münze der DDR war sie seit 1953 die einzige Münzstätte der DDR und behielt den seit 1750 als Münzzeichen benutzten Buchstaben »A« für die Münzstätte Berlin bei.
Abbildung 4: Die Patrize in erhabenem Relief (Inv.-Nr. VII D 0450.2) mit Umschrift dient als Vorlage für den eigentlichen Prägestempel, in dem Bild und Schrift wieder eingetieft sind. / © DAM
Die Medaillen des Koordinierungsrats haben sich in numismatischen Sammlungen erhalten. Im Deutschen Apotheken-Museum befinden sich nur die Modelle und die Prägestempel. Die Medaille auf Johannes Valentin wird seit 1993 von der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie in Silber und Bronze mit veränderter Rückseitenaufschrift verliehen. Von der Medaille auf Kurt Mothes sind keine Exemplare auffindbar – möglicherweise wurde die Medaille, auf deren Patrize am Rand das Datum 7.2.90 eingraviert ist, nach der Wende nicht mehr ausgeprägt, nachdem der Koordinierungsrat nicht mehr existierte. Damit wären gerade diese Prägestöcke ein besonders wertvolles Relikt für die Medaillenprägung der DDR.