Wie die EDV in die Apotheke kam |
1978 tritt mit Pharmatechnik ein neuer Akteur auf. Der ehemalige Siemens-Mitarbeiter Dr. Detlef D. Graessner machte sich mit der Übernahme des zuvor als unrentabel eingestellten Siemens-Terminals Transdata K36 unter diesem Firmennamen selbstständig.
Abbildung 3: Aus dem Siemens Transdata K36 wurde der 1979 von Pharmatechnik eingeführte Kleinkartenleser PT 220 entwickelt (Inv.-Nr. III S 26). Rechts daneben das Nachfolgemodell PT 230, noch mit Lochkartenschlitten, aber nun auch RAM-Speicher, Display, Tastatur und Einzelsteckkartenplatz (Inv.-Nr. III S 27). In dunkelgrauem Design: das neu konzipierte Modell des Kleinkartenlesers PT 210 ohne Schlitten, um 1982 (Inv.-Nr. III S 22). / Foto: DAM
Mit dem optimierten Kartenleser PT 220 bot er eine weniger störanfällige Weiterentwicklung des Transdata-Geräts an (Abbildung 3, links oben, Inv.-Nr. III S26). Das etwa 1980 eingeführte Nachfolgemodell PT230 kombinierte den vom Transdata K36 übernommenen Schlitten für die ABDA-Lochkärtchen mit Elementen von Kartenlesern der zweiten Generation: einem RAM-Speicher, drei Tastaturblöcken mit Einzelbefehlstasten und einem Block für numerische Eingaben sowie einem Leseschlitz für einzelne Lochkarten (Abbildung 3, rechts oben, Inv.-Nr. III S27).
Eine Abkehr von der mechanischen Nutzung der ABDA-Lochkärtchen stellte das 1982 von Pharmatechnik entwickelte Terminal PT210 in modernem dunklen Design mit transparentem Display und drei Tastenblöcken dar (Abbildung 3, vorne). Zwei Geräte dieser Serie in der Sammlung Schoenemann aus den Jahren 1985 und 1987 ergänzen den vorhandenen Bestand (Inv.-Nr. III S23–25).
Die vorgestellten »Meilensteine« aus der Frühzeit der EDV werden Mitte der 1980er-Jahre von den ersten kleinen Apothekencomputern abgelöst. Exemplarisch dafür ist der »Lauer2 in 1« aus dem Jahr 1986, auch bekannt als »Lauer Frosch«.
Das von der Firma Pharma Daig und Lauer KG (Fürth, heute CGM Lauer) in Zusammenarbeit mit verschiedenen Elektronikfirmen entwickelte Computersystem eroberte ab 1986 als eines der ersten Tischgeräte mit integriertem Bildschirm und ausziehbarer Tastatur den Markt. Es war ein speziell für die Lauer-Taxe entwickeltes System, das noch 1990 als schnellstes System in der Branche galt (Schaber, 1990, S. 24).
Abbildung 4 (von links): Andreas Weidmann (Standortadministrator CGM Lauer Fürth), Museumsdirektorin Dr. Elisabeth Huwer und Wolfgang Haag (Softwareentwicklungsleiter CGM Lauer Fürth) bei der Übergabe des Lauer 2 in 1 »Frosch« im März 2023 am Standort in Fürth / Foto: CGM Lauer
Lange suchte das Museum nach diesem kompakt designten Technikdenkmal. Der direkte Kontakt zu CGM Lauer, Fürth, führte schließlich zum Ziel. Bei einem Besuch der Museumsdirektorin Dr. Elisabeth Huwer am Firmenstandort in Fürth im März 2023 wurde ein »Lauer Frosch« als Schenkung an das Deutsche Apotheken-Museum übergeben (Inv.-Nr. III S 14, Abbildung 4).
Mit 8 Bit stellt er ein Übergangsmodell zum Nachfolger mit 16 Bit dar und wurde in der Firma als sogenannte »Mutter« verwendet. Von diesem Gerät aus wurden die auszuliefernden Lauer-Frösche mit aktuellen Daten bestückt. Ausgestattet mit einem 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk für 512 KB steht es auch für die angebrochene neue Ära der Datenspeicherung auf kleinen Disketten. Mit einem Leseschlitz am Bildschirmrand ist die Nutzung der ABDA-Lochkärtchen weiterhin möglich.
Wir hoffen, demnächst Belege für weitere wegweisende Geräte, zum Beispiel von der Firma FSW Fischer Software GmbH (Stuttgart), zu erhalten.
Foto: DAM
Natürlich kamen auch jenseits technischer Apparaturen wertvolle Objekte in den Museumsbestand. Hervorzuheben ist die doch noch geglückte Aufnahme einer der seltenen Sirupkannen aus der Durlacher Manufaktur (Inv.-Nr. IIE 1005). Einst zierte sie die Offizin des Klosters Schwarzach, deren Mobiliar seit Jahrzehnten ein Glanzstück des Heidelberger Museums ist. Die Kanne war bei Ebay versteigert worden. Der Käufer wandte sich mit Fragen an das Museum und entschloss sich in der Folge, das besondere Stück zugunsten der Rückkehr an seinen ursprünglichen Standort großmütig als Schenkung an das Museum zu übergeben.
Auch fünf einfache zylindrische Apothekengefäße der Kron-Apotheke Ulm aus dem frühen Kunststoff Bakkelit faszinieren als Zeitzeugnisse. Ursprünglich als Kartuschen für Wehrmachtsmunition gefertigt, wurden sie nach der Zerstörung der Kron-Apotheke im Jahr 1945 in deren Notquartier als Standgefäße umfunktioniert (Inv.-Nr. II H 0012–0016).