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Covid-19

Wer wirklich nicht geimpft werden kann

Die Diskussion über eine Covid-19-Impfpflicht in Deutschland führt unter anderem zu der Frage, welche medizinischen Gründe bei Einzelpersonen gegen eine solche Impfung sprechen. Echte Kontraindikationen gibt es kaum. Meist sind Alternativen möglich.
AutorKontaktLaura Rudolph
AutorKontaktChristina Hohmann-Jeddi
Datum 15.01.2022  08:30 Uhr

»Es gibt nur sehr wenige Gründe, warum eine Person sich dauerhaft oder vorübergehend nicht gegen Covid-19 impfen lassen kann«, informiert das Robert-Koch-Institut (RKI). So sollte bei akuten Infekten und Fieber ab 38,5 °C nicht geimpft, sondern generell bis nach der Genesung mit der Immunisierung gewartet werden. Zudem sollten Schwangere im ersten Schwangerschaftsdrittel keine Impfung erhalten.

Dies sind temporäre Hinderungsgründe, langfristige gibt es dagegen kaum. Diese tatsächlichen Kontraindikationen sind in den Produktinformationen zu den einzelnen Impfstoffen aufgeführt. Für alle derzeit in Deutschland eingesetzten Covid-19-Impfstoffe stellt eine bekannte Überempfindlichkeit gegen einen oder mehrere Inhaltsstoffe der Impfpräparate ein Ausschlusskriterium für eine Impfung mit dem jeweiligen Präparat dar. Das gilt insbesondere bei einer schweren, IgE-vermittelten allergischen Reaktion oder einer Anaphylaxie auf dieses in der Vergangenheit.

Die beiden mRNA-Impfstoffe Comirnaty® (Biontech/Pfizer) und Spikevax® (Moderna) enthalten mRNA in Lipidnanopartikeln, welche stellenweise mit dem potenziellen Allergen Polyethylenglykol (PEG) vernetzt sind. Bei den beiden Vektorimpfstoffen Vaxzevria® (Astra-Zeneca) und Covid-19 Vaccine Janssen (Johnson & Johnson) sowie bei dem proteinbasierten Impfstoff Nuvaxovid® (Novavax) sind vor allem die enthaltenen Polysorbate allergieauslösend.

Hierzu informiert der Ärzteverband deutscher Allergologen (AEDA) in einer Broschüre: Im Fall einer Allergie gegen Bestandteile eines bestimmten Präparates könne unter Berücksichtigung von Kreuzallergien auf ein anderes Präparat ausgewichen werden. Das bedeutet, Personen mit nachgewiesener PEG-Allergie könnten mit einem Vektorimpfstoff und Personen mit Polysorbat-Allergie mit einem mRNA-Impfstoff geimpft werden. »Wir haben sehr gute Erfahrungen mit solchen Ausweichimpfungen gemacht«, bestätigte der AEDA-Präsident Professor Dr. Ludger Klimek auf Nachfrage der Pharmazeutischen Zeitung. Eine Kreuzreaktion, die zwischen PEG und Polysorbaten möglich wäre, trete so gut wie nie auf.

Neben den genannten Allergien auf Impfstoffbestandteile sind in den Produktinformationen der beiden Vektorimpfstoffe zwei weitere Kontraindikationen aufgeführt: ein Kapillarlecksyndrom in der Vorgeschichte oder ein bestätigtes Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom nach einer Covid-19-Impfung. Auch hier ist nach Arztrücksprache gegebenenfalls ein Wechsel auf einen mRNA-Impfstoff möglich. Und hier endet die Liste der absoluten Kontraindikationen.

Vorsicht ist allerdings bei einer Myo- oder Perikarditis in der Vorgeschichte geboten, die auch in Zusammenhang mit mRNA-Impfstoffen auftreten können. In den Produktinformationen sind die entzündlichen Herzerkrankungen zwar nicht als Kontraindikation aufgeführt, doch die Ständige Impfkommission (STIKO) rät, dass nach Auftreten einer Myo- oder Perikarditis nach mRNA-Impfung auf die Verabreichung weiterer mRNA-Impfstoffdosen verzichtet werden sollte. Eine erneute Impfung mit einem mRNA-Impfstoff oder einem anderen Covid-19-Impfstoff könne aber im Einzelfall erwogen werden, wenn ein hohes individuelles Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf oder ein hohes individuelles Infektionsrisiko vorliege.

Impfen unter erhöhter Notfallbereitschaft

Auch wenn keine absolute Kontraindikation gegen eine Covid-19-Impfung vorliegt, gilt es in bestimmten Fällen bei Einzelpersonen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Professor Dr. Christoph Sarrazin, Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), erklärt hierzu gegenüber der PZ: »Aus meiner Sicht gibt es praktisch keine weiteren allgemeinen Kontraindikationen gegen eine der zugelassenen Coronaimpfungen, die über die in der Fachinformation genannten Überempfindlichkeitsreaktionen gegen Inhaltsstoffe der Vakzine oder den Impfstoff selbst hinausgehen.« Allerdings sei immer dann eine relative Kontraindikation gegeben, wenn ein Patient bereits in der Vergangenheit eine schwere Nebenwirkung, etwa eine Autoimmunreaktion bis hin zum Organversagen, auf eine Impfung gehabt habe, erklärt der Direktor des Zentrums für Innere Medizin und Medizinische Klinik 2 am St. Josefs-Hospital Wiesbaden. Auch wenn hier entsprechende Evidenzen fehlten, sei die Sorge vor einer erneuten ähnlichen Reaktion nachvollziehbar.

Wie im Fall einer bekannten Allergie auf eine vorherige Impfung vorzugehen ist, zeigt ein Schaubild des RKI und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) in Zusammenarbeit mit allergologischen Fachgesellschaften Deutschlands. Demnach ist eine schwere allergische Reaktion auf einen Bestandteil einer anderen Impfung, der nicht in den Covid-19-mRNA-Impfstoffen enthalten ist, keine Kontraindikation für eine Covid-19-Impfung mit einem mRNA-Präparat. Allerdings bestehe hier ein erhöhtes Risikopotenzial. Deshalb sollte die Impfung unter erhöhter Notfallbereitschaft erfolgen und die Nachbeobachtungszeit mindestens 30 Minuten betragen. Dasselbe gilt für eine Mastozytose und einer monosymptomatischen Allergiemanifestation nach einer vorhergehenden mRNA-Impfung.

Was keine Hinderungsgründe sind

Es kursieren viele Gerüchte über weitere mögliche Kontraindikationen, die in der Regel jedoch keine sind. So stellen etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Asthma, Diabetes, Rheuma, Krebs oder schwere psychische Erkrankungen keine Kontraindikation, sondern im Gegenteil einen guten medizinischen Grund für eine Covid-19-Impfung dar. Viele chronisch Erkrankte haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf und profitieren von einer Impfung.

So können etwa Rheumapatienten ebenso wie Patienten in onkologischer Behandlung gegen Covid-19 geimpft werden. Das betonen in Stellungnahmen die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie. Von den Onkologen heißt es: »Es gibt keine krebsspezifischen Kontraindikationen gegen eine Covid-19-Impfung. Allerdings ist der Schutz durch die Impfungen und eine durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion bei Krebspatientinnen und Krebspatienten individuell variabel, bei einigen möglicherweise schwächer als bei Gesunden.« Eine besondere Gruppe seien Patienten unter B-Zell-depletierender Therapie, da bei ihnen die Antikörperantwort therapiebedingt ausfällt. Für diese Patienten sei eine Covid-19-Impfung aber »nicht schädlich und kann im Einzelfall wegen potenzieller T-Zell-vermittelter Immunität dennoch einen leichten Benefit bringen.«

Als weitere »falsche« Kontraindikationen nennt das RKI die Einnahme blutverdünnender Medikamente sowie eine Antibiotika- oder Corticosteroid-Behandlung. Ebenfalls nicht gegen eine Covid-19-Impfung sprechen vorbestehende neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, chronische Erkrankungen wie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder Allergien, die sich nicht gegen Bestandteile eines Covid-19-Impfstoffes richten.

Was tun bei Spritzenphobie?

Angstpatienten mit einer Spritzen-, Blut und Verletzungsphobie fällt eine Impfung sehr schwer. Die gesamte Lebenszeitprävalenz dieser speziellen Angsterkrankung beträgt etwa 3 Prozent. Welche Lösungsansätze es gibt, erklärt Professor Dr. Angelika Erhardt, Oberärztin und Leiterin der Ambulanz für Angsterkrankungen am Max-Planck-Institut für Psychiatrie, gegenüber der PZ: »Die Angst vor Blutabnahmen, Impfungen oder kleinen Eingriffen kann so stark sein, dass Betroffene notwendige medizinische Eingriffe oder auch Vorsorgemaßnahmen nur unter sehr hoher Belastung oder gar nicht wahrnehmen. Die Spritzenphobie muss dennoch keine Kontraindikation gegen eine Covid-19-Impfung darstellen, da sie gut behandelbar ist.«

Die sogenannte In-vivo-Exposition sei die Therapie der Wahl bei einer Spritzenphobie. Am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München werde für betroffene Patienten eine Kurzintervention mit sechs Sitzungen angeboten. »Die Betroffenen sehen sich zunächst gemeinsam mit Therapeuten Bilder und dann Filme der Situation an, bis sie so weit sind, eine Spritze zu erhalten«, erklärt Erhardt. Die Angst sei nach der Therapie nicht komplett weg, aber Impfungen seien in der Regel gut durchführbar. Bei sehr stark ausgeprägter Spritzenphobie sei eine Impfung allerdings erst nach längerfristiger therapeutischer Intervention möglich.

Atteste zur Impfbefreiung stark begehrt

Wie stark nachgefragt medizinische Atteste zur Freistellung von der Coronaimpfung derzeit sind, berichtet Professor Dr. Markus Lerch, DGIM-Vorsitzender und Vorstandsvorsitzender des LMU Klinikums München, gegenüber der PZ. »Klinikärzte und Niedergelassene können sich der Anfragen kaum erwehren.« Am LMU Klinikum habe man den ärztlichen Kollegen geraten, wenn sie nicht in eine dauerhafte Behandlung des Patienten eingebunden waren, keine solchen Atteste auszustellen und an die zuständigen Amtsärzte zu verweisen.

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