Wer aktiv bleibt, ist länger fit |
Dass körperliche Aktivität kognitive Leistungen positiv zu beeinflussen mag, ist schon lange bekannt. Die Effekte waren etwa nach etwa drei bis sechs Monaten nachweisbar, wenn Studienteilnehmer mindestens zweimal pro Woche für etwa je eine Stunde in der Turnhalle zum Workout gingen, beim Aquajogging aktiv waren oder auf der Tartanbahn ihre Runden drehten. Dann hatten Aufmerksamkeit, Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit genauso wie die Gedächtnisleistung zugenommen. Selbst das Vokalbellernen fällt leichter und klappt schneller, wenn es während eines Spazierganges passiert, wissen Hirnforscher.
Dass Aktivität nicht von heute auf morgen Früchte in Form besserer kognitiver Werte tragen kann, deckt sich laut Schott auch mit der sogenannten Aufwands-Hypothese. »Wenn ich meinen inneren Schweinehund überwunden habe und zum Training gegangen bin, fühle ich mich gut. Das implementiere ich nach einer gewissen Zeit in mein Verhaltensmuster und gehe wieder hin. Gemäß der Theorie des geplanten Verhaltens braucht es etwa ein halbes Jahr, bis wir unser Verhalten dauerhaft umsetzen«, sagt die Professorin für Psychologie und Bewegungswissenschaften. Förderlich dabei sei freilich, das für sich passende Bewegungsformat zu finden.
Wie kann man sich die ablaufenden Prozesse auf molekularer, struktureller und funktionaler Ebene im Gehirn vorstellen? »Verschiedene Trainingsformen wie Ausdauer- und Krafttraining, Tanz oder auch Tai-Chi stimulieren die Produktion sowohl von Exerkinen, Myokinen als auch von Wachstumsfaktoren wie etwa dem BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor) oder dem IGF 1 (Insulin-like Growth Factor). Weil das Gehirn ein plastisches Gewebe ist, sorgen Trainingsreize zudem für eine verbesserte Synaptogenese; Nervenzellen werden neu gebildet, die zerebrale Blutversorgung steigt und die funktionale Konnektivität innerhalb des Gehirns wird verbessert. Diese Veränderungen könne sich in Verbesserungen des Gedächtnisses, aber auch von anderen kognitiven Funktionen niederschlagen«, erklärt Schott.
Vor allem neu zu lernende motorische Fertigkeiten bringen automatisch Herausforderungen für das Gehirn mit sich. Komplexe Bewegungen, wie die Schrittfolgen beim Tanzen oder auch bei Aktivitäten in der Natur, erfordern erhöhte Konzentration. »Das verstärkt die neuronale Aktivität und wirkt sich positiv auf die oben genannten Wachstumsfaktoren aus. Dadurch lernen die Systeme, und so verbessern sich vor allem bei den Nervenbahnen die Reizschwelle und die Reizfrequenz.«
Stete Trainingsreize lassen jene Region im Hirn wachsen, die zuständig für das Lernen und das Gedächtnis ist, den Hippocampus. »Das ist äußerst günstig – wo doch bekannt ist, dass das Gehirnvolumen zwischen dem 50. und 80. Lebensjahr rund zehn Prozent abnimmt und dabei vor allem der Hippocampus und der Frontallappen schrumpfen. Im Alter kognitive Herausforderungen zu suchen, damit das Gehirn in Form bleibt, wirkt also dem Abbau entgegen«, formuliert es die Expertin.