Wer aktiv bleibt, ist länger fit |
»Übungen mit Maschinen sind zum Start für ältere Erwachsene prima, um einen Einstieg ins Krafttraining zu finden. Dabei handelt es sich um sehr geführte Bewegungen, es ist immer nur ein Gelenk beteiligt. Ich propagiere jedoch das Freihanteltraining, weil der Körper damit viel näher an der Realität trainiert wird. Macht man zum Beispiel mit der Hantel eine Kniebeuge, ist das wie das Setzen auf die Toilettenbrille. Benutzt man mit der Hantelstange im Rücken den Stepper, trainiert das fürs Treppensteigen mit Einkaufstüten.«
Schott weist darauf hin, dass mit den Jahren vor allem Muskelfasern des schnellen, sogenannten Fast-Twitch- oder weißen Typs verloren gehen, also derjenige Muskelfasertyp, der kräftige Kontraktionen ermöglicht, der beim Hüpfen, Springen und einen Sturz verhindern hilft. Die roten Muskelfasern sind dagegen unsere Alltags-Dauer-Muskeln, die den ganzen Tag für uns aktiv sind. Sie sorgen für Haltung und helfen beim Ergreifen eines Gegenstandes. Weil sie sehr sauerstoffreich versorgt sind, sind sie rot. Sie sprechen auf Reize langsamer an, haben eine längere Kontraktionszeit, ermüden aber auch sehr viel langsamer.
Der rote Muskelfasertyp (Slow-Twitch-Faser), der bei ausdauernden Bewegungen gefordert wird, spricht auf Reize langsamer an, hat dabei eine längere Kontraktionszeit, ermüdet aber viel langsamer. Der weiße Muskelfasertyp (Fast-Twitch-Faser) kann sehr schnell reagieren und ermöglicht kräftige, kurze Kontraktionen. Er ermüdet schnell. / © Sabine Kranz
Dies gelte es, mit einem angepassten Training zu berücksichtigen. Der Unterschied im Training besteht darin, dass man die weißen Muskelfasern nur mit hohen Lasten aktivieren kann und die roten mit niedrigen Aktivitäten. »Wenn wir walken, trainieren wir die roten Muskelfasern. Damit betreiben wir Kardiotraining. Die weißen Muskelfasern bleiben jedoch unerreicht und bauen sich deshalb ab. Sie sind dann für schnelle Bewegungen nicht mehr rekrutierbar. Insofern ist Krafttraining wie mit der Freihantel ideal, das fordert die weißen Muskeln«, weiß die Sportwissenschaftlerin.
Beruhigend ist ihr Hinweis, dass es nie zu spät für eine Trendwende ist. »Freilich ist ein Mensch im Vorteil, der bereits in jungen Jahren intensiver Sport betrieben und sich gesund ernährt hat. Aber Trainingseffekte können auch frappierend sein, wenn sie erst mit 50, 60 oder 70 einsetzen. Auch mit 90 geht noch was, wie mir mein ältester Studienteilnehmer bewies. Natürlich spielt auch der Ausgangspunkt eine Rolle. Trainierte 70-Jährige erreichen mit ein bisschen Bewegung gar nichts. Die Muskelkraft eines untrainierten 70-Jährigen lässt sich dagegen mit systematischem Krafttraining erheblich steigern.«
Sie sieht trainierte Muskeln gewissermaßen als Altersvorsorge. Kann entsprechendes Funktions- und Krafttraining den Eintritt in ein Pflegeheim hinauszögern? Dass dies funktioniert, ist sich Schott ganz sicher. Dies zu dokumentieren, soll Ziel ihrer nächsten Studien sein.