Wenn Zwänge das Leben bestimmen |
Bei leichten bis mittelgradigen Ausprägungen von Zwangserkrankungen, so Röttgers weiter, hat sich die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) bewährt, bei der Betroffene mit den Auslösern ihres zwanghaften Verhaltens konfrontiert werden. Die langandauernde Reizkonfrontation unter therapeutischer Anleitung begünstigt problemorientierte Habituationsprozesse und erlaubt den Aufbau neuer Verhaltensmuster, betonte er.
Die kognitive Verhaltenstherapie ist als Gruppen- oder Einzeltherapie möglich. In der Regel umfasst sie eine Reihe wöchentlicher Sitzungen von 50 Minuten. Manchen Menschen geht es dann bereits besser. Bei anderen sind längere Behandlungszeiträume erforderlich. Es wird die Einbeziehung von engen Bezugspersonen bei der Durchführung einer KVT empfohlen.
Der Psychologe führte des Weiteren aus, dass bei schweren Ausprägungen von Zwangshandlungen und -gedanken sowie depressiver Komorbidität die KVT mit einer Pharmakotherapie kombiniert werden kann. Dabei hätten sich Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) als Mittel der ersten Wahl bewährt.
Aufgrund der höheren Nebenwirkungsrate und der potenziell gefährlicheren kardialen Nebenwirkungen werde Clomipramin als Zweite-Wahl-Medikament eingestuft, das in der Therapie von Zwangsstörungen zum Einsatz kommt, wenn Patienten auf SSRI nicht ansprechen oder diese nicht tolerieren. Zudem könne bei schweren Verläufen die zusätzliche Gabe atypischer Neuroleptika weitere Vorteile bringen.
Benzodiazepine seien in der Krisenintervention hilfreich, wirken aber nicht ursächlich auf die Zwangsstörung. Andere Substanzklassen, so Noradrenalin- oder MAO-Hemmer, zeigen bei Zwängen keine Wirkung, so Röttgers.
Sofern erfolgreich, sollte die Pharmakotherapie zur Vermeidung von Rückfällen ein bis zwei Jahre fortgesetzt werden. Das Absetzen sollte über einen Zeitraum von mehreren Monaten unter kontinuierlicher Symptombeobachtung erfolgen. Röttgers hob die professionelle Beratung und Information in der Apotheke als bedeutsam zur Sicherung und Stärkung der Compliance hervor. Überhaupt komme der psychoedukativen Intervention eine wichtige Rolle zu.
Psychoedukative Maßnahmen müssten dabei leitliniengemäß konkret die Aufklärung über das Krankheitsbild, die Wissensvermittlung hinsichtlich Ursachen, Triggerfaktoren und Pathogenese, die Schilderung aller verfügbaren Behandlungsoptionen einschließlich der Wirkmechanismen der eingesetzten Medikamente sowie das Angebot eines effektiven Selbstmanagementkonzeptes umfassen. »Die professionelle Aufklärung und Information in der Apotheke als A und O jeder medikamentösen Behandlung trägt entscheidend zum Therapieerfolg bei«, unterstrich Röttgers.