Weniger Covid-19-Todesfälle in Regionen mit hoher Durchimpfungsrate |
Theo Dingermann |
29.04.2022 11:30 Uhr |
Je mehr Menschen in einem Landkreis sich gegen Covid-19 haben impfen lassen, desto stärker geht die Zahl der Covid-19-assoziierten Sterbefälle zurück. Das zeigt ein Vergleich von fast 2600 Landkreisen in den USA. / Foto: Getty Images/LifestyleVisuals
Die Pandemie hat nach zwei Jahren enorme Spuren hinterlassen. In den USA starben zwischenzeitlich mehr Menschen an Covid-19 als an der Spanischen Grippe von 1918, die bisher als die tödlichste Pandemie der jüngeren Geschichte gilt. Zudem hatte die Pandemie neben den Covid-19-bedingten Todesfällen auch indirekte Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit. Dies lässt sich unter anderem an der Übersterblichkeit und der verringerten Lebenserwartung ablesen. In den USA sank die Lebenserwartung von 2019 bis 2020 um 1,5 Jahre, der bisher größte Rückgang der Lebenserwartung seit dem Zweiten Weltkrieg.
Wissenschaftler um Amitabh Bipin Suthar von den Centers for Disease Control and Prevention, in Atlanta sind der Frage nachgegangen, wie die Impfung gegen schwere Covid-19-Verläufe diesen negativen Auswirkungen der Pandemie entgegenwirkte. Auf Basis epidemiologischer Daten zeigen sie, dass in besser geimpften Gemeinden weniger Menschen an Covid-19 starben. Die Arbeit wurde im »British Medical Journal« (The BMJ) publiziert.
Das Forscherteam aus Epidemiologen und Statistikern wertete Daten aus 2558 Landkreisen in 48 US-Bundesstaaten aus, die im zweiten Jahr der Pandemie zwischen Dezember 2020 und Dezember 2021 gemeldet wurden. In diesem Zeitraum dominierten die Alpha- und Delta-Varianten von SARS-CoV-2. Insgesamt analysierten die Wissenschaftler 30.643.878 Fälle von Covid-19 und 439.682 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19.
Zur Quantifizierung der Wirksamkeit eines Impfschutzes verglichen die Wissenschaftler, die gemeldeten Covid-19-Inzidenz- und Sterberaten in Landkreisen mit sehr niedrigen (0 bis 9 Prozent), niedrigen (10 bis 39 Prozent), mittleren (40 bis 69 Prozent) und hohen (70 Prozent und mehr) Durchimpfungsraten, die sie als den Prozentsatz der Erwachsenen (ab 18 Jahren) definierten, die mindestens eine Dosis eines Covid-19-Impfstoffs erhalten hatten.
Nach Korrektur der Daten für Störfaktoren ergab sich ein klares Bild: In den Regionen, in denen relativ wenig Covid-19-bedingte Sterbefälle gemeldet worden waren, lagen die Durchimpfungsraten signifikant höher als in den Regionen, in denen wenig geimpft worden war. Mit einer Steigerung der Durchimpfungsrate um 10 Prozent ging ein Rückgang der Sterblichkeitsrate um 8 Prozent einher. Zudem sank die Inzidenzrate um 7 Prozent.
Beispielsweise führte in der ersten Hälfte des Jahres 2021, als die Alpha-Variante des Coronavirus dominierte, die Impfung zu einer Senkung der Sterblichkeitsrate von Covid-19 um 60 Prozent, 75 Prozent und 81 Prozent in Bezirken mit niedriger, mittlerer beziehungsweise hoher Impfrate, verglichen mit Landkreisen, in denen die Durchimpfungsrate sehr gering war. Entsprechend stellten sich 57 Prozent, 70 Prozent und 80 Prozent niedrigere Coronainfektions-Inzidenzen ein.
Ähnliche Senkungen der Sterblichkeit wurden auch in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 beobachtet, als die Delta-Variante in den USA dominant wurde, wenn auch mit geringeren Auswirkungen auf die Fallzahlen. Insgesamt zeige die Ergebnisse, dass eine hohe Durchimpfungsrate in einer um mehr als 80 Prozent niedrigere Sterblichkeitsrate resultierte im Vergleich zu Regionen, in denen wenig geimpft wurde.
Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass hier nur ein Aspekt der Bedeutung der Coronaimpfung untersucht wurde. In künftigen Studien lassen sich analog auch die Auswirkungen einer guten Durchimpfungsrate auf makroökonomische Aspekte einer Verbesserung der Bevölkerungsgesundheit analysieren, wie zum Beispiel die Auswirkungen auf Beschäftigungsquoten und auf das Bruttoinlandsprodukt, so die Wissenschaftler.
Letztlich ist dies eine wichtige Studie, die zeigt, dass Impfungen die Krankheitslast in großem Umfang verhindern können, schreibt Professor Dr. Christopher Dye von der University of Oxford in einem begleitenden Editorial zu der Studie. Er resümiert, dass die Ergebnisse dieser Studie deutlich machen, dass viel mehr Leben hätten gerettet werden können, wenn es gelungen wäre, die Menschen angesichts der schwindenden Immunität und neuer Coronavirus-Varianten besser von der Notwendigkeit eines ausreichenden Impfschutzes zu überzeugen, um so eine noch höhere Abdeckung eines Immunschutzes in der Bevölkerung zu erreichen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.