Wenig appetitlich – aber anschaulich |
| Barbara Döring |
| 27.10.2025 07:00 Uhr |
»Zitrone auf Streichholz« ist eine wenig einfühlsame, aber einprägsame Beschreibung des Cushing-Syndroms. / © PZ/generiert mit KI
Als Ärzte und Chirurgen in früheren Zeiten den Körper untersuchten, um Physiologie und Krankheitsbilder zu beschreiben, konnten sie dafür noch nicht auf moderne Methoden wie mikroskopische und molekulare Diagnosetechniken zurückgreifen. Sie mussten sich auf ihre Beobachtungen verlassen und verwendeten daher leicht verständliche Beschreibungen, um Organe und Krankheiten zu erklären, erläutert Professor Dr. Adam Taylor, Anatom an der Lancaster University in Großbritannien, auf der Wissenschaftsplattform »The Conversation«.
Speisen waren vor diesem Hintergrund besonders praktisch, um den Körper im gesunden, wie im kranken Zustand zu beschreiben und das Beobachtete zu vermitteln. So vergleichen Mediziner die typische Form der Gebärmutter mit einer umgedrehten Birne, gesunde Eierstöcke haben die Form und Größe von Mandeln. Laut Taylor ermöglichen solche Bezeichnungen bei medizinischen oder bildgebenden Untersuchungen, Veränderungen schnell zu identifizieren.
Die Plazenta benannte ein italienischer Anatom im 16. Jahrhundert nach dem lateinischen Wort für einen fladenförmigen Kuchen. Indem Ärzte nach der Geburt diese typische Form der Nachgeburt überprüfen, stellen sie sicher, dass keine lebensbedrohliche Plazentaretention im Mutterleib vorliegt, erläutert Taylor.
Wenn Wörter von Eigennamen abgeleitet sind, spricht man von Eponymen. Diese Praxis wird bis heute genutzt, vor allem in der Pathologie. Forschende der Universität Central Florida, USA, untersuchten die Sinnhaftigkeit solcher Nahrungsmittel-Eponymen in der Medizin und fanden heraus, dass Studentinnen und Studenten die Begriffsanalogien in der Prüfungsvorbereitung und in der zukünftigen praktischen Ausbildung als hilfreich empfinden.
Treten etwa blumenkohlartige Veränderungen an den äußeren Geschlechtsteilen auf, ist das ein deutliches Zeichen, dass Papillomaviren im Spiel sind. Auch bestimmte Krebsarten wie das Plattenepithelkarzinom lassen sich anhand einer blumenkohlartigen Form erkennen. Erscheint der Ausfluss bei Frauen dicklich und weiß wie Hüttenkäse, ist das wiederum ein Zeichen einer Hefepilzinfektion.
Einzige Kritik an dieser gelebten Praxis: Manche Bezeichnungen könnten Patientinnen und Patienten als abwertend empfinden, etwa die »Zitrone auf Streichholz«, mit dem die äußere Erscheinung mit überdurchschnittlich großem Bauch und schlanken Beinen beschrieben wird, die beim Cushing-Syndrom auftreten kann und häufig durch Kortison-Medikation verursacht ist.