Welche Rolle spielt die Corona-Variante BQ.1.1.? |
Rückblick: Bereits seit Ende 2021 wird die Corona-Pandemie von der Omikron-Variante und deren Sublinien bestimmt. Sie war auf Delta und Alpha gefolgt. Auch wenn lange keine solche ganz neue, als besorgniserregend eingestufte Variante mehr aufgekommen ist: Das Virus mutiert weiter. Aber anders als zu Beginn.
Der Spezialist für Virus-Evolution Professor Dr. Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel spricht in einem von seiner Uni veröffentlichten Interview von einer eher allmählichen Entwicklungsdynamik, die interessanter sei als die großen Sprünge, die das Virus zuvor gemacht habe. Man habe mittlerweile eine bisher nicht gekannte Vielfalt an Varianten aus unterschiedlichen Zweigen des Omikron-Stammbaums, wurde der britische Virologe Tom Peacock kürzlich in einem «Nature»-Artikel zitiert. Auffällig: Unabhängig voneinander entwickelten viele dieser Omikron-Nachkommen die gleichen Mutationen des Spike-Proteins. Das ist die Stelle, mit der das Virus menschliche Zellen entert.
Cornelius Römer, ein Mitarbeiter Nehers, gab vor einigen Tagen auf Twitter die Einschätzung ab, dass BQ.1.1 in Europa und Nordamerika vor Ende November eine Welle verursachen werde. Er stützte sich auf die schnelle Zunahme der Sequenzen binnen kurzer Zeit. Auch für Neher ist plausibel, dass die Welle in einigen Wochen einen zusätzlichen Schub bekommt – sei es am Ende durch BQ.1.1 oder eine Mischung aus mehreren Varianten, wie er auf dpa-Anfrage mitteilte.
Ähnlich formulierte es der Charité-Impfstoffforscher Professor Dr. Leif Sander auf Twitter: Neben der BA.5-Herbstwelle, die sich derzeit rasch aufbaue, werde man es wohl recht sicher bald mit einer Variante zu tun bekommen, die der bestehenden Immunantwort stark ausweicht: «Der Winter kommt und er wird anscheinend echt anstrengend.» Diese sogenannte Immunflucht bedeutet aber nicht, dass zwangsläufig auch die Krankheitsverläufe wieder schwerer werden und man quasi am Beginn einer neuen Pandemie steht.
Die Immunologin Professor Dr. Christine Falk teilte auf Anfrage mit, dass die Mutationen von BQ.1.1 zwar auf eine möglicherweise effektivere Ansteckung schließen ließen, aber nicht auf ein Unterlaufen aller Abwehrlinien. Allein auf das Spike-Protein bezogen gebe es keine Hinweise auf eine Veränderung der Krankheitslast.
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