| Laura Rudolph |
| 01.06.2023 11:00 Uhr |
Gereinigtes Wasser (Aqua purificata) ist die in der Rezeptur wohl am häufigtsen geforderte Wasserqualität. / Foto: Getty Images/Megaflopp
Das Europäische Arzneibuch (Pharmacopoeia Europaea, Ph. Eur.) nennt derzeit vier Wasserqualitäten: Gereinigtes Wasser (Aqua purificata), Wasser für Injektionszwecke (Aqua ad injectabilia), Wasser zum Verdünnen konzentrierter Hämodialyselösungen und Wasser zur Herstellung von Extrakten. Sie unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich ihrer mikrobiellen Qualität, ihrer Leitfähigkeit und der geforderten Prüfungen.
Für die öffentliche Apotheke relevant ist vor allem das gereinigte Wasser, das zur Herstellung von Arzneimitteln dient, die weder steril noch pyrogenfrei sein müssen: Zubereitungen zur oralen Einnahme oder zur Anwendung auf der Haut, in der Mundhöhle oder am Ohr sowie rektale und vaginale Zubereitungen.
Ebenfalls häufig im Einsatz ist Wasser für Injektionszwecke. Es wird bei der Herstellung parenteraler Arzneimittel verwendet und empfiehlt sich ebenso für die Herstellung anderer wässriger Arzneimittel, die steril sein müssen, beispielsweise Augentropfen. Auch für Instillationslösungen zur intravesikalen Anwendung, Inhalationslösungen oder sterile, wässrige Zubereitungen zur topischen Anwendung ist Wasser für Injektionszwecke empfehlenswert.
Gereinigtes Wasser entsteht aus Trinkwasser durch Destillation, Umkehrosmose, Ionenaustauscher mit antimikrobieller Nachbehandlung oder andere geeignete Verfahren. Als Herstellungsmethode der Wahl empfiehlt die Arbeitshilfe der Bundesapothekerkammer (BAK) »Wasser als Ausgangsstoff für die Herstellung der Rezeptur- und Defekturarzneimittel und zur Rekonstitution« die Destillation. Sie garantiert die mikrobiologische Qualität, da vegetative Keime durch die Destillation sterben und Pyrogene nicht wasserdampfflüchtig sind.
Allein durch Ionenaustauscher gewonnenes demineralisiertes Wasser enthält mitunter extrem hohe Keimzahlen (Adsorption von Bakterien an großer Harzoberfläche, begünstigtes Keimwachstum während Stillstandzeiten). Um diese zu reduzieren, empfiehlt sich laut der BAK-Arbeitshilfe mindestens fünfminütiges Aufkochen oder eine Entkeimungsfiltration mit einer Porengröße von maximal 0,22 µm.
Erlaubt zur Herstellung von Wasser für Injektionszwecke sind lediglich die Destillation oder ihr gleichwertige Verfahren, beispielsweise eine ein- oder zweistufige Umkehrosmose in Verbindung mit Elektroionisation, Ultrafiltration oder Nanofiltration.
Bereits bei einer relativ kurzen Lagerungsdauer können sich Mikroorganismen in Wasser vermehren. Kohlenstoffdioxid und Ammoniak aus der Luft dienen als Nährstoffsubstrate, Umgebungswärme oder Lichteinstrahlung als Energiequelle. Da die monographierten Wasserqualitäten keine Konservierungsmittel enthalten dürfen, ist die mikrobielle Kontamination von vorneherein möglichst zu vermeiden.
Keime können sich bereits bei relativ kurzen Lagerungszeiten vermehren, insbesondere bei ungünstigen Bedingungen. Gereinigtes Wasser ist im Allgemeinen dicht verschlossen und lichtgeschützt, optimalerweise in sterilisierten Gefäßen, bei 2 bis 8 °C (Kühlschrank) zu lagern und innerhalb eines Arbeitstages zu verbrauchen. Ungeeignet sind Lagerplätze in der Nähe von Heizungen oder direkt am Fenster.
Apotheken können Gereinigtes Wasser auch als sogenanntes Bag-in-Box-System erwerben. Dieses besteht aus einem sterilisierten Beutel als Primärgebinde für das Wasser, einem Zapfhahn mit Originalitätsverschluss sowie einem Umkarton. Es sind Größen von mehreren Litern üblich. Nach Anbruch sind Bag-in-Box-Systeme in der Regel drei Monate haltbar. Diese Aufbrauchfrist setzt voraus, dass die mikrobielle Qualität des Wassers durch eine geeignete Lagerung und ein geeignetes Entnahmeverfahren gesichert sind.
Das Apothekenteam sollte in einer Standardarbeitsanweisung (SOP) die Entnahme und Lagerungsbedingungen dokumentieren und den Beutel mit dem Anbruchdatum versehen. Die mikrobiologische Belastung sollte mindestens zweimal jährlich geprüft werden – möglichst am Ende der Verwendbarkeitsfrist des angebrochenen Beutels oder wenn dieser fast leer ist.
Selbst gewonnenes Wasser für Injektionszwecke müsste bei mindestens 80 °C gelagert werden – was in der Apotheke in der Regel nicht umsetzbar ist. Apothekenteams beziehen Wasser für Injektionszwecke daher als Fertigarzneimittel, dessen Qualität ist bereits durch das Prüfzertifikat belegt ist. Es muss direkt nach Anbruch verwendet werden.
Wasser für Injektionszwecke: unmittelbarer Verbrauch
Gereinigtes Wasser: maximal 24 Stunden Lagerung, lichtgeschützt, optimal bei 2 bis 8 °C
Stellt die Apotheke selbst gereinigtes Wasser her, so ist Qualität durch das Gewinnungsverfahren sicherzustellen und insbesondere die mikrobiologische Qualität regelmäßig extern kontrollieren zu lassen.
Zur Überprüfung der mikrobiologischen Wasserqualität schreibt das Ph. Eur. die Membranfiltration mit einer Porengröße von maximal 0,45 µm vor. Praktisch wird dabei das Wasser in einen Trichteraufsatz mit einer Membran gegeben und über ein angeschlossenes Vakuum abgesaugt. Die Membran hält die Mikroorganismen zurück, die anschließend mindestens fünf Tage lang bei 30 bis 35 °C auf einem R2A-Agar (Reasoner’s 2A-Agar) kultiviert werden. Dieser Nährboden ist auch für Mikroorganismen geeignet, die an ein nährstoffarmes Milieu angepasst sind.
Apotheken haben die Möglichkeit, die mikrobielle Qualität des in der Rezeptur und Defektur verwendetem Wassers durch das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) prüfen zu lassen.
| Gereinigtes Wasser als Bulk | Wasser für Injektionszwecke als Bulk | |
|---|---|---|
| Herstellungsmethoden | Aus Trinkwasser durch Destillation, Ionenaustauscher mit mikrobieller Nachbehandlung, Umkehrosmose und andere geeignete Verfahren | Destillation und gleichwertige Verfahren |
| erlaubte Keimzahl (KBE: koloniebildende Einheit) | < 100 KBE/mL | < 10 KBE/100 mL |
| Bakterien-Endotoxine | < 0,25 I. E./ml | < 0,25 I. E./ml |
| (nur bei Verwendung zur Herstellung von Dialyselösungen) | ||
| Leitfähigkeit bei 20 °C | 4,3 µS/cm | 1,1 µS/cm |
| Gesamter organischer Kohlenstoff (TOC) | 0,5 mg/l | 0,5 mg/l |
| Nitrat | 0,2 ppm | 0,2 ppm |
| Aluminium | 10 ppb (bei Herstellung von Dialyselösungen) | 10 ppb (bei Herstellung von Dialyselösungen) |
| sonstiges | Frei von Zusatzstoffen |
In wenigen Fällen darf auch Trinkwasser in der Apotheke verwendet werden, etwa zur Rekonstitution von Antibiotika-Trockensäften – oder wenn ein Kunde nach einem Glas Wasser zur unmittelbaren Einnahme seines Arzneimittels fragt. Auch zur Vorreinigung von Geräten darf das Apothekenteam Trinkwasser nutzen.
Wasser in der Apotheke ist also keinesfalls gleich Wasser. Es ist ein bedeutender Ausgangsstoff in Rezeptur und Defektur und beeinflusst maßgeblich die Qualität der hergestellten Arzneimittel. Das Ph. Eur. macht daher Vorgaben zur Herstellung, Verwendung und Prüfung von Wasser für pharmazeutische Zwecke. Bei der apothekeneigenen Herstellung ist insbesondere auf die mikrobielle Qualität zu achten. Auch ist diese in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.