Was im Akutfall hilft |
Lippenherpes lässt sich gut topisch behandeln. Die Bläschen sollten dabei aber möglichst nicht berührt werden. / © Getty images/Elitsa Deykova
Wer ihn einmal hatte, wird ihn nicht wieder los: Die Rede ist von Lippenherpes. Übertragen wird der Erreger, das Herpes-simplex-Virus 1 (HSV-1), über Schmier- und Tröpfcheninfektionen. Oft passiert das unbemerkt bereits im Kleinkindalter. Es können aber auch ausgeprägte Symptome auftreten (Gingivostomatitis herpetica): kleine, schmerzhafte Bläschen auf dem Zahnfleisch und der Wangeninnenseite.
Verschiedene Faktoren können HSV-1 reaktivieren. Dazu gehören UV-Strahlung, aber auch fiebrige Infekte, die Menstruation, ein geschwächtes Immunsystem oder belastende Situationen. Betroffene spüren dann lokal im Bereich von Ober- oder Unterlippe ein Kribbeln und Spannen, später bilden sich flüssigkeitsgefüllte Bläschen (die Haut darunter ist gerötet), die im weiteren Verlauf eintrocknen, wobei sich eine Kruste bildet. Nach acht bis zehn Tagen heilen sie narbenfrei ab. Werden – etwa durch Berühren der offenen Bläschen mit den Fingern – Viren in andere Bereiche des Gesichtes »verschleppt«, kann es später auch dort zu Reaktivierungen der Infektion kommen, beispielsweise im Bereich der Nase oder der Augen.
In der Regel kann ein Lippenherpes im Rahmen der Selbstmedikation behandelt werden. Aber es gibt auch Ausnahmen. Sind Säuglinge oder Kleinkinder betroffen, sollte zum Arztbesuch geraten werden. Das gilt bei Betroffenen aller Altersgruppen auch für Herpesinfektionen, die bereits seit mindestens 14 Tagen andauern. Und auch Patienten mit geschwächtem Immunsystem durch eine Grunderkrankung, etwa eine HIV-Infektion, und/oder eine immunsupprimierende Therapie wie eine Chemotherapie sollten an den Arzt verwiesen werden.
Bei der Behandlung eines Lippenherpes im Rahmen der Selbstmedikation stehen topisch anwendbare Virostatika an erster Stelle. Verfügbar sind Aciclovir (zum Beispiel Zovirax®) und Penciclovir (zum Beispiel Pencivir®) sowie die Kombination aus Aciclovir und Hydrocortison (Zovirax® Duo). Sie sollen die Abheilungszeit verkürzen und Schmerzen lindern. Wichtig dabei ist, sie möglichst schon bei den ersten Anzeichen eines Herpes anzuwenden. Die Kombination mit Hydrocortison kann der Entstehung ulzerativer Läsionen entgegenwirken. Für den Heilungsverlauf wurden jedoch keine Unterschiede zwischen Monotherapie und Kombination festgestellt.
Für die Anwendung im Mund könnten nach einem entsprechenden Beschluss des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht bald Aciclovir-haltige Buccaltabletten hinzukommen. Bisher gibt es allerdings noch kein entsprechendes Präparat auf dem deutschen Markt.
Als pflanzliche Option steht ein wässriger Melissenextrakt (etwa Lomaherpan® Lippenpflegecreme) zur Verfügung. In kleinen klinischen und In-vitro-Studien wurden eine virostatische Wirkung und eine Linderung der Beschwerden gezeigt. Anders als bei Nukleosid-Analoga wurde bisher keine Resistenzbildung beobachtet. Auch für Melissenextrakt gilt: Er sollte so früh wie möglich angewendet werden. Als pflegende Option gibt es den Extrakt außerdem als Lippenpflegestift mit LSF 30 (Lomaprotect®). Andere Kosmetika können über dem Stift verwendet werden.
Um das Austrocknen der Herpesbläschen zu unterstützen, kommt traditionell Zinkpaste zum Einsatz. Eine schwache antiinfektive Wirkung wurde für Zinksulfat (etwa Virudermin®) beschrieben, das ebenfalls in Kombination mit Heparin verfügbar ist (zum Beispiel Lipactin®).
Wundsekret aufnehmen und eine mechanische Barriere zum betroffenen Hautareal bilden: Das erlauben Herpespflaster (zum Beispiel Compeed® Herpes Patches). Das Hydrokolloid-Pflaster verringert das Risiko, mit dem infizierten Bläscheninhalt in Kontakt zu kommen. Gleichzeitig wird die Gefahr von Sekundärinfektionen gesenkt. Häufig besteht der Wunsch, die unschönen Hauterscheinungen mit Make-up und/oder Lippenstift abzudecken. Dabei muss damit gerechnet werden, dass diese kontaminiert werden. Hier stellen Herpes-Patches eine hilfreiche Option dar, da sie überschminkt werden können.
Keine ausreichenden Wirksamkeitsbelege aus Studien gibt es für Nahrungsergänzungsmittel mit der essenziellen Aminosäure Lysin und für eine gezielte Wärmeanwendung, etwa mit dem Thermostift Herpotherm®.