Was die Entzündungswerte aussagen |
| Christina Hohmann-Jeddi |
| 18.10.2023 09:00 Uhr |
Rubor (Rötung), Calor (Überwärmung), Tumor (Schwellung), Dolor (Schmerz) und Functio laesa (eingeschränkte Funktion) sind die klassischen Entzündungszeichen. Auch die Blutwerte können Aufschluss über eine Entzündung geben. / Foto: Getty Images/Cavan Images
Infektionen, Fremdstoffe oder Gewebeschäden – verschiedene Reize können eine Entzündung im Körper auslösen. Bei dieser komplexen Abwehrreaktion des Immunsystems, die auch als Akute-Phase-Reaktion bezeichnet wird, setzen weiße Blutkörperchen (Leukozyten) verschiedene Botenstoffe wie Interleukine oder Interferone ins Blut frei, die unter anderem Immunzellen alarmieren. Sie aktivieren aber auch die Produktion von Plasmaproteinen, die helfen, den Entzündungsherd zu lokalisieren, zu begrenzen und zu sanieren.
Substanzen, deren Konzentration bei einer Entzündung ansteigt, werden Entzündungsmarker genannt. Sie werden bei Verdacht auf Entzündungen bestimmt und um den Schweregrad und die Art der Inflammation zu beurteilen. Relevant können die Marker bei einer Reihe von Erkrankungen sein, etwa bei Infektionen, Autoimmun- und Tumorerkrankungen.
Es gibt verschiedene Entzündungsmarker, die im Labor gemessen werden können. Einige der gebräuchlichsten sind das C-reaktive Protein (CRP), die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und die Leukozytenzahl.
CRP ist ein klassischer Entzündungswert. Das Protein wird in der Leber gebildet und gehört zu den Akute-Phase-Proteinen. Das bedeutet, dass seine Konzentration als Reaktion auf eine Infektion oder Gewebeschäden als Teil der unspezifischen Immunabwehr im Blut rasch ansteigt – meist innerhalb von 6 bis 48 Stunden. Seine Bildung wird unter anderem durch Interleukin 6 (IL-6) reguliert. CRP setzt eine Reihe von zellulären und humoralen Abwehrmechanismen in Gang und aktiviert unter anderem das Komplementsystem.
Das Protein kommt in geringen Mengen auch bei gesunden Menschen im Plasma vor. Als erhöht gelten Werte ab 5 mg/l. Je nach Analysemethode können andere Grenzwerte vorliegen. Sehr hohe CRP-Werte von 400 mg/l und darüber können bei starken Infektionen oder Verbrennungen und Sepsis erreicht werden. Neben den akuten Entzündungen können erhöhte Werte auch auf chronische Entzündungen hindeuten, etwa bei Morbus Crohn oder rheumatischen Erkrankungen. Auch ein Herzinfarkt oder bestimmte Krebserkrankungen können den CRP-Wert ansteigen lassen.
Die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), auch Erythrozyten-Sedimentationsrate (ESR) genannt, beschreibt die Geschwindigkeit, mit der sich rote Blutkörperchen in einem Röhrchen mit Citrat-Blut absetzen. Bei Entzündungen steigt die BSG in der Regel an. Das hat folgenden Grund: Die Oberfläche der roten Blutkörperchen ist negativ geladen, sodass sich die Zellen gegenseitig abstoßen und in Bewegung halten. Sind viele Plasmaproteine im Blut vorhanden, die sich an die Zellen anheften und die Ladung zum Teil aufheben, verbinden sich die Erythrozyten stärker und sinken somit schneller ab als normalerweise.
Für die Messung wird die Blutprobe mit Natriumcitrat versetzt, um die Gerinnung zu hemmen, und in spezielle Glasröhrchen mit Graduierung gefüllt. Nach einer Stunde wird dann die Länge der zellfreien Flüssigkeitssäule in Millimetern abgelesen. Bei jüngeren Männern sollte der BSG-Wert zwischen 3 und 11 mm liegen, ab 50 Jahren bei 3 bis 20 mm. Für Frauen gilt ein Normbereich von 6 bis 20 mm, ab 50 Jahren von 6 bis 30 mm. Die Angaben in der Fachliteratur schwanken hier aber.
Erhöhte Werte können auf akute oder chronische Entzündungen, zum Beispiel in Folge von Infektionen, auf Autoimmunerkrankungen, Sepsis, Tumorerkrankungen oder hämatologische Erkrankungen wie Anämien oder Leukämien hinweisen. Auch ein Herzinfarkt, eine Leberzirrhose oder ein Nephrotisches Syndrom, das bei verschiedenen Nierenerkrankungen auftritt, können die BSG erhöhen. Der Test ist sensitiv, aber wenig spezifisch – das heißt, über die Ursachen gibt er keinen Aufschluss. Zu beachten ist außerdem, dass die Einnahme von oralen Kontrazeptiva und das Vorliegen einer Schwangerschaft den Wert erhöhen können.
Die weißen Blutkörperchen sind ein wichtiger Teil des Immunsystems. Sie können anhand ihrer Größe und Struktur in Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten unterteilt werden, die sich in ihren Aufgaben gegenseitig ergänzen. Eine wichtige Funktion haben Leukozyten bei der Erregerabwehr. Ihre Zahl wird im Rahmen des kleinen Blutbilds aus einer mit dem Puffer EDTA versetzten Blutprobe mithilfe der Durchflusszytometrie bestimmt.
Der Referenzwert der Leukozytenzahl bei gesunden Erwachsenen liegt bei 4300 bis 10.000 Zellen pro mm3 Blut. Bei Kindern kann die Zellzahl deutlich höher liegen, ohne pathologisch zu sein. Erhöhte Werte können auf akute oder chronische Infektionen mit Bakterien, Pilzen oder Parasiten hindeuten. Aber auch maligne Tumoren, Herzinfarkt, akuter Blutverlust, Erkrankungen des Knochenmarks, Sepsis oder Verbrennungen kommen als Ursachen infrage. Die Einnahme von Cortison, Stress oder eine Schwangerschaft können ebenso zu einem Anstieg der Leukozytenzahl führen.
Als Ursache für verringerte Werte kommen Grippe-, Masern- oder Rötelnerkrankungen, Malaria, ebenfalls Sepsis sowie Autoimmunerkrankungen und schwerer Vitamin-B12-Mangel infrage. Auch Krebstherapien und manche Arzneimittel wie Antikonvulsiva, Thyreostatika, Phenothiazine und Aminopyrin können die Leukozytenzahl senken.
Neben den genannten Entzündungsmarkern können auch weitere Parameter bestimmt werden, etwa die Konzentration von Interleukinen im Blut (vor allem IL-6) oder von Procalcitonin, ein in der Schilddrüse gebildetes Prohormon des Calcitonins. Procalcitonin wird aus bisher nicht verstandenen Gründen bei bakteriellen Infektionen verstärkt gebildet und kann daher zur Unterscheidung zwischen bakteriellen und viralen Infektionen genutzt werden.
Insgesamt sind Entzündungsmarker wertvolle Werkzeuge in der Labordiagnostik, die helfen, Entzündungen zu identifizieren und zu überwachen, um sie angemessen behandeln zu können. Die Interpretation der Ergebnisse erfordert jedoch immer eine Abwägung des Gesamtbildes des Patienten und seiner Krankengeschichte. Da Entzündungsmarker in der Regel nicht spezifisch sind, werden weitere Untersuchungen benötigt, um ihre Ursache zu identifizieren. Da es zudem keinen eindeutigen Entzündungsmarker gibt, werden gleich mehrere Parameter zusammen bestimmt.
Was bedeutet ein Kreatininwert von 1,7 mg/dl? Worauf deutet ein erhöhter CRP-Wert hin? Solche Fragen können sich auch in der Apotheke bei der Beratung stellen. In einer Serie gibt die PZ einen Überblick über wichtige Laborparameter, die man durch Untersuchungen von Blut- oder Urinproben ermitteln kann.