Pharmazeutische Zeitung online
Organalterung

Was bei Senioren zu beachten ist

Immer mehr ältere, teils hochbetagte Patienten werden mit Arzneimitteln behandelt. Von zentraler Bedeutung für die Arzneistoffauswahl und -dosierung ist die altersbedingt nachlassende Organfunktion, insbesondere der wichtigsten Ausscheidungsorgane Niere und Leber.
Ulrich Jaehde
Lars Wismar
20.04.2023  11:00 Uhr

Weitere relevante Alterungsprozesse

Neben der Alterung der wichtigsten Ausscheidungsorgane treten weitere für die Pharmakotherapie relevante Veränderungen auf, unter anderem der Körperzusammensetzung. Der Fettanteil steigt mit zunehmendem Alter, während das Gesamtkörperwasser abnimmt. Es resultieren veränderte Verteilungsvolumina (9). Gleichzeitig nimmt das subkutane Fettgewebe im Alter ab. Die Haut insgesamt wird dünner, trockener und weniger durchblutet (10).

Die perorale Gabe von Arzneimitteln wird besonders durch Veränderungen des Verdauungssystems beeinflusst. Diese können bereits in der Mundhöhle mit Schluckbeschwerden beginnen. Im Magen kommt es zu einer verzögerten Entleerung und veränderten Säureproduktion, die sowohl reduziert als auch erhöht sein kann. Die für die Aufnahme eines Arzneistoffs relevante Resorptionsfläche im Darm reduziert sich bei gleichzeitiger Abnahme von Durchblutung und Motilität (11).

Aufgrund der nachlassenden Organfunktionen haben ältere Menschen ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW). Daher sind besondere Anstrengungen zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit notwendig. Im Mittelpunkt steht immer die Individualisierung der Therapie auf Basis der vollständigen Erfassung der Medikation einschließlich der Selbstmedikation. Im Folgenden werden vier Handlungsempfehlungen vorgestellt, mit denen die Risiken für UAW im Alter reduziert werden können.

Organfunktionen regelmäßig kontrollieren

Altersbedingte Veränderungen der Nierenfunktion zählen zu den wichtigsten physiologischen Faktoren, die UAW zur Folge haben können. Eine regelmäßige Kontrolle der Nierenfunktion sollte daher bei älteren Patienten Routine sein.

Die Nierenfunktion wird in der Regel anhand der Kreatinin-Clearance beurteilt, dem Quotienten aus Kreatinin-Urinausscheidung und Kreatinin-Serumkonzentration. Kreatinin ist ein Stoffwechselprodukt, das bei der Energieversorgung der Muskulatur aus Kreatin gebildet wird. Die renale Kreatinin-Ausscheidung verringert sich aufgrund der abnehmenden Muskelmasse im Alter, während die Serumkonzentration konstant bleibt. Die Kreatinin-Clearance nimmt somit als Quotient der beiden physiologisch ab (Abbildung 1) (12).

Zur Bestimmung der Kreatinin-Clearance ist es notwendig, den Urin des Patienten zu sammeln, was in der Praxis schwierig ist. Daher wird sie meist anhand verschiedener Formeln, zum Beispiel der Cockcroft-Gault-Formel, MDRD-Formel oder CKD-EPI-Formel, abgeschätzt. Am genauesten ist die CKD-EPI-Formel, die aus vier Gleichungen besteht und die Kreatinin-Serumkonzentration je nach Geschlecht berücksichtigt (bei Frauen unter oder über 0,7 mg/dl; bei Männern unter oder über 0,9 mg/dl) (13).

Bei älteren Patienten stoßen alle genannten Formeln aufgrund der geringen Muskelmasse an ihre Grenzen. Wenn Zweifel an der über Kreatinin geschätzten GFR (glomeruläre Filtrationsrate) bestehen, kann das endogene Protein Cystatin C zur GFR-Schätzung herangezogen werden. Dessen Serumkonzentration wird nicht durch Alter, Geschlecht oder Muskelmasse beeinflusst (12).

Mittlerweile wird für die Feststellung einer chronischen Nierenerkrankung nicht mehr ausschließlich die Nierenfunktion herangezogen. Nach KDIGO (Kidney Disease Improving Global Outcome) ist eine CKD (Chronic Kidney Disease) definiert als Veränderung der Struktur oder Funktion der Niere, die mindestens drei Monate andauert und gesundheitlich relevant ist. Klassifiziert wird sie neben der GFR auch durch das Auftreten und den Grad einer Albuminurie (14). Da Albumin physiologisch kaum über den Urin ausgeschieden wird, wird diese mit einer Nierenschädigung assoziiert.

Die Einschätzung der Leberfunktion ist in der Routine deutlich schwieriger, da es keinen Parameter gibt, der die Leberfunktion vollumfänglich abbildet. Daher werden häufig Scores wie der Child-Pugh-Score verwendet (Tabelle 1). Dieser dient der Bestimmung des Schweregrads der Leberschädigung bei einer Leberzirrhose. Die gemeinsame Bewertung von fünf leberabhängigen Parametern erlaubt einen Rückschluss auf die Funktionsfähigkeit des Organs.

Parameter 1 Punkt 2 Punkte 3 Punkte
Grad der Enzephalopathie I bis II III bis IV
Aszites leicht mittelgradig
Bilirubin (mg/dl) < 2 2 bis 3 > 3
Albumin (g/dl) > 3,5 2,8 bis 3,5 < 2,8
INR < 1,7 1,7 bis 2,2 > 2,2
Tabelle 1: Berechnung des Child-Pugh-Score; 5 bis 6 Punkte: leichte Dysfunktion; 7 bis 9 Punkte: mittelgradige Dysfunktion; mehr als 9 Punkte: schwere Dysfunktion (15)

Albumin und Bilirubin eignen sich als nicht enzymatische Lebermarker, da Albumin in der Leber gebildet wird, während Bilirubin nach Kopplung an Glucuronsäure in der Leber biliär ausgeschieden wird.

Der INR-Wert hängt neben dem Vitamin K als Kofaktor auch von der Synthese von Gerinnungsfaktoren ab, die in der Leber stattfindet (15).

Die hepatische Enzephalopathie resultiert aus einem verminderten Abbau von Schadstoffen, zum Beispiel Ammoniak in der Leber, ein Aszites unter anderem aus dem verminderten kolloidosmotischen Druck im Blut durch Albuminmangel.

Als einzelne enzymatische Marker werden neben den Transaminasen Alanin-Aminotransferase (ALT, früher GPT) und Aspartat-Aminotransferase (AST, früher GOT) auch die alkalische Phosphatase und die Gamma-Glutamyltransferase genutzt. Allerdings sind diese Marker recht unspezifisch und ermöglichen keinen direkten Rückschluss auf die Leberfunktion (15).

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa