Was Apotheker über die Geschlechtsangleichung wissen sollten |
Brigitte M. Gensthaler |
28.06.2021 11:00 Uhr |
Mitunter fühlen schon sehr kleine Kinder, dass sie »im falschen Geschlecht« leben. »Der erste Peak des Outings kann im Kindergarten passieren«, berichtete Anschütz.
Um den Kindern das Durchleben der »falschen« Pubertät zu ersparen, werden GnRH-Analoga wie Leuprorelin oder Triptorelin als Pubertätsblocker eingesetzt. Der Effekt ist reversibel: Setzt man die Medikation ab, kommen die Kinder in die Pubertät.
Ab 16, manchmal schon ab 14 Jahren könne man mit der Hormonersatztherapie (HET) beginnen. Allerdings werden Menschen beim direkten Übergang von Pubertätsblockern zur HET nicht mehr fertil und bleiben eher klein. »Aber die Ergebnisse sind hier am besten, weil der Körper nie die quasi falsche Entwicklung durchlebt hat«, erklärte die Expertin.
Nahezu alle transidenten Menschen leiden an einer Dysphorie, also einem starken Unwohlsein durch die Geschlechtsinkongruenz. »Sie sagen von sich: weil alles an mir nicht passt«, so Anschütz. Daher sei eine psychiatrische Comedikation mit Antidepressiva oder Anxiolytika häufig. Die Suizidalität scheine höher zu sein als in der Restbevölkerung.
Die Hormontherapie muss vom Endokrinologen engmaschig begleitet werden, unter anderem wegen möglicher Folgen auf Blutbild, Herz-Kreislauf-System und Knochengesundheit. Risikofaktoren sind Zigarettenkonsum und Übergewicht. Insgesamt sei die Langzeithormongabe aber risikoarm. Anschütz: »Man muss immer abwägen zwischen den Langzeitfolgen einer Hormontherapie und einer Dysphorie. Viele Transpersonen entscheiden sich auch in Extremsituationen für die Hormone.«