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Leitlinie überarbeitet

Was Apotheker für Patienten mit Depression tun können

Vor Kurzem wurde die nationale Versorgungsleitlinie (NVL) unipolare Depression überarbeitet. Neu aufgenommen wurden Online-Programme und Esketamin. Antidepressiva sollen weiterhin nicht sofort zum Einsatz kommen. Neu ist auch ein eigenes Kapitel zur »Apothekerischen Versorgung«.
Daniela Hüttemann
10.10.2022  17:00 Uhr

Wie eine Depression behandelt wird, hängt laut der NVL vor allem vom Schweregrad und von der Erkrankungsphase ab. Bei einer leichtgradigen akuten Episode sollen in der Regel erst einmal keine Medikamente eingesetzt werden. Im Fokus stehen Aufklärung, Information und Psychoedukation des Patienten (unter anderem zur Schlafhygiene), Hilfe zur Selbsthilfe (Sport und Lichttherapie) und eine psychotherapeutische Basisbehandlung.

Neu in den Empfehlungen zur Erstlinientherapie sind sogenannte »internet- und mobilbasierte Interventionen« (IMI), die Patienten mit leichten depressiven Episoden eingebettet in ein therapeutisches Gesamtkonzept angeboten werden sollen. Sie sind direkt als starke Empfehlung in die Leitlinie aufgenommen worden. Dabei können digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) zum Einsatz kommen, die zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, aber auch andere Apps. Wichtig ist laut Leitlinie eine adäquate Diagnose und Aufklärung vor der Nutzung sowie eine Begleitung mit regelmäßigem Kontakt durch den behandelnden Arzt oder Psychotherapeuten.

Antidepressiva wenig wirksam, aber klinisch relevant

Wenn die Symptomatik anhält oder sich verschlechtert oder wenn direkt eine mittelgradige bis schwere depressive Episode auftritt, kommt eine medikamentöse Therapie infrage. Die Leitliniengruppe sieht die Studienlage zum Einsatz von Antidepressiva sowie die zugrunde liegende Monoamin-Mangel-Hypothese kritisch, »sieht aber weiterhin eine klinische Relevanz der Antidepressiva als gegeben an, wenn auch die Wirkung zu Teilen auf Placebo- und unspezifische Effekte zurückzuführen und die Wirkungsdifferenz zu Placebo eher klein ist«, heißt es in Kapitel 4.4.1. Medikamente allein seien nicht ausreichend, was bereits in der Vorgängerversion der Leitlinie Konsens war.

Eine Ausnahme macht Ketamin, das einen anderen Wirkmechanismus hat als klassische Antidepressiva und zur Behandlung von depressiven Patienten erst seit 2020 in Form eines Nasensprays zugelassen ist. Es wurde neu in die NVL aufgenommen, ist allerdings aufgrund der Gefahr für starke Nebenwirkungen und Toleranzentwicklung Patienten mit Therapieresistenz und Suizidalität vorbehalten. Es darf daher auch nur im stationären Bereich angewendet werden.

Auf Interaktionen achten

Neu ist die Empfehlung, dass die Auswahl des Antidepressivums anhand des Sicherheits- und Interaktionsprofils, der Präferenz des Patienten, der Erfahrung des Behandelnden sowie weiteren Kriterien erfolgen soll. Zu Letzteren zählen Verfügbarkeit und Erstattungsfähigkeit, Kontraindikationen, Komorbiditäten, Nebenwirkungsprofil, Ansprechen und Handhabbarkeit. Die Leitlinie empfiehlt also nicht bevorzugt bestimmte Substanzklassen.

Vor Beginn einer medikamentösen Therapie soll mit den Patienten vereinbart werden, wann das Ansprechen der Behandlung bewertet und über das weitere Vorgehen entschieden werden soll. Dieser Zeitpunkt sollte drei bis vier Wochen nach Erreichen der Standarddosis gekommen sein. In der Regel soll die antidepressive Medikation mit einer niedrigen Anfangsdosis begonnen werden. Ebenfalls neu sind umfangreiche Empfehlungen zum Absetzen von Antidepressiva.

Apotheker erhalten eigenes Kapitel

Die NVL enthält zudem einen evidenzbasierten Algorithmus zum Vorgehen bei Nichtansprechen auf Antidepressiva. Dazu gehört auch eine Überprüfung der Adhärenz und gegebenenfalls adhärenzfördernde Maßnahmen. Hier werden auch die Apotheker genannt.

Erstmals gibt es sogar ein eigenes Unterkapitel (14.2.2) zur »Apothekerischen Versorgung«. Neu ist darin die Empfehlung: »Bei Anzeichen für depressive Symptome oder Suizidalität sollen Apotheker aktiv das Gespräch mit den betroffenen Menschen suchen, ihnen Möglichkeiten der Unterstützung aufzeigen, sie zum Annehmen ärztlicher und/oder psychotherapeutischer Hilfe ermuntern und gegebenenfalls weiterleiten.« Den Apothekern kommt somit eine Lotsenfunktion zu.

Begründet wird die Empfehlung damit, dass Apotheken gut erreichbar sind und von den Betroffenen häufig aufgesucht werden. Vor allem soll das pharmazeutische Personal neben dem Verhalten der Patienten auch auf wiederholte Selbstmedikationswünsche nach Johanniskraut, Sedativa, Hypnotika und Analgetika achten.

Als Aufgabenbereiche von Apothekern bei Patienten mit depressiven Störungen werden genannt:

  • Erkennen von Risikopatienten und Krisensituationen und gegebenenfalls Zuweisung in ärztliche Behandlung,
  • Beratung und Information,
  • Interaktionsmanagement (inklusive Selbstmedikation),
  • Medikationsanalyse bei Polymedikation,
  • Adhärenzförderung,
  • Nebenwirkungsmanagement,
  • durch Stationsapotheken/klinische Pharmazie: Visitenbegleitung, therapeutisches Medikamenten-Monitoring, pharmakogenetische Testungen, Psychoedukation (einzeln oder in Gruppen).

An der Version 3.0 der NVL unipolare Depression hat auch die Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK) mitgewirkt.

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