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Bundestagswahldebatte

Wackelt das Mehrbesitzverbot?

Bei der Bundestagswahldebatte bei der Expopharm Impuls stellten einige Politikerinnen und Politiker das Mehrbesitzverbot in Frage.  Zudem diskutierten die Bundestagsabgeordneten unter anderem über den Stand des E-Rezept-Systems, mögliche Einsparungen im Apothekenbereich und die Frage welche Koalitionsmöglichkeiten nach der Wahl realistisch sein könnten.
Charlotte Kurz
13.09.2021  14:00 Uhr

Kurz vor der Bundestagswahl am 26. September diskutierten Abgeordnete aller Fraktionen des Deutschen Bundestags gemeinsam mit ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening und PZ-Chefredakteur Benjamin Rohrer über die derzeit drängendsten Themen der Apotheken. Die Veranstaltung fand im Rahmen der zweiten virtuellen Expopharm Impuls statt und kann am Ende dieses Artikels nachträglich angesehen werden.

Überraschend einig waren sich die Abgeordneten des Bundestags etwa darin, dass es bei möglichen Spargesetzen nach der Pandemie keine Einsparungen im Apothekenbereich geben soll. Insbesondere während der Pandemie hätten die Apotheken vor Ort nochmal ihre besondere Bedeutung für die Gesundheitsversorgung gezeigt, erklärten beispielsweise Michael Hennrich, Berichterstatter für Arzneimittel- und Apothekenthemen der Unionsfraktion aber auch Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Aber auch die Vertreterin der Grünen, Kordula Schulz-Asche sprach den Apotheken vor Ort eine wichtige bevölkerungs- und patientennahe Bedeutung zu.

Aus diesem Grund wäre es fatal, denjenigen, die in der Pandemie gekämpft haben, zu sagen, dass Kürzungen anstehen, so Hennrich. »Wir müssen tatsächlich schauen, wo es Effizienzreserven gibt, aber bei den Apotheken gibt es keinen Handlungsbedarf«, sicherte der CDU-Politiker zu. Dittmar stimmte ihm zu. Allerdings könnte der Einsatz hochpreisiger Arzneimittel, beispielsweise über Pay for Performance Modelle, kosteneffizienter gestaltet werden, so die SPD-Politikerin. Schulz-Asche sowie Kathrin Vogler (Die Linke) waren sich zudem einig: Im Arzneimittelbereich müsste es beispielsweise eine angepasste Regelung bei der freien Preisgestaltung von neuen Medikamenten im ersten Jahr geben.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Wieland Schinnenburg warnte allerdings vor dem Problem, dass die Arzneimittelproduktionen bei solchen Maßnahmen noch verstärkt ins Ausland verlagert werden könnten. »Wir müssen alles dafür tun, dass wir neue innovative Produkte bekommen.« Eine weitere Belastung der Pharma-Hersteller beispielsweise durch Pflichten zur Offenlegung der Preisgestaltung neuer Medikamente, wie Vogler es fordert, hält Schinnenburg in diesem Zusammenhang für falsch. Zudem plädierte er für eine Entbürokratisierung im Gesundheitswesen. Beim Stichwort Rabattverträge sagte Schinnenburg, er habe ein Grundvertrauen gegenüber Apothekern. Die Pandemie-bedingte Sonderregelung, dass Apotheken bei Nicht-Verfügbarkeit eines Medikaments auch ein wirkstoffgleiches Präparat abgeben können, dass nicht dem Rabattvertrag der Kasse des Patienten entspricht, sollte auch längerfristig fortgeführt werden, betonte auch Dittmar. »Was sich als pragmatisch und tauglich erweist, kann man auch fortbestehen lassen.«

Vogler setzt sich zudem dafür ein, die Rabattverträge der Kassen grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. Sollte die Linke an einer Regierung beteiligt sein, werde man nach Alternativen suchen, kündigte sie an. Im Fokus müsste dabei insbesondere die Vereinbarkeit von Arzneimitteltherapiesicherheit und Patientenfreundlichkeit stehen.

Aufweichung des Mehr- und Fremdbesitzverbots?

Vor allem beim Thema Fremd- und Mehrbesitzverbot gab es überraschend unterschiedliche Ansichten. So erklärte Dittmar zwar, dass sie hier keinen Änderungsbedarf zur aktuellen Regelung, dass Apothekeninhaber nicht mehr als vier Apotheken besitzen dürfen, sieht. Allerdings äußerte sich ihr Noch-Regierungskoalitionspartner Hennrich vage und ließ etwas Gestaltungsspielraum offen: »Grundsätzlich« sehe auch er keinen Handlungsbedarf, so der CDU-Politiker. Und weiter: Das »Entscheidende« sei, dass die Apotheken inhabergeführt sind. Der AfD-Politiker Jörg Schneider sagte, dass es prinzipiell wichtig sei, die flächendeckende Versorgung zu erhalten. Als einziger Politiker in der Runde hinterfragte Schneider sogar das Fremdbesitzverbot. »Wenn das irgendwann nur über Ketten geht, müssen wir darüber nachdenken.« Die Grünen-Politikerin Kordula Schulz-Asche erklärte, dass über die Anzahl der Apotheken aufgrund der Herausforderung einer alternden Bevölkerung und dem gleichzeitigen Fachkräftemangel diskutiert werden sollte. ABDA-Präsidentin Overwiening zeigte sich überrascht, insbesondere da die Politikerinnen und Politiker kurz vorher die Rolle der Apotheken in der Pandemie so hoch gelobt hätten. Statt über ein Aufweichen des Mehr- und Fremdbesitzverbotes nachzudenken, forderte sie eindringlich: »Stärken Sie uns, indem sie uns besser honorieren! Stärken Sie uns, indem Sie uns mehr Entscheidungskompetenzen geben. Stärken Sie uns indem Sie unsere Rolle im Gesundheitssystem weiter aufwerten. Helfen Sie uns die pharmazeutischen Dienstleistungen gut umsetzen zu können.«

Apotheker sind E-Rezept-ready

Bezüglich der anstehenden E-Rezept-Einführung kritisierten Schneider und Schinnenburg die bislang eingeführte Gesetzgebung des E-Rezept-Starts. Insbesondere, dass viele Ärzte noch nicht bereit für die digitalen Verordnungen sind, weil sie beispielsweise häufig noch keine Heilberufsausweise haben, möchte Dittmar mit weiteren Sanktionen lösen. Hennrich plädierte in diesem Fall eher für Anreize, wie Boni oder Privilegien für diejenigen, die sich mit dem E-Rezept auseinandersetzen. Overwiening betonte derweil, dass Apotheker »E-Rezept-ready« sind, aber falls die Ärzte es nicht pünktlich zum 1. Januar 2022 schaffen würden,  ein »heilloses Durcheinander« drohe, in dem Apotheken den Patienten das komplette System erklären müssten.

Klar ist, bei vielen Themen zeigten die Diskutanten unterschiedliche Ansichten und Lösungsvorschläge. Dennoch sind die Gesundheitspolitikerinnen und –politiker grundsätzlich auch bereit, gemeinsame künftige Regierungskoalitionen nach der Wahl zu bilden. So könnte sich Vogler (Die Linke) etwa eine Koalition »mit Herrn Hennrich, Frau Dittmar und Frau Schulz-Asche vorstellen.« Dittmar (SPD) und Schulz-Asche (Grüne) würden mit allen demokratischen Parteien koalieren. Schinnenburg (FDP) stimmt dem zu, schloss aber auch die Linke als möglichen Koalitionspartner aus. Hennrich (CDU) würde sich eher an den Personen orientieren: »Da gibt es bei den Apothekenthemen in allen Lagern gute Leute.« Und Schneider sieht die AfD erneut in der Opposition.

Das komplette Programm der Expopharm Impuls finden Sie hier. Zudem können alle Videos der Online-Veranstaltung ab dem 20. September bis Mitte Januar 2022 auch nachträglich über die Website der Expopharm Impuls angesehen werden. Hierfür muss lediglich eine kostenfreie Registrierung vorgenommen werden. Hier können Sie zudem bereits jetzt die Debatte zur Bundestagswahl ansehen:

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