Vutrisiran im Besitz der EU-Zulassung |
Sven Siebenand |
28.09.2022 15:00 Uhr |
Arzneistoffe auf der Basis von siRNA, die über RNA-Interferenz wirken, gibt es schon einige auf dem Markt. Auch das nun zugelassene Vutrisiran ist ein sogenanntes RNA-i-Therapeutikum. / Foto: Adobe Stock/petarg
Die hereditäre Transthyretin-vermittelte (hATTR)-Amyloidose ist eine erbliche, fortschreitend beeinträchtigende und potenziell tödlich verlaufende Krankheit, die durch Mutationen im für Transthyretin (TTR) kodierenden Gen verursacht wird. Das Protein Transthyretin wird hauptsächlich in der Leber gebildet und ist normalerweise ein Träger von Vitamin A. Varianten im TTR-Gen führen zur Ablagerung von abnormen Amyloid-Proteinen und dadurch zur Schädigung von Geweben und Körperorganen wie peripheren Nerven und Herz. Dies verursacht eine therapieresistente periphere sensomotorische Neuropathie, autonome Neuropathie und/oder Kardiomyopathie sowie weitere Manifestationen der Erkrankung. Weltweit sind etwa 50.000 Menschen betroffen. Die mediane Überlebenszeit beträgt knapp fünf Jahre nach Diagnosestellung.
Im Jahr 2018 brachte das Unternehmen Alnylam das erste RNA-i-Therapeutikum auf den deutschen Markt: Patisiran (Onpattro®). Es schaltet die Messenger-RNA (mRNA) für TTR stumm und blockiert damit dessen Synthese im Körper. Genauso funktioniert der neue Wirkstoff Vutrisiran (Amvuttra®). Auch das Zulassungsgebiet der beiden Therapeutika ist gleich: Sie dürfen zur Behandlung der hATTR-Amyloidose bei erwachsenen Patienten mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2 zum Einsatz kommen. Während Patisiran intravenös alle drei Wochen appliziert wird, sind im Falle von Vutrisiran aber subkutane Gabe alle drei Monate möglich.
Die EU-Zulassung beruht auf den Ergebnissen der Phase-III-Studie HELIOS-A, in der Vutrisiran die Krankheitszeichen und Symptome einer hATTR-Amyloidose signifikant gegenüber Placebo verbesserte: Bei etwa der Hälfte der Patienten war ein Aufhalten oder eine Umkehr der Polyneuropathie-Manifestationen festzustellen. Die Wirksamkeitsbeurteilungen basierten auf einem Vergleich des Vutrisiran-Arms der Studie mit dem Placebo-Arm der Phase-III-Studie APOLLO, die eine ähnliche Population von Patienten mit hATTR-Amyloidose mit Polyneuropathie umfasste. Im Vergleich zu Patisiran war Vutrisiran nicht unterlegen: Die Bewertung der Nichtunterlegenheit der Reduktion des Serum-TTR basierte auf dem Vergleich des Vutrisiran-Arms mit dem Patisiran-Arm der HELIOS-A-Studie. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Arthralgie und Schmerzen in den Extremitäten.
Alnylam hat angekündigt, das Arzneimittel so bald wie möglich auf dem Markt zur Verfügung zu stellen.