Vorsorge greift bei familiärer Belastung oft zu kurz |
Bereits zum 21. Mal steht der März in ganz Deutschland im Zeichen der Darmkrebsvorsorge. / Foto: Adobe Stock/Jo Panuwat D
Darmkrebs ist häufig. In Deutschland entwickeln jährlich etwa 70.000 Menschen eine Neuerkrankung, die zumeist nach dem 50. Lebensjahr festgestellt wird. Es gibt jedoch auch eine nicht unerhebliche Zahl an Menschen, bei denen Darmkrebs schon zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr auftritt, betont die DGVS.
Diese Menschen, so die Fachgesellschaft, fallen aus dem GKV-Vorsorgeraster heraus – mit oft tödlichen Folgen. Denn bei ihnen wird der Darmkrebs häufig erst diagnostiziert, wenn er bereits Beschwerden verursacht oder sich Metastasen in anderen Organen gebildet haben. Das sei besonders fatal, da Darmkrebs und seine Vorstufen durch eine Operation grundsätzlich gut behandelbar seien.
Bei etwa 20 Prozent der 70.000 Neuerkrankungen sind auch Verwandte betroffen. Bei Dickdarmkrebs wird zwischen erblichen und familiären Formen unterschieden. Von einer erblichen Form spricht man, wenn der Krankheit ein einfacher Erbgang, also eine monogene Vererbung zugrunde liegt. Die Krankheit beruht auf der Mutation eines einzigen Gens. Der Träger einer derartigen Veränderung hat ein hohes Erkrankungsrisiko. Auf eine monogene Vererbung sind nach Erkenntnissen des Deutschen Konsortiums Familiärer Darmkrebs drei bis fünf Prozent aller Tumorerkrankungen des Dickdarmkrebs zurückzuführen. Kinder eines betroffenen Elternteils erben die ursächliche Mutation mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent. Die Erkrankungsrisiken für Träger einer Mutation liegen in Abhängigkeit von der veränderten Erbanlage zwischen 40 und 80 Prozent.
Von einer familiären Form des Dickdarmkrebses wird gesprochen, wenn in einer Familie weitere Verwandte betroffen sind, ohne dass sich dies auf die Veränderung in einer einzigen Erbanlage zurückführen lässt. Die Familiarität kann auf der kombinierten Wirkung mehrerer Gene, also einer multifaktoriellen Vererbung beruhen, wobei hier noch kaum wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen.
So oder so: »Im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung können Männer ab dem 50. Lebensjahr, Frauen ab dem 55. Lebensjahr eine Vorsorgedarmspiegelung in Anspruch nehmen. Mit diesen Angeboten zur Früherkennung können wir Krebsvorstufen und Darmkrebs in ersten Stadien rechtzeitig finden und entfernen. Hier ist also eine gute Vorsorge gewährleistet«, so Professor Dr. Frank Kolligs, Berlin, in einem aktuellen DGVS-Statement zum Darmkrebsmonat.
Für Familien mit einer genetischen Vorbelastung zur Entstehung spezifischer Tumorerkrankungen jedoch sei die gesetzlich garantierte Vorsorge häufig nicht ausreichend – zum einen, weil diese zumeist zu spät durchgeführt werde, zum anderen weil der Abstand zwischen den Koloskopien zu lang sei und zudem eventuelle Risiken auch für andere Organe nicht identifiziert würden.
»Menschen mit einem familiär erhöhten Darmkrebsrisiko kommen diese Vorsorgestrukturen nicht zugute. Denn bei familiär bedingtem Darmkrebs erkranken Betroffene häufig schon vor dem 50. Lebensjahr. Daher muss bei dieser Risikogruppe deutlich früher mit Vorsorgeuntersuchungen begonnen werden«, unterstreicht der Gastroenterologe. Wichtig sei es, dass bei Darmkrebs in der Familie insbesondere Verwandte von in jungen Jahren erkrankten Angehörigen frühzeitiger als von den Kassen regulär empfohlen mit der Darmkrebsvorsorge beginnen.
»Hier gilt die Faustregel, dass man zehn Jahre vor dem Alter der Diagnosestellung des Angehörigen mit der Darmkrebsvorsorge starten sollte. Ein Beispiel: Hat mein Vater mit 50 Jahren die Diagnose Darmkrebs erhalten, sollte ich als Sohn ab dem 40. Geburtstag mit der Darmkrebsvorsorge beginnen. So ist es möglich, Krebsvorstufen rechtzeitig zu erkennen und Darmkrebs zu bekämpfen, bevor er ein größeres Problem wird«, betont Kolligs, der auf die Bedeutung von Eigeninitiative verweist.
Ist aufgrund der Familienanamnese der Verdacht auf eine erbliche Tumorerkrankung gegeben, so könne eine genetische Analyse sinnvoll sein, wobei die Krankenkassen in der Regel die Kosten übernähmen. Doch auch dann lasse sich nicht sagen, ob und wann die Erkrankung ausbricht. »Die Darmspiegelung ist daher auch hier die einzige zuverlässige Diagnosemöglichkeit«, so Kolligs.
Es könne zielführend sein, sich mit Unterstützung des behandelnden Haus- oder Facharztes an ein Zentrum für erbliche beziehungsweise familiäre Tumorerkrankungen zu wenden. Über seine Verbundzentren biete das Deutsche Konsortium für Familiären Darmkrebs Unterstützung.
Darüber hinaus sei ein risikoarmer Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und wenig Fleisch, regelmäßiger Bewegung, adäquatem Körpergewicht sowie einem geringen Alkohol- und Nikotinkonsum angezeigt.