Viele Masernfälle in Deutschland |
Christina Hohmann-Jeddi |
27.09.2024 17:00 Uhr |
Für den Anstieg der Fallzahlen in Deutschland gebe es keine einzelne Ursache, berichtete Sander, der Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie ist. Er könne zum einen damit zusammenhängen, dass die Immunität in der Bevölkerung leicht gesunken sei, weil viele durch die Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie kaum in Kontakt mit Krankheitserregern gekommen seien. Zum anderen zeigten Studien, dass die Impfbereitschaft nachgelassen habe. »Es reicht schon, wenn ein paar weniger Leute sich impfen lassen, damit es zu Ausbrüchen kommt.«
Seit 2020 ist es in Kitas und Schulen vor der Neuaufnahme für Kinder ab einem Jahr Pflicht, eine Masernimpfung vorzuweisen. Nach Angaben des RKI erfolgt die Masernimpfung bei vielen Kindern aber zu spät oder nicht vollständig. Nur knapp 81 Prozent der Kinder, die 2019 geboren wurden, hatten im Alter von zwei Jahren beide Impfungen erhalten.
Masern gehören laut dem RKI-Ratgeber Masern zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten überhaupt. Die RNA-Viren werden durch das Einatmen infektiöser Tröpfchen übertragen, die etwa beim Sprechen, Husten oder Niesen entstehen, oder aerogen über Tröpfchen sowie durch Kontakt mit infektiösen Sekreten aus Nase oder Rachen. Das Masernvirus führt bereits bei kurzer Exposition zu einer Infektion und löst bei fast allen ungeschützten Infizierten eine klinische Symptomatik aus (mehr als 90 Prozent).
Nach einer Inkubationszeit von etwa 7 bis 21 Tagen beginnt eine Erkrankung meist mit Fieber, Bindehautentzündung, Schnupfen, Husten und Kopfschmerzen und kalkspritzerartigen weißen Flecken an der Mundschleimhaut. Wenige Tage später steigt das Fieber und es bildet sich der für die Masern typische Hautausschlag mit bräunlich-rosafarbenen Flecken. Das Exanthem beginnt typischerweise im Gesicht und hinter den Ohren, verteilt sich dann und bleibt bis zu einer Woche bestehen. Durch die Infektion entsteht eine vorübergehende Immunschwäche, die Monate bis Jahre andauern kann und die zum Teil zu schweren Sekundärinfektionen wie Lungenentzündungen führen kann.
Eine ernste Komplikation ist die postinfektiöse Enzephalitis, zu der es in etwa 1 von 1000 Infektionen kommt. Die Enzephalitis tritt etwa vier bis sieben Tage nach Beginn des Exanthems auf und äußert sich durch Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma. Etwa 10 bis 20 Prozent der Betroffenen sterben daran.
Sehr selten kommt es zu einer Spätkomplikation, die als subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) bezeichnet wird. Diese progrediente Entzündung des Gehirns tritt etwa sechs bis acht Jahre nach der initialen Maserninfektion mit Leistungseinbußen, psychischen Veränderungen und neurologischen Ausfällen auf. Sie führt in der Regel in ein bis drei Jahren zum Tod.