vfa rechnet mit mehr als 45 neuen Medikamenten |
Daniela Hüttemann |
03.01.2022 16:30 Uhr |
Mehr als 200 neue Wirkstoffe werden es wohl nicht pro Jahrgang, doch die 2020er-Jahre haben stark angefangen und die Prognose ist gut. / Foto: Getty Images/EyeEm/Serguei Levykin
»Mehr als ein Viertel der Medikamente mit neuem Wirkstoff, die 2022 in Deutschland herauskommen, dürften der Behandlung von Infektionskrankheiten dienen«, kündigte der VFA in einer Pressemitteilung an. Dazu zählen auch weitere Corona-Impfstoffe. Gemeint sind wohl die beiden proteinbasierten Impfstoffe Nuvaxovid® von Novavax, für den bereits ein Zulassungsantrag vorliegt, und Vidprevtyn® von Sanofi-Pasteur sowie der Ganzvirus-Impfstoff VLA2001 von Valneva. Die beiden letzteren befinden sich im Rolling-Review-Prozess der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, allerdings noch nicht im eigentlichen Zulassungsverfahren.
Genau zum Jahresbeginn hat es das Covid-19-Medikament Molnupiravir (Lagevrio® von MSD und Ridgeback Biotherapeutics) in Deutschland auf den Markt geschafft, wenn auch noch ohne EU-Zulassung. Das Kombipräparat Paxlovid™ von Pfizer mit den Wirkstoffen Nirmatrelvir und Ritonavir könnte bald folgen. Erwartet werden zudem EU-Zulassungen für das Antikörper-Präparat Tixagevimab/Cilgavimab (Evusheld® von Astra-Zeneca), das auch zur Verhinderung von SARS-CoV-2-Infektionen eingesetzt werden könnte, und das Rheumamittel Baricitinib (Olumiant® von Eli Lilly) bei schwerem Covid-19.
»Trotz intensiver Entwicklungstätigkeit zur Bekämpfung der Pandemie bringen Pharmaunternehmen unvermindert viele Medikamente für Patienten und Patientinnen mit anderen Krankheiten zur Zulassung«, betont vfa-Chef Han Steutel. Der Verband stellt weitere neue Impfstoffe gegen Dengue-Fieber, Cholera, Hepatitis B, Grippe und Pneumokokken-Infektionen in Aussicht.
Zudem dürfe man auf mehrere neue Antibiotika hoffen. Hier liegen bereits mehrere EU-Zulassungen vor, jedoch sind sie noch nicht in Deutschland in den Markt eingeführt worden, zum Beispiel Eravacyclin (Xerava®), Meropenem/Vaborbactam (Vaborem®), Delafloxacin (Quofenix®), Lefamulin (Xenleta®) sowie das Tuberkulose-Medikament Pretomanid (Dovprela®) und der Antikörper Obiltoxaximab zur Vorbeugung und Behandlung von Milzbrand.
Wie jedes Jahr ist auch wieder ein großer Zuwachs bei den Krebsmedikamenten zu erwarten. Neben den Antiinfektiva werden sie wohl ein weiteres Viertel der neuen Arzneimittel 2022 stellen. Allein für die häufigste Lungenkrebsart NSCLC könnten es bis zu fünf neue Arzneistoffe sein. Bereits im fortgeschrittenen Entwicklungs- oder Zulassungsprozess befinden sich zudem Neueinführungen bei Blasen-, Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebs, gastrointestinalen Stromatumoren, Gliomen, Neuroblastomen, verschiedenen Leukämien und Lymphomen, Multiplem Myelom und Melanom am Auge. Neben weiteren Kinase-Hemmern sollen darunter auch Antikörper-Wirkstoff-Konjugate und CAR-T-Zelltherapien sein.
Ebenfalls weiter im Fokus stehen seltene Erkrankungen. Der vfa rechnet unter anderem mit dem ersten Medikament gegen Fibrodysplasia ossificans progressiva. Bei dieser Krankheit wandeln sich Knorpel und andere Arten von Bindegewebe allmählich in Knochen um. Auch steht erstmals eine Gentherapie bei Patienten mit Hämophilie A in Aussicht. Weitere anvisierte Indikationen für andere Neuentwicklungen sind die Hutchinson-Gilford-Progerie (Lonafarnib), die Augenerkrankung Lebersche hereditäre Optikusneuropathie (Lenadogen nolparvovex) sowie ein angeborener Mangel des Enzyms AADC (aromatische L-Aminosäure-Decarboxylase).
Aber auch gegen weniger seltene Erkrankungen sind neue Medikamente in Sicht, zum Beispiel für Patienten mit chronischer Nierenerkrankung, Wachstumsstörungen, Migräne, Gebärmuttermyomen und bestimmten Autoimmunkrankheiten wie Multiple Sklerose .