Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
Covid-19-Impfstoffe

Verwirrende Zahlen zu Impfdurchbrüchen

Das Thema »Durchbruchinfektionen« rückt immer stärker in den Fokus. Kann es wirklich sein, dass so viele Menschen, wie die veröffentlichten Zahlen nahelegen, trotz Impfung so schwer an Covid-19 erkranken, dass sie klinisch behandelt werden müssen? Tatsächlich muss man genauer hinsehen, um sich ein korrektes Bild machen zu können.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 23.08.2021  11:32 Uhr

Laut Daten des israelischen Gesundheitsministeriums hatten rund 60 Prozent der Menschen, die am 15. August mit Covid-19 in einem Krankenhaus behandelt wurden, Impfungen erhalten. Das klingt nach einer sehr schlechten Nachricht, impliziert sie doch, dass die Impfstoffe offensichtlich weit schlechter schützen als das bisher kommuniziert wurde. Aber ist diese Schlussfolgerung korrekt? Nein, sagt Jeffrey Morris, Professor für Biostatistik an der Perelman School of Medicine der University of Pennsylvania, auf Twitter. Er hat sich die Daten genauer angesehen und kommt zu erstaunlichen Ergebnissen: Auf Basis seiner Analyse liefern die Daten deutliche Hinweise darauf, dass die Impfstoffe extrem effizient vor schweren Krankheitsverläufen schützen.

Der genaue Blick auf die Daten

Ein genauer Blick in die Daten des Ministeriums und deren genaue Interpretation verdeutlicht das Missverständnis. Zwar werden dort für den 15. August absolut 301 schwere Covid-19-Verläufe unter den Geimpften und »nur« 214 schwere Covid-19-Verläufe unter Nicht-Geimpften gemeldet. Gleicht man jedoch die Krankheitsfälle gegenüber der Anzahl Geimpfter (5.634.634 beziehungsweise 78,7 Prozent) und Nicht-Geimpfter (1.302.912 beziehungsweise 18,2 Prozent) in Israel ab, so zeigt sich, dass relativ betrachtet circa dreimal mehr Nicht-Geimpfte (16,4/100.000) schwer erkranken als Geimpfte (5,3/100.000).

Aus diesem Verhältnis lässt sich eine scheinbare Impfstoff-Effizienz von 67,5 Prozent ableiten. Oder anders ausgedrückt reduziert eine Impfung das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, um gut zwei Drittel.

Da der Anteil der Geimpften unter den älteren Israelis (über 50 Jahre) deutlich größer ist (90,4 Prozent), als der Anteil der Geimpften unter den unter 50-Jährigen (73,0 Prozent), stellt sich die Situation wie folgt dar:

  • Bei den über 50-Jährigen haben 90,9 von 100.000 nicht geimpften Personen einen schweren Covid-19-Verlauf und nur 13,6 von 100.000 geimpften Personen. Damit reduziert die Impfung das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf um den Faktor6,7. 
  • Bei den unter 50-Jährigen sind 3,9 von 100.000 nicht geimpften Personen schwer an Covid-19 erkrankt, wohingegen nur 0,3 von 100.000 geimpften Personen dieser Altersgruppe einen schweren Covid-19-Verlauf entwickeln. Das ist eine Reduktion um den Faktor 13. 
  • Daraus ergibt sich, dass schwere Verläufe unter den älteren Patienten sehr viel häufiger vorkommen als bei jüngeren Menschen. Bei den Nicht-Geimpften kommen schwere Verläufe mit 90,9/3,9 bei den Älteren mehr als 23-mal häufiger vor als bei den Jüngeren.

Errechnet man aus diesen Zahlen den Schutz der Impfung vor einem schweren Covid-19-Verlauf, so ergibt sich für die unter 50-Jährigen ein Wert von 92,3 Prozent und für die über 50-Jährigen ein Wert von 85,2 Prozent.

Morris weist in seinem Tweet und zudem in einem Post auf seiner Seite »Covid-19 Data Science« nochmal auf die bekannte Tatsache hin, dass das Risiko für Ältere, schwer an Covid-19 zu erkranken, deutlich größer ist als das jüngerer Menschen. Zudem ist bekannt, dass Vorerkrankungen das Risiko für einen schweren Verlauf noch einmal deutlich erhöhen.

Situation in Deutschland

In Deutschland zeigt sich ein ähnliches Bild. Laut dem »Wöchentlicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)« vom 12. August 2021 wurden bislang insgesamt 10.827 Impfdurchbrüche seit dem 1. Februar 2021 identifiziert. Das ist eine gewaltige Zahl, die sich jedoch relativiert, wenn man berücksichtigt, dass in Deutschland rund 49 Millionen Menschen vollständig geimpft sind.

  • Bei den 12- bis 17-Jährigen betrug der Anteil an Impfdurchbrüche unter allen Covid-19 Fällen 0,10 Prozent.
  • Unter den 18- bis 59-Jährigen waren 1,0 Prozent betroffen.
  • Bei den über 59-Jährigen waren 1,9 Prozent der Covid-19-Erkrankten geimpft.

Dabei muss man berücksichtigen, dass auch der Anteil an vollständig Geimpften über die drei Altersklassen steigt: 7,8 Prozent bei den 12- bis 17-Jährigen, 49,1 Prozent bei den 18- bis 59-Jährigen und 77,5 Prozent bei den über 59-Jährigen. Durch einen Vergleich des Anteils vollständig Geimpfter unter den Covid-19-Fällen mit dem Anteil vollständig Geimpfter in der Bevölkerung schätzt das RKI die Wirksamkeit der Impfung grob ab. Demnach liegt die geschätzte Impfeffektivität für den Zeitraum 1. Februar bis 8. August 2021 für die Altersgruppen 18 bis 59 Jahre bei circa 87 Prozent und die der über 59-Jährigen bei ebenfalls etwa 87 Prozent.

Geimpft heißt generell also nicht auch voll geschützt. Denn nahezu keine pharmazeutische Intervention zeigt ein 100-prozentiges Ansprechen. Bei Impfungen gilt das umso mehr für Patienten mit steigendem Alter und mit Vorerkrankungen, besonders dann, wenn diese Erkrankungen mit Immunsuppressiva behandelt werden.

Um so erstaunlicher ist es, dass der Erfolg einer Impfung nicht regelmäßiger kontrolliert wird. Diese Einschätzung vertrat auch der Chef des Laborärzte-Verbands Andreas Bobrowski in einem Interview, das am Freitag in der »WELT« abgedruckt wurde. Unter der Überschrift »Sehr leichtsinnig, die Antikörperbestimmung ungenutzt zu lassen« fordert er, Antikörpertests zur Kassenleistung zu machen. Er wünsche sich mehr Studien, die sich die Antikörperentwicklung der Geimpften und Genesenen von Anfang an im zeitlichen Verlauf genau anschauen.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa