Versorgung von Kindern »am seidenen Faden« |
Alexander Müller |
07.09.2023 10:00 Uhr |
Der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR), Thomas Preis, erwartet Versorgungsengpässe in diesem Winter. / Foto: AVNR/Alois Müller
Preis begann mit einem Rückblick und zitierte aus seiner Rede zum Neujahrsempfang im Jahr 2020. Damals hatte er von den Lieferengpässen berichtet, die die Apotheken 2019 »kontinuierlich in Atem gehalten« hätten, ein »untragbarer Zustand«, man erwarte politische Maßnahmen.
Die Welt stand damals am Beginn der Corona-Pandemie. Doch während die Situation beim Virus heute weitestgehend entspannt sei, habe sich die Lage bei den Lieferengpässe »nicht nur nicht verbessert, sondern massiv verschlimmert«, so Preis. Innerhalb des vergangenen Jahres sei die Zahl der Lieferengpässe um 25 Prozent gestiegen, in den vergangenen fünf Jahren sogar um mehr als 150 Prozent.
Und dabei würden viele nicht verfügbare Arzneimittel nicht einmal erfasst, so Preis. Der AVNR geht von mehrere tausend Arzneimitteln aus – statt der offiziellen rund 500. Laut einer Umfrage des Verbands in diesem Jahr ist mittlerweile jedes zweite Rezept von einem Engpass betroffen. »Die Verfügbarkeit verschlechtert sich immer weiter«, so Preis.
Die Politik hat aus Sicht des AVNR-Vorsitzenden keine Lösungen gefunden. Einzig das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) habe der Gesetzgeber zustande gebracht, so Preis. Aber das Gesetz von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) zeige aktuell keine Wirkung, und werde auch im Winter nicht helfen. »Das hat der Minister jetzt auch erkannt«, so Preis mit Verweis auf Lauterbachs öffentlich vorgebrachte Bitte an die Großhändler, sich jetzt zu bevorraten. Die Antwort des Phagro hat aus Preis‘ Sicht den Ernst der Lage verdeutlich: Keine zwei Wochen würden die Vorräte aktuell reichen.
Preis verwies auf die Folgen der Mangelwirtschaft: Importierte Medikamente, bei denen der Beipackzettel teilweise nur mit KI übersetzt worden sei oder Asthma-Mittel in französischer Sprache aufgrund der Rabattvertragsvorgaben der Kassen. Der AVNR-Chef sieht im Winter die Versorgung akut gefährdet.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.