Urinwerte und ihre Aussagekraft |
Annette Rößler |
02.06.2023 07:00 Uhr |
Der Nachweis von Glucose im Urin per Schnelltest bedeutet, dass die Ausscheidung von Glucose den physiologischen Mittelwert von 15 mg/dl übersteigt. Der häufigste Grund dafür ist ein Diabetes mellitus. Eine weitere mögliche Ursache ist eine Nierenschädigung; in diesem Fall ist der Glucosewert im Blut meist normal, im Urin aber erhöht. Verhält es sich umgekehrt, ist also der Glucosewert im Blut zu hoch, im Urin aber normal, hat sich infolge eines bereits seit Längerem unerkannt bestehenden Diabetes bereits eine diabetische Nephropathie entwickelt.
Die maximale Rückresorptionskapazität der Niere für eine bestimmte Substanz bezeichnet man als Nierenschwelle. Für Glucose liegt diese normalerweise bei 160 bis 180 mg/dl (9 bis 10 mmol/l). In der Schwangerschaft ist die Nierenschwelle für Glucose abgesenkt, sodass erhöhte Glucosewerte im Urin bei Schwangeren üblich sind. Auch SGLT-2-Inhibitoren wie Dapagliflozin oder Empagliflozin senken die Nierenschwelle, sodass unter der Einnahme dieser Wirkstoffe eine Glucosurie eintritt.
Ketonkörper, also Acetessigsäure und Aceton, im Urin sind zumeist ein Zeichen für eine Stoffwechsel-Dekompensation bei Diabetes. Sie fallen bei der Verstoffwechslung von freien Fettsäuren an, auf die der Körper bei einer stärkeren Einschränkung des Kohlenhydratstoffwechsels zur Energiegewinnung zurückgreift. Außer bei schlecht eingestellten Diabetikern können Ketonkörper im Urin unter Umständen auch nach größerer körperlicher Anstrengung, bei Fastenkuren oder starkem, länger andauerndem Erbrechen etwa in der Schwangerschaft vorkommen.
Der Nachweis von Proteinen im Urin fällt bei Nierenerkrankungen, Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz positiv aus. Da die Ursachen vielfältig sein können, folgt einem positiven Proteinnachweis im Urin-Schnelltest in der Regel eine differenzierte Diagnostik im Labor. Schnelltest-Streifen weisen bevorzugt Albumine nach, weil sie die größte Proteinfraktion im Blut ausmachen. Werte unter 30 mg/24 Stunden (Albumin) beziehungsweise 150 mg/24 Stunden (Gesamteiweiß) gelten als normal.
Bilirubin ist ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs Häm, das in der Leber glucuronidiert und über die Galle ausgeschieden wird. Im Darm wird aus Bilirubin durch bakterielle Reduktion Urobilinogen gebildet, das zu einem Großteil wieder rückresorbiert wird, wodurch ein enterohepatischer Kreislauf entsteht. Ein Teil des Urobilinogens wird renal ausgeschieden. Erhöhte Werte von Bilirubin oder Urobilinogen im Urin können unter anderem durch Leber-/Galle-Erkrankungen oder auch einen massiven Blutzerfall verursacht sein.
Blut im Urin ist ab einer Menge von etwa 0,5 ml pro l mit bloßem Auge erkennbar, was als Makrohämaturie bezeichnet wird. Schon geringere Mengen von Erythrozyten im Urin (Mikrohämaturie) können mit dem Schnelltest nachgewiesen werden. Eine Hämaturie kann etwa bei Krebs, Nierensteinen oder -entzündungen, aber auch bei Hypertonie oder benigner Prostatahyperplasie auftreten. Auch Harnwegsinfekte können zum Nachweis von Erythrozyten, aber auch Leukozyten im Urin führen. Letztere kommen auch bei einem Tumor der Harnwege im Urin vor.