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Diagnostik

Urinwerte und ihre Aussagekraft

Über die Nieren reguliert der Körper seinen Wasserhaushalt und scheidet Stoffe aus, die nicht mehr benötigt werden und/oder giftig sind. Enthält der Urin Bestandteile, die dort normalerweise nicht oder in anderer Konzentration vorkommen, kann das ein Krankheitszeichen sein.
Annette Rößler
02.06.2023  07:00 Uhr

Pro Tag produzieren die Nieren etwa 1,5 l Harn. Dieser ist normalerweise klar, bernsteingelb und hat nur einen dezenten Eigengeruch. Eine Polyurie, also ein Harnvolumen ab etwa 3 l pro Tag, kann ganz einfach darauf beruhen, dass der Betreffende sehr viel getrunken hat. Auch Alkoholkonsum führt zu erhöhter Harnproduktion, denn Alkohol hemmt die Freisetzung des Antidiuretischen Hormons (ADH) im Gehirn. Darüber hinaus kann eine Polyurie auch ein Zeichen für einen unerkannten Diabetes (Typ 1 oder insipidus) oder die Folge der Einnahme eines Diuretikums sein.

Eine Oligurie, also ein Harnvolumen unter etwa 500 ml pro Tag, kann bei starkem Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen, Fieber oder Durchfall auftreten. Weitere mögliche Gründe sind Niereninsuffizienz, eine Verengung der ableitenden Harnwege oder eine zu geringe ADH-Produktion. Je weniger Harn der Körper produziert, desto stärker konzentriert, also auch dunkler und womöglich geruchsintensiver ist dieser. Auch bei normalem Harnvolumen können aber bestimmte Lebensmittel wie rote Bete oder Spargel die Farbe und/oder den Geruch des Urins verändern.

Ein gesunder Erwachsener scheidet über den Urin innerhalb von 24 Stunden etwa 20 g Harnstoff aus und 1,2 bis 1,8 g Kreatinin (abhängig von der Muskelmasse). Für Proteine insgesamt liegt der Referenzwert bei <150 mg pro 24 Stunden und für Albumin bei <30 mg. Des Weiteren enthält Urin normalerweise Aminosäuren, Harnsäure und diverse Ionen. Auch Glucose ist ein normaler Bestandteil des Urins, beim Gesunden aber nur in einer Menge von 15 mg/dl.

Urin-Schnelltest: Routine in der Hausarztpraxis

Weicht die Zusammensetzung des Harns von diesen Referenzwerten ab, können Stoffwechselstörungen, Erkrankungen der Niere oder der ableitenden Harnwege die Ursache sein. Eine Urinanalyse per Schnelltest zählt daher zu den Routineuntersuchungen beim Hausarzt. Wird dabei ein auffälliger Wert detektiert, kann sich eine genauere Untersuchung des Urins in einem Labor anschließen.

Für die Urinanalyse am besten geeignet ist Morgenurin, da dieser über Nacht in der Blase verweilt hat und sich auffällige Bestandteile gegebenenfalls angesammelt haben. Um Beimengungen von Zellen und Sekreten aus der Harnröhre und dem Genitalbereich zu vermeiden, wird stets Mittelstrahlurin verwendet. Diesen gewinnt man, indem man den Urinstrahl beim Wasserlassen nach ein paar Sekunden anhält und nur die mittlere Portion der Urinmenge in einem Becher auffängt.

Übliche Teststreifen für den Urin-Schnelltest haben mehrere Felder und prüfen auf folgende Parameter:

  • pH-Wert,
  • Proteine,
  • Glucose,
  • Nitrit,
  • Ketonkörper,
  • Bilirubin,
  • Urobilinogen,
  • Erythrozyten,
  • Leukozyten.

Der pH-Wert von Urin liegt abhängig von der Ernährung normalerweise zwischen 5 und 7 (bei Vegetariern höher als bei Menschen, die viel Fleisch essen). Alle anderen Werte sollten im Schnelltest negativ sein. Abweichende Ergebnisse können auf verschiedene Erkrankungen hindeuten.

So kann ein alkalischer pH-Wert des Urins ein Zeichen für eine bakterielle Harnwegsinfektion sein. Hierauf deutet auch der Nachweis von Nitrit im Urin hin: Dieses ist dort im Gegensatz zu Nitrat normalerweise nicht zu finden; Escherichia coli und andere häufige Erreger von Harnwegsinfektionen reduzieren aber Nitrat zu Nitrit.

Glucose im Urin bei Diabetes mellitus

Der Nachweis von Glucose im Urin per Schnelltest bedeutet, dass die Ausscheidung von Glucose den physiologischen Mittelwert von 15 mg/dl übersteigt. Der häufigste Grund dafür ist ein Diabetes mellitus. Eine weitere mögliche Ursache ist eine Nierenschädigung; in diesem Fall ist der Glucosewert im Blut meist normal, im Urin aber erhöht. Verhält es sich umgekehrt, ist also der Glucosewert im Blut zu hoch, im Urin aber normal, hat sich infolge eines bereits seit Längerem unerkannt bestehenden Diabetes bereits eine diabetische Nephropathie entwickelt.

Die maximale Rückresorptionskapazität der Niere für eine bestimmte Substanz bezeichnet man als Nierenschwelle. Für Glucose liegt diese normalerweise bei 160 bis 180 mg/dl (9 bis 10 mmol/l). In der Schwangerschaft ist die Nierenschwelle für Glucose abgesenkt, sodass erhöhte Glucosewerte im Urin bei Schwangeren üblich sind. Auch SGLT-2-Inhibitoren wie Dapagliflozin oder Empagliflozin senken die Nierenschwelle, sodass unter der Einnahme dieser Wirkstoffe eine Glucosurie eintritt.

Ketonkörper, also Acetessigsäure und Aceton, im Urin sind zumeist ein Zeichen für eine Stoffwechsel-Dekompensation bei Diabetes. Sie fallen bei der Verstoffwechslung von freien Fettsäuren an, auf die der Körper bei einer stärkeren Einschränkung des Kohlenhydratstoffwechsels zur Energiegewinnung zurückgreift. Außer bei schlecht eingestellten Diabetikern können Ketonkörper im Urin unter Umständen auch nach größerer körperlicher Anstrengung, bei Fastenkuren oder starkem, länger andauerndem Erbrechen etwa in der Schwangerschaft vorkommen.

Ein wenig Eiweiß im Urin ist normal

Der Nachweis von Proteinen im Urin fällt bei Nierenerkrankungen, Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz positiv aus. Da die Ursachen vielfältig sein können, folgt einem positiven Proteinnachweis im Urin-Schnelltest in der Regel eine differenzierte Diagnostik im Labor. Schnelltest-Streifen weisen bevorzugt Albumine nach, weil sie die größte Proteinfraktion im Blut ausmachen. Werte unter 30 mg/24 Stunden (Albumin) beziehungsweise 150 mg/24 Stunden (Gesamteiweiß) gelten als normal.

Bilirubin ist ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs Häm, das in der Leber glucuronidiert und über die Galle ausgeschieden wird. Im Darm wird aus Bilirubin durch bakterielle Reduktion Urobilinogen gebildet, das zu einem Großteil wieder rückresorbiert wird, wodurch ein enterohepatischer Kreislauf entsteht. Ein Teil des Urobilinogens wird renal ausgeschieden. Erhöhte Werte von Bilirubin oder Urobilinogen im Urin können unter anderem durch Leber-/Galle-Erkrankungen oder auch einen massiven Blutzerfall verursacht sein.

Blut im Urin ist ab einer Menge von etwa 0,5 ml pro l mit bloßem Auge erkennbar, was als Makrohämaturie bezeichnet wird. Schon geringere Mengen von Erythrozyten im Urin (Mikrohämaturie) können mit dem Schnelltest nachgewiesen werden. Eine Hämaturie kann etwa bei Krebs, Nierensteinen oder -entzündungen, aber auch bei Hypertonie oder benigner Prostatahyperplasie auftreten. Auch Harnwegsinfekte können zum Nachweis von Erythrozyten, aber auch Leukozyten im Urin führen. Letztere kommen auch bei einem Tumor der Harnwege im Urin vor.

Urinstatus und 24-Stunden-Sammelurin

Bei einer genaueren labordiagnostischen Untersuchung des Urins wird ein Urinstatus erhoben. Hierbei werden zunächst Farbe und Geruch des Urins erfasst sowie ein Schnelltest gemacht. Darüber hinaus wird das Harnsediment, also die unlöslichen Bestandteile des Urins, mikroskopisch auf Bakterien und andere Zellen sowie Harnzylinder untersucht. Dabei handelt es sich um längliche, zusammengeklebte Strukturen, die in den Nierenkanälchen entstehen und beispielsweise auf eine Nierenbeckenentzündung hinweisen können.

Für bestimmte Fragestellungen, etwa zur genauen Bestimmung der Protein- und Kreatininausscheidung, kann die Gewinnung von 24-Stunden-Sammelurin erforderlich sein. Besteht der Verdacht auf einen Harnwegsinfekt, lässt sich anhand einer Urinkultur herausfinden, was für ein Erreger dahintersteckt. Handelt es sich um ein Bakterium, kann damit auch geklärt werden, ob Resistenzen gegen bestimmte Antibiotika vorliegen.

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