»Unerwartete« Verunreinigungen zuverlässiger aufspüren |
NMP gehört zu den Lösemitteln der sogenannten Klasse 2. Das sind nicht genotoxische Karzinogene (in Tierversuchen), die gegebenenfalls irreversible toxische Schäden wie Neurotoxizität oder Teratogenität hervorrufen. So gelten für NMP folgende Gefahrenhinweise: H315 Hautreizungen, H319 schwere Augenreizungen, H335 Atemwegsreizungen und H360 die Schädigung eines Kindes im Mutterleib. Die Europäische Chemikalienverordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals in der EU) regelt seit 2006 den Umgang mit gefährlichen Chemikalien. Hiernach darf NMP nur verwendet werden, wenn bestimmte Expositionsgrenzen eingehalten werden.
N-Methylpyrrolidon (NMP) wird sehr vielfältig eingesetzt, sodass eine große Expositionsgefahr für die Bevölkerung besteht. Beispielhaft seien hier einige Verwendungen genannt: bei der Herstellung von Polymeren, Halbleitern, Batterien, Arzneimitteln, Kabel- und Drahtbeschichtungen sowie zum Entfernen von Farben und Graffiti, in Tinten und Farben in Innenräumen sowie Teppichen und Auslegeware.
Nicht zuletzt wegen dieser Gefahrenlage will die US-amerikanische Umweltschutzbehörde EPA (Environmental Protection Agency) zum Schutz von Herstellern und Verbrauchern neue Grenzwerte für NMP einführen. In einer öffentlichen Anhörung schlug die EPA vor, NMP in vielen Bereichen wie bei der Produktion von Agrochemikalien, Reinigungsprodukten, Schmierstoffen und Frostschutzmitteln zu verbieten beziehungsweise seinen Einsatz zu minimieren. Bemerkenswerterweise fehlt bei der EPA-Auflistung die Herstellung von Arzneimitteln. Dies ist womöglich der Tatsache geschuldet, dass die NMP-Menge in pharmazeutischen Produkten bereits durch die Arzneibücher limitiert ist.
Aus manchen Industriezweigen ist NMP nicht wegzudenken, etwa bei der Herstellung von Mikrochips und Batterien. Hier müssen die Mitarbeiter in den Produktionsanlagen maximal geschützt und die Exposition streng kontrolliert werden. Doch sollte in allen anderen Bereichen, wo NMP ersetzt werden kann, dies auch getan werden. Das gilt besonders für die Synthese von Wirkstoffen. Das Auffinden von 33.000 ppm NMP in Losartan-Kalium ist daher ein Skandal. Es wundert allerdings nicht, dass die Probe aus dem asiatischen Raum kam, wo Umweltaspekte häufig eine geringere Rolle spielen.
Positiv ist anzumerken, dass NMP nur in einer der Wirkstoffproben gefunden wurde und in keiner der insgesamt 35 untersuchten Tablettenproben. Allerdings zeigt dieser Fall, dass es einer besseren und universelleren Analytik zur Qualitätssicherung von Wirkstoffen bedarf, um zuverlässig Verunreinigungen jeglicher Art zu finden, auch unerwartete nicht verwandte Substanzen und gegebenenfalls Lösungsmittel. Deren toxikologische Bewertung ist das eine, die Information über den – eventuell sogar geänderten – Herstellungsweg das andere.
Literatur bei den Verfasserinnen