Umstellung oft nicht reibungslos |
Annette Rößler |
09.07.2025 15:14 Uhr |
Jedes Inhalations-Device funktioniert unterschiedlich. Eine gründliche Schulung von Patienten in der korrekten Anwendung ist daher wichtig. Sie kann als pharmazeutische Dienstleistung angeboten werden. / © Adobe Stock/dtatiana
In der Therapie von Patienten mit Asthma bronchiale oder chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zählt die Daueranwendung von Inhalativa zum Standard. Häufig wird eine Fixkombination aus einem β2-Rezeptoragonisten als Bronchodilatator und einem Glucocorticoid als Entzündungshemmer eingesetzt. Dosieraerosole haben dabei gegenüber Pulverinhalatoren den Vorteil einer leichteren Handhabbarkeit, doch den Nachteil einer deutlich schlechteren Klimabilanz.
Nicht nur in Deutschland, wo es mittlerweile eine S2k-Leitlinie »Klimabewusste Verordnung von Inhalativa« gibt, sondern auch international ist man daher bestrebt, von Dosieraerosolen möglichst wegzukommen und Patienten wenn möglich auf Pulverinhalatoren umzustellen. So änderte etwa die Veterans Health Administration (VHA), ein großer Versicherungsträger für Militärveteranen in den USA, im Juli 2021 sein Portfolio: Ab diesem Zeitpunkt wurden VHA-Versicherte mit Asthma oder COPD bevorzugt mit einem Pulverinhalator mit Fluticason/Salmeterol versorgt. Das Device ersetzte ein Dosieraerosol mit Budesonid/Formoterol, das bis dato die Standard-Corticosteroid/LABA-Kombination für VHA-Versicherte gewesen war.
Die geänderte Empfehlung bedeutete für viele tausend Patienten eine Umstellung ihrer Therapie. Dass das nicht immer reibungslos geklappt hat, zeigt die Arbeit eines Teams um Dr. Alexander S. Rabin von der University of Michigan, Ann Arbor, die jetzt im Fachjournal »JAMA Internal Medicine« erschien.
Die Autoren werteten die Daten von 260.268 VHA-Versicherten aus, die von dem Dosieraerosol auf den Pulverinhalator gewechselt hatten, und bemerkten dabei mehrere Veränderungen infolge der Umstellung, die auf eine Verschlechterung der Kontrolle der Atemwegserkrankung hindeuten. Zwar sank die Verwendung von »Notfallsprays« mit dem schnell wirkenden Bronchodilatator Salbutamol um 10 Prozent, doch es wurden 2 Prozent mehr Prednison-Verordnungen eingelöst. Zudem gab es 5 Prozent mehr Besuche in der Notaufnahme und Anstiege bei den Hospitalisierungen: 8 Prozent mehr Krankenhausaufenthalte jeglicher Ursache, 10 Prozent mehr Krankenhausaufenthalte im Zusammenhang mit einer Atemwegserkrankung und 24 Prozent mehr Krankenhausaufenthalte aufgrund einer Lungenentzündung.
In einem zweiten Studienteil wurden die Patienten, bei denen der Switch stattgefunden hatte, 258.557 anderen Versicherten gegenübergestellt, die nicht auf den Pulverinhalator umgestellt worden waren. Betrachtet wurden die ersten 180 Tage nach der Umstellung. Dieser Vergleich zeigte zwar keinen Anstieg des Mortalitätsrisikos bei den geswitchten Patienten, aber ebenfalls leichte Nachteile in puncto Hospitalisierung jeglicher Ursache (16,14 versus 15,64 Prozent), Hospitalisierung wegen einer Atemwegserkrankung (3,15 versus 2,74 Prozent) und Hospitalisierung aufgrund von Lungenentzündung (1,15 versus 1,03 Prozent).
Liegt der beobachtete Anstieg unerwünschter Ereignisse infolge des Switches an den unterschiedlichen Wirkstoffen, am geänderten Device oder hat er andere Gründe? Vermutlich von allem ein bisschen, schreiben die Autoren in der Diskussion ihrer Ergebnisse. Anders als beispielsweise in Europa sei die Anwendung von Pulverinhalatoren in den USA bislang nur wenig verbreitet. Die fehlende Vertrautheit der Patienten mit dem neuen Device könnte negative Erwartungen bezüglich der Wirksamkeit geweckt haben. Zumindest bei älteren Patienten bestehe zudem die Möglichkeit, dass sie nicht genügend stark einatmen konnten, um den Pulverinhalator korrekt zu bedienen.
Die Studie zeige, wie schwierig es ist, die verschiedenen Interessen rund um eine Inhalativa-Therapie – Krankheitskontrolle, Therapiekosten und Umweltschutz – in Einklang zu bringen. Sie weise darauf hin, dass die gestiegene Inanspruchnahme des Gesundheitssystems die Einsparungen von klimaschädlichen Treibgasen bei der Dauertherapie geschmälert habe. Insgesamt sei die geänderte Empfehlung der VHA zu reevaluieren.
Auch aus deutscher Sicht hält die Studie Lehren bereit. Sie bestätigt einerseits, dass eine Umstellung von Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen auf eine andere Wirkstoffkombination und eine andere Darreichungsform möglich ist, ohne dass sich die Sterblichkeit erhöht. Andererseits verdeutlicht die Untersuchung, dass ein solcher Switch nicht ohne eine intensive Beratung des Patienten vollzogen werden darf. Diese sollte nach Möglichkeit im Rahmen der pharmazeutischen Dienstleistung »Inhalativa-Schulung« in der Apotheke erfolgen.