Über Chancen und Risiken der Abnehm-Mittel |
Laura Rudolph |
08.08.2023 16:00 Uhr |
Seit vergangenem Monat ist das Antiadipositum Wegovy® (Novo Nordisk) in Deutschland verfügbar. Der GLP-1-Rezeptoragonist führte in klinischen Studien zu einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von 16 Prozent des Ausgangsgewichts. / Foto: Adobe Stock/Mauricio
Gegenwärtig leiden etwa dreimal so viele Menschen an Adipositas wie noch vor 50 Jahren – in Deutschland sind es etwa 17 Millionen. Dementsprechend groß ist die Nachfrage nach Antiadiposita wie das kürzlich in Deutschland eingeführte Wegovy® (Semaglutid) der Firma Novo Nordisk. Mehrere weitere Arzneistoffkandidaten befinden sich derzeit in klinischen Studien. Sie könnten den Beginn einer neuen Ära der Adipositasbehandlung einläuten.
Welche Chancen und Risiken birgt der möglicherweise breite und langfristige Einsatz dieser neuen Arzneistoffklassen in der Bevölkerung und wie könnten sie die gesellschaftliche Sicht auf Adipositas ändern? Das erläutern Adipositas-Experten in einem Artikel auf der Nachrichtenseite des Fachjournals »Nature« (DOI: 10.1038/d41586-023-02445-4).
Das bereits verfügbare Antiadipositum Wegovy ist ein GLP-1-(Glucagon-like-Peptide-1-)Analogon und führte in klinischen Studien nach wöchentlich applizierten 2,4-mg-Dosen nach 68 Wochen zu einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von 16 Prozent des Ausgangsgewichts. In klinischen Studien befinden sich aktuell etwa auch duale Rezeptoragonisten von GLP-1 und GIP (glukoseabhängiges insulinotropes Peptid), beispielsweise Tirzepatid (Mounjaro®, Eli Lilly), oder Dreifach-Agonisten, die zusätzlich Glucagon-Rezeptoren aktivieren. Ein Beispiel hierfür ist Retatrutid (Eli Lilly). Diese Wirkstoffkandidaten könnten bisherigen Daten zufolge noch bessere Ergebnisse erzielen als Semaglutid. »Wir befinden uns derzeit in einer sehr dynamischen Phase dieser transformativen Entwicklungen«, sagte Professor Dr. Matthias Tschöp, Geschäftsführer des Helmholtz Zentrums München.
Um Fettleibigkeit nachhaltig zu behandeln, sind nicht nur eine Diät, Bewegung und gegebenenfalls eine Verhaltenstherapie notwendig, sondern bei der zusätzlichen Gabe eines Antiadipositums vermutlich auch die dauerhafte Einnahme. Wenn jemand anfange, Gewicht zu verlieren, reagiere der Körper, indem er den Stoffwechsel verlangsamt und das Verlangen nach Essen steigere, erklärt Professor Dr. Arya Sharma von der University of Alberta in Kanada. »Die aktuell vorliegenden Daten sprechen dafür, dass es nach Absetzen von Semaglutid wieder zu einer deutlichen Gewichtszunahme kommt und somit für die meisten Betroffenen eine dauerhafte Einnahme nötig ist, um das reduzierte Körpergewicht zu halten«, heißt es auch auf der Webseite der Deutschen Adipositas Gesellschaft.