Trocken oder produktiv ist nicht mehr die Frage |
Ob ein Reizhusten oder ein produktiver Husten vorliegt, ist laut der aktuellen S2k-Leitlinie der Pneumologen nicht therapieentscheidend. / Foto: Adobe Stock/ contrastwerkstatt
Im vergangenen Jahr publizierte die Fachgesellschaft der Lungenfachärzte ihre aktualisierte Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten. Zwar sind in erster Linie die Pneumologen die vorrangigen Adressaten dieser Leitlinie. Doch finden sich auch für Apotheker wichtige Informationen für ein kompetentes Beratungsgespräch zu Erkältung und Husten.
So sind die Leitlinienautoren der Ansicht, dass die Unterscheidung zwischen einem produktiven und einem Reizhusten aus therapeutischer Sicht nicht bedeutsam sei. Die bislang obligatorische Nachfrage in einem Beratungsgespräch: »Ist der Husten trocken oder verschleimt?« sei demnach nicht mehr relevant. »Zum einen sind die Grenzen zwischen beiden Kategorien fließend«, erklärt Kardos von der Lungenpraxis Maingau, Rotkreuz-Kliniken in Frankfurt am Main. »Zum anderen haben die meisten Patienten Schwierigkeiten, das Sputum objektiv zu beurteilen.« So werde etwa die Sekretmenge häufig überschätzt. Zudem sei es für den Patienten schwierig, Bronchialsekret von Speichel abzugrenzen. »Und häufig wird Reizhusten als Verschleimung wahrgenommen, obwohl er die Folge einer entzündlichen Hypersensitivität der Hustenrezeptoren ist«, informiert der Pneumologe.
Entscheidend für das therapeutische Vorgehen ist die Dauer des Hustens. Halten die Beschwerden bis zu zwei Wochen an, spricht man von einem akuten Husten; meist handelt es sich dabei um einen klassischen Erkältungshusten, der in den allermeisten Fällen auf einen viralen Infekt der oberen und/oder unteren Atemwege zurückzuführen ist. »Diese Art von Husten ist die Domäne der Selbstmedikation. Bei fehlenden Risikofaktoren verzichten wir hier auf weitreichende Diagnostik. Ohnehin sucht der Patient deshalb gar nicht den Arzt, sondern die Apotheke auf.«
Erkältungsviren können den Atemwegen aber auch deutlich länger als 14 Tage zusetzen: Dauert der Husten länger als drei und bis zu acht Wochen, spricht die Leitlinie von einer subakuten Phase. Alles darüber wird als chronisch bezeichnet. Und dann sei die Abklärung durch den Arzt absolut notwendig, fordert Kardos. Aber auch in der subakuten Phase raten die Leitlinienautoren, was die Diagnostik betrifft, zur Zurückhaltung.
Was die Therapie anbelangt, könne man Phytotherapeutika, Ambroxol oder Dextromethorphan auch in der subakuten Phase weiter einnehmen. »Diese Präparate haben zwar bei akutem Husten in randomisierten kontrollierten Studien ihre positive Wirkung gezeigt. Aber es gibt keine Evidenz dafür, ob die Präparate auch darüber hinaus bei länger anhaltendem Husten wirken. Man kann aber die günstigen Effekte wohl auch auf den subakuten Husten übertragen.«
Während Antibiotika beim akuten Erkältungshusten in der Regel nicht indiziert sind, verfügen mehrere Phytotherapeutika, Ambroxol und Dextromethorphan über »akzeptable randomisierte kontrollierte Studien, die eine Verkürzung der Dauer und/oder die Senkung der Intensität des Hustens bei der akuten Bronchitis belegen«, heißt es in der Leitlinie. Wenn man Regeln aufstellen wollte, nach denen Apotheker in der Beratung vorgehen sollen, dann sind nur »Präparate mit nachgewiesener Wirksamkeit abzugeben«. Am besten prüft jede Apotheke für ihr Sortiment die Evidenz und erstellt Beratungsleitfäden für den individuellen Einsatz.
Unter den chemisch-synthetischen »protussiv/expektorationsfördernden« Wirkstoffen verfügt nur Ambroxol über eine entsprechende Datenlage und ist deshalb erstmals in die fachärztliche Leitlinie integriert worden. Und was ist mit N-Acetylcystein? »N-Aceytlcystein ist zwar der in Deutschland meist eingesetzte Arzneistoff gegen Husten, hat aber eine schlechte Studienlage«, so Kardos. Das dürfte der Grund dafür sein, dass es in der Leitlinie heißt: »Die Datenlage für die Phytopharmaka für die Indikation akute Bronchitis ist häufig besser als für synthetische Expektoranzien.« Konkret nennt die Leitlinie Zubereitungen aus Efeu, Cineol, Myrtol, Pelargonium sidoides, die Kombinationen aus Efeu und Thymian sowie Primel und Thymian. Die Leitlinie versäumt nicht darauf hinzuweisen, dass die Wirksamkeitsbelege extraktgebunden sind.
Zur antitussiven Therapie empfiehlt der Pneumologe Dextromethorphan. »Der einzige hustendämpfende Arzneistoff mit valider Studienlage ist das in Deutschland nicht sehr populäre Dextromethorphan, mit dem man schon mit 60 mg pro Tag einen günstigen Effekt erzielt.« Codein, Dihydrocodein und Morphin wirken laut Kardos beim Erkältungshusten nicht besser als Placebo. Antitussiva eignen sich laut Leitlinie ergänzend für einen nächtlichen Einsatz, um quälenden Hustenreiz zu unterdrücken und so den Schlaf möglichst erholsam zu gestalten.