Triple-Agonist reduziert Körpergewicht um 24 Prozent |
Christina Hohmann-Jeddi |
29.06.2023 14:30 Uhr |
Bei Adipösen konnte ein neuer Wirkstoff in zwei Phase-II-Studien das Körpergewicht um fast ein Viertel senken. / Foto: Adobe Stock/Anatta_Tan
Nach den GLP-1-Rezeptoragonisten wie Semaglutid und dem dualen Agonist Tirzepatid (GLP-1 und GIP) sind nun auch dreifache Agonisten in der Entwicklung, die die Rezeptoren der drei an Sättigung und Energiestoffwechsel beteiligten Hormone GLP-1, Glucagon und GIP (Gastrisches Inhibitorisches Polypeptid) stimulieren. Für den Kandidaten Retatrutid des Unternehmens Eli Lilly wurden nun Ergebnisse von zwei Phase-II-Studien auf einer Tagung der US-amerikanischen Diabetes Gesellschaft am 26. Juni in San Diego vorgestellt.
In die erste Studie, die zeitgleich zum Symposium im »New England Journal of Medicine« erschien, wurden 338 Probanden aufgenommen, die entweder adipös waren, also einen Body-Mass-Index (BMI) von 30 oder darüber aufwiesen, oder einen BMI zwischen 27 und 30 hatten, aber schon eine Übergewichtsfolgeerkrankung, aber keinen Diabetes aufwiesen. Diese Probanden wurden entweder mit Placebo oder mit einer wöchentlichen Injektion von Retatrutid (1 mg, 4 mg, 8 mg oder 12 mg) behandelt.
Nach 24 Wochen hatten die Probanden mit der höchsten Dosierung im Schnitt 17,5 Prozent des Ausgangsgewichts verloren. Bei den niedrigeren Dosierungen fiel auch die Gewichtsabnahme geringer aus: -7,2 Prozent in der 1-mg-Gruppe, -12,9 Prozent in der 4-mg-Gruppe und -17,3 Prozent in der 8-mg-Gruppe im Vergleich zu -1,6 Prozent in der Placebogruppe. Nach einer Behandlungszeit von 48 Wochen lag der Gewichtsverlust in der Gruppe mit der 12-mg-Dosierung im Durchschnitt sogar bei 24,2 Prozent, was 26,2 kg entsprach. Die Sicherheit und Verträglichkeit entsprach in etwa der von den bereits zugelassenen GLP-1-Rezeptoragonisten, heißt es in der Publikation. Am häufigsten traten gastrointestinale Nebenwirkungen auf, die aber in der Regel mild oder moderat waren. Sie konnten durch eine verringerte Startdosis zum Teil umgangen werden.
In dieser Studie wurde auch eine Untergruppe von 98 Probanden untersucht, die infolge des Übergewichts eine nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD) entwickelt hatten. Bei ihnen sollte ermittelt werden, wie sich Retatrutid auf das Leberfett auswirkt. Hierzu wurde das Organ mittels Magnetresonanztomografie und das Blut auf Marker für Leberschäden und Fibrose untersucht. Bei 90 Prozent der Probanden normalisierte sich der Anteil des Leberfetts nach einer 48-wöchigen Behandlung mit der höchsten Dosis.
Diese Daten wurden bisher nur auf dem Symposium in San Diego vorgestellt und sollen zu einem späteren Zeitpunkt noch publiziert werden. »Diese Studie legt nahe, dass in frühen Phasen der Lebererkrankung die Leber noch entfettet werden könnte, was wiederum helfen könnte, die langfristigen kardiologischen, metabolischen, renalen und leberspezifischen Schäden durch Adipositas zu reduzieren, sagt Professor Dr. Arun Sanyal von der Virginia Commonwealth University in Richmond, Virginia, in einer Mitteilung der American Diabetes Association.