Trigonellin aus Kaffee für mehr Muskelkraft |
Christina Hohmann-Jeddi |
25.03.2024 10:30 Uhr |
In Kaffeebohnen ist Trigonellin zu etwa 1 Prozent enthalten. Der Inhaltsstoff geht auch in aufgebrühten Kaffee über. / Foto: Getty Images/fermate
Im Alter verlieren Menschen häufig an Muskelmasse und -kraft. Kennzeichen der Skelettmuskelalterung und der Sarkopenie sind eine gestörte Mitochondrienfunktion und niedrige Spiegel von Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid (NAD+). Letzteres ist ein für den Zellstoffwechsel essenzielles Coenzym, das aus Vorstufen der Vitamin-B3-Familie gewonnen wird.
Wie diese Effekte – gestörte Mitochondrienfunktion und niedriger NAD+-Spiegel – zustande kommen und welche systemischen oder ernährungsbedingten Einflüsse hier eine Rolle spielen, ist noch unklar. Ein Team um Mathieu Membrez vom Nestlé Institute of Health Sciences in Lausanne, Schweiz, hat die Zusammenhänge genauer untersucht und seine Ergebnisse im Fachjournal »Nature Metabolism« veröffentlicht.
Die Forschenden stellten fest, dass bei Menschen mit Sarkopenie der Serumspiegel des Pyridinalkaloids Trigonellin (Nikotinsäure-N-Methylbetain) niedriger ist als bei Menschen ohne die altersbedingte Muskeldegeneration. Die Trigonellinspiegel korrelierten zudem positiv mit der Muskelkraft und der mitochondrialen oxidativen Phosphorylierung in der Skelettmuskulatur. In präklinischen Modellen konnte die Gabe der Substanz die NAD+-Level und die Mitochondrienaktivität erhöhen sowie die Muskelfunktion im Verlauf des Alterns erhalten.
Beim Fadenwurm Caenorhabditis elegans, ein häufig für Alterungsprozesse genutztes Modelltier, verbesserte Trigonellin die mitochondriale Atmung und Mitochondrienbildung, reduzierte den altersbedingten Muskelschwund und erhöhte Lebensspanne sowie Mobilität durch einen NAD+-abhängigen Mechanismus. Eine Nahrungsergänzung mit der Substanz steigerte bei männlichen Mäusen die Muskelkraft und beugte Ermüdung im Alter vor.
Zusammenfassend sieht das Forschungsteam in einer Nahrungsergänzung mit Trigonellin Potenzial, um das NAD+-Level zu therapeutischen Zwecken zu erhöhen. »Unsere Ergebnisse erweitern das derzeitige Verständnis des NAD+-Stoffwechsels durch die Entdeckung von Trigonellin als neuartigem NAD+-Vorläufer«, sagt Assistenzprofessor Dr. Vincenzo Sorrentino von der Nationalen Universität Singapur. Die Gabe von NAD+-produzierenden Vitaminen sei ein potenzieller Ansatz sowohl für eine gesunde Langlebigkeit als auch bei altersbedingten Krankheiten.
Die richtige Ernährung und vermehrte körperliche Aktivität seien wichtige Empfehlungen, um die Muskeln während des Alterns gesund zu erhalten. Trigonellin ist ein Pflanzeninhaltsstoff, der vor allem in den Samen von Bockshornklee (Trigonella foenum-graecum), aber auch in Kaffeebohnen zu finden ist. Von beiden Nahrungsmitteln sei bekannt, dass ihr Verzehr den endogenen Trigonellinspiegel verändern kann, heißt es in der Publikation. In älteren Untersuchungen sei ein hoher Kaffeekonsum bereits mit einem Schutz vor Sarkopenie in Verbindung gebracht worden; die Forschenden um Membrez konnten die Assoziation aber nicht bestätigen.
Sie ziehen daraus den Schlusssatz, dass Kaffeekonsum die Trigonellinspiegel-Muskelkraft-Assoziation vermutlich nicht direkt beeinflusse. Die Zusammenhänge seien komplexer, da auch das Mikrobiom Trigonellin produziert und der Trigonellin-Serumspiegel auch von der Ballaststoffaufnahme abhängt, schreiben die Forschenden. »Daher ist der Zusammenhang zwischen Trigonellin und Sarkopenie wahrscheinlich multifaktoriell bedingt und beruht auf einer komplexen Wechselwirkung zwischen verschiedenen Lebensmittelgruppen und dem endogenen Stoffwechsel.«