Außerordentlicher Deutscher
Apothekertag 2003
Arzneimittelversorgung:
Entwickeln statt abwickeln
Verantwortlicher Einsatz statt rücksichtsloser Absatz
Gemeinwohlorientierte Arzneimittelversorgung braucht die eigenverantwortlich
und unabhängig geleitete, wohnortnahe Apotheke in einem ihre Existenz
sichernden Umfeld. Die deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordern die
politisch Verantwortlichen deshalb auf, sich die Besonderheit des
Arzneimittels gegenüber Konsumgütern bewusst zu machen, die Leistungen der
heilberuflich geführten Apotheken, auf die sich auch der Europarat in seiner
Resolution vom 21. März 2001 stützt, anzuerkennen und die bewährten,
nachgewiesen sicheren und effizienten Strukturen des deutschen
Apothekenwesens mit ihnen gemeinsam weiter zu entwickeln.
Die deutschen Apothekerinnen und Apotheker votieren deshalb
- für ein Preisbildungssystem, das für apothekenpflichtige Arzneimittel
einen festen Abgabepreis garantiert, bei dem preisunabhängige und
preisabhängige Komponenten sinnvoll kombiniert werden.
- für ein Home-Service-System und die Entwicklung eines
Hausapothekensystems, die dem Versandhandel sowohl unter Aspekten der
Kosten, der Arzneimittelsicherheit, der Versorgungsqualität als auch der „convenience“
überlegen sind.
- für eine sinnvolle Einführung der Telematik im Gesundheitswesen in
Form einer Patientengesundheitskarte.
- Die deutschen Apothekerinnen und Apotheker stehen der Prüfung der
Versorgung mit bedarfsgerechten Arzneimittelmengen aufgeschlossen
gegenüber. Sie werden sich an sinnvolle Kosten-Nutzen-Bewertungen von
Arzneimitteln beteiligen.
- Die Zulassung von Mehrbesitz, der Fremdbesitz unausweichlich nach sich
ziehen wird, ist abzulehnen. Fremd- und Mehrbesitz stärken die Tendenz zu
einer rein ökonomischen Ausrichtung der Arzneimitteldistribution.
Mittelständische Strukturen werden Kapitalgesellschaften geopfert und
wohnortnahe, häufig von Frauen und in Teilzeit wahrgenommene Arbeitsplätze
werden vernichtet.
- Die Einführung des Versandhandels mit apothekenpflichtigen
Arzneimitteln ist abzulehnen. Versandhandel mit der Abgabe durch
fachfremde Boten der Angabe von Arzneimitteln in der Apotheke gleich zu
stellen, relativiert die Apothekenpflicht grundsätzlich. Neben den
immanenten Risiken für die Arzneimittelsicherheit, fördert der
Versandhandel in der Selbstmedikation einen unkritischen Konsum von
Arzneimitteln. Darüber hinaus würde man deutsche Apotheken in einen
ungleichen Wettbewerb mit Anbietern stellen, die von niedrigen
administrierten Herstellerabgabepreisen und einer geringeren Umsatzsteuer
in ihren Herkunftsländern profitieren und an die arzneimittel- und
apothekenrechtlichen Vorgaben des deutschen Gesetzgebers nicht gebunden
werden können.
- Eine Einbeziehung von Krankhausapotheken in die ambulante Versorgung
ist abzulehnen. Arzneimittel zum Einsatz im Krankenhaus werden von
Arzneimittelherstellern zu erheblich günstigeren Konditionen zur Verfügung
gestellt als Ware, die zur Abgabe in öffentlichen Apotheken bestimmt ist.
Krankenhausapotheken unterliegen nicht der Bindung an die
Arzneimittelpreisverordnung und würden im Wettbewerb mit öffentlichen
Apotheken einseitig bevorzugt.
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