Tilidin-Verordnungen bei Jugendlichen extrem stark gestiegen |
Daniela Hüttemann |
03.09.2020 17:00 Uhr |
Tilidin (Valoron® und Generika) ist als Medikament als Lösung oder Retardtabletten erhältlich. Während flüssige und damit schnellfreisetzende Tilidin-Präparate bereits 2013 als Betäubungsmittel eingestuft wurden und mittlerweile laut STRG_F nur noch 4 Prozent der verordneten Dosen umfassen, fallen die Retardtabletten bislang nicht unter das BtM-Gesetz. Zugelassen ist Tilidin zur Behandlung starker und sehr starker Schmerzen und kommt normalerweise nach schweren Operationen oder bei Krebs zum Einsatz.
Glaeske, der damals Mitglied des entsprechenden Sachverständigenausschusses war, spricht sich dafür aus, erneut zu prüfen, auch die Retardtabletten als BtM einzustufen. Denn offenbar wissen viele Jugendliche, wie sie die Tabletten aufbereiten müssen, um die Retardierung zu umgehen, um den gewünschten Kick zu erzielen. Die Präparate enthalten neben Tilidin auch den Opioid-Antagonisten Naloxon. Pro 50 mg Tilidin sind 4 mg Naloxon enthalten, um die Wirkung zu antagonisieren, ohne den analgetischen Effekt zu beeinträchtigen.
Naloxon wird nach oraler Gabe in der Leber schnell inaktiviert, während Tilidin als Prodrug in seine eigentliche Wirkform Nortilidin umgewandelt wird und die gewünschte analgetische Wirksamkeit entfaltet. Werden Naloxon-haltige Präparate parenteral verabreicht, setzt die antagonisierende Wirkung des Naloxons ein. So soll eine missbräuchliche Applikation verhindert werden. In Kombination mit Beruhigungsmitteln oder Alkohol ist ein Atemstillstand möglich.