Teure Orphan Drugs setzen GKV unter Druck |
| Melanie Höhn |
| 06.11.2025 16:20 Uhr |
Schon jetzt seien die Arzneimittelkosten nach den Krankenhausbehandlungen der zweitgrößte Kostenblock der GKV. Zudem werde das Gesundheitssystem mit den steigenden Lohnnebenkosten zu einem Problem für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Damit auch in Zukunft wirtschaftliche und bedarfsgerechte Arzneimittelversorgung gewährleistet werden könne, müssten die Preisbildungsmechanismen für innovative Arzneimittel überprüft werden, forderte Schmitt. Immer häufiger handele es sich bei diesen innovativen Therapien um maßgeschneiderte und aufwendig hergestellte Therapien für seltene Erkrankungen. Der medizinische Nutzen solcher Orphan Drugs sei jedoch schwierig nachweisbar, auch ohne Vorlage von Daten werde ein fiktiver Zusatznutzen angenommen. Man wisse jedoch nicht, ob diese Medikamente wirken oder nicht. Das Sozialgesetzbuch schreibe jedoch vor, dass der Preis eines Arzneimittels an seinen Zusatznutzen gekoppelt werde.
Der Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege, dem Schmitt angehört, habe einen Vorschlag für ein lernendes Gesundheitssystem vorgelegt, in dem für neue Medikamente nach der Markteinführung in der klinischen Praxis systematisch Daten gesammelt werden, die für Preisnachverhandlungen genutzt werden. Für Gentherapien werden sogenannte »Pay-for-performance«-Modelle empfohlen, in denen Rückforderungen an den Hersteller verlangt werden können. Zudem wird eine dynamische Preisanpassung angeraten.
Schmitt machte auch auf das Problem der unterschiedlich starken Verhandlungspositionen aufmerksam. Die Hersteller würden aus einer »Position der Stärke« heraus verhandeln, »sie können ihr Medikament jederzeit vom Markt nehmen oder zumindest damit drohen«. Er empfiehlt der Politik und den Krankenkassen, sich das Recht einzuräumen, von den Handlungen zurückzutreten. »Dann würde die Parität zwischen den Parteien hergestellt werden.«
Der Sachverständigenrat sieht es laut Schmitt kritisch, dass die Hersteller die Preise für Orphan Drugs in den ersten sechs Monaten frei festlegen dürfen. Das führe zwar zu einem schnellen Marktzugang, zu dem Zeitpunkt wisse man aber noch nicht, ob das Medikament einen Zusatznutzen bringe. Diese Preise hätten eine »sehr starke psychologische Wirkung« und man komme von diesen Beträgen in den Verhandlungen nur schwer weg. »Wir empfehlen daher, den Initialpreis an der zweckmäßigen Vergleichstherapie anzusetzen und wenn ein Zusatznutzen nachgewiesen wurde, im Nachgang das Finanzielle auszugleichen.«
Um das Risiko einer unkontrollierten Ausgabensteigerung zu begrenzen, spricht er sich für Arzneimittelbudgets aus, die in Frankreich schon erfolgreich eingesetzt worden seien. »Wir empfehlen globale Budgets, nicht auf bestimmte Wirkstoffgruppen bezogen, und bei Überschreitung der Ausgabengrenze würde dann ein rückwirkender Preisabschlag fällig werden.«