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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Verapamil

Calciumkanal-Blocker werden abhängig von ihrer chemischen Struktur in verschiedene Gruppen eingeteilt. Wichtigster Vertreter der Phenylalkylamine ist Verapamil. Es wird bei koronarer Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen und Hypertonie eingesetzt.
AutorKontaktAnnette Rößler
Datum 01.05.2024  11:00 Uhr

Wie wirkt Verapamil?

Verapamil hemmt den Einstrom von Calciumionen durch den langsamen, spannungsabhängigen L-Typ-Calciumkanal in Muskelzellen. Da dies kein Antagonismus ist, sollte statt des veralteten Begriffs »Calciumantagonist« lieber die Bezeichnung »Calciumkanal-Blocker« verwendet werden. Es gibt drei Gruppen von Calciumkanal-Blockern, deren Vertreter jeweils bestimmte strukturelle Gemeinsamkeiten haben: Substanzen vom Dihydropyridin (Nifedipin)-Typ, vom Verapamil-Typ und vom Diltiazem-Typ. Verapamil und Gallopamil bilden zusammen die zweite Gruppe; sie werden auch als Phenylalkylamine bezeichnet.

Durch die Abnahme der intrazellulären Calciumkonzentration entspannt sich die glatte Gefäßmuskulatur, es kommt zu einer Vasodilatation und der Blutdruck sinkt. Am Herzen wirkt Verapamil negativ inotrop und senkt die Nachlast. Am AV-Knoten bewirkt Verapamil eine Verlängerung der Überleitungszeit (Klasse-IV-Antiarrhythmikum).

Was sind die Einsatzgebiete von Verapamil?

Verapamil kommt bei symptomatischer koronarer Herzkrankheit (KHK), also bei Angina pectoris, sowie bei bestimmten Herzrhythmusstörungen zum Einsatz. Außerdem wird es zur Senkung des Blutdrucks bei Hypertonie gegeben. Ein Off-Label-Einsatz als Anfallsprophylaktikum bei Migräne wird in der entsprechenden Leitlinie nicht empfohlen, da Verapamil in dieser Indikation »wahrscheinlich« genauso wenig wirksam sei wie andere reine Calciumkanal-Blocker.

Wie wird Verapamil dosiert?

Verapamil wird individuell dosiert. Übliche Tagesdosen liegen zwischen 240 und 360 mg. Eine Dosis von 480 mg täglich sollte in der Dauertherapie nicht überschritten werden; kurzfristig ist dies aber möglich. Nicht retardierte Arzneiformen werden in der Regel dreimal täglich eingenommen, retardierte zweimal täglich. Die Einnahme erfolgt am besten mit einem Glas Wasser zu oder kurz nach den Mahlzeiten. Für die notfallmäßige Anwendung durch einen Arzt steht auch eine Injektionslösung zur Verfügung.

Welche Nebenwirkungen kann Verapamil haben?

Die häufigsten Nebenwirkungen bei Anwendung von Verapamil sind Kopfschmerzen, Schwindel beziehungsweise Benommenheit, gastrointestinale Beschwerden, Brady- oder Tachykardie, Palpitationen, Hypotonie, Flush, periphere Ödeme und Müdigkeit.

Welche Wechselwirkungen sind zu beachten?

Verapamil wird über die CYP-Enzyme 3A4, 1A2, 2C8, 2C9 und 2C18 metabolisiert. Außerdem hemmt der Wirkstoff CYP3A4 und P-Glycoprotein (P-gp). Die Liste potenzieller Wechselwirkungspartner ist deshalb lang und muss patientenindividuell Wirkstoff für Wirkstoff durchgegangen werden.

In der Praxis besonders bedeutsam dürften eine erhöhte Blutungsneigung bei gleichzeitiger Anwendung von Verapamil mit Acetylsalicylsäure (ASS) sowie ein erhöhtes Risiko für eine Rhabdomyolyse bei gleichzeitiger Anwendung mit hoch dosiertem Simvastatin sein. Bei Statinen wie Fluvastatin, Pravastatin und Rosuvastatin, die nicht über CYP3A4 verstoffwechselt werden, ist eine Interaktion mit Verapamil weniger wahrscheinlich.

Die gleichzeitige Anwendung von Verapamil mit dem Herzfrequenz-Senker Ivabradin ist kontraindiziert.

Auf den Verzehr von Grapefruit beziehungsweise Grapefruitsaft sollte unter der Therapie mit Verapamil verzichtet werden. Gleiches gilt für den Genuss von Alkohol, da der Wirkstoff den Abbau von Ethanol hemmt und dadurch dessen Wirkung verstärkt.

Darf Verapamil in Schwangerschaft und Stillzeit angewendet werden?

Laut Fachinformation soll Verapamil in den ersten beiden Schwangerschaftsdritteln nicht angewendet werden und im dritten nur bei zwingender Indikation. Begründet wird diese Empfehlung mit tierexperimentellen Daten – die sich laut Embryotox, dem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité, anhand von Daten beim Menschen jedoch nicht bestätigen ließen. Embryotox stuft Verapamil daher als Antiarrhythmikum der Klasse IV als Mittel der Wahl für die Schwangerschaft ein. Zur Blutdrucksenkung sollten aber stattdessen lieber Metoprolol, α-Methyldopa oder Nifedipin verwendet werden.

Als Antiarrhythmikum kann Verapamil laut Embryotox auch in der Stillzeit verwendet werden. Auch eine Gabe zur Senkung des Blutdrucks sei in der Stillzeit akzeptabel, sofern Verapamil »Vorteile im Vergleich zu erprobteren Calciumantagonisten wie Amlodipin oder Nifedipin bietet«.

Verapamil: Geschichte und Ausblick

Verapamil wurde in den frühen 1960er-Jahren von der Knoll AG in Ludwigshafen entwickelt und 1962 zunächst noch unter dem Namen Iproveratril (Isoptin®) als Antiaginosum auf den Markt gebracht. Der Wirkmechanismus war zu diesem Zeitpunkt jedoch noch unklar. 1964 entdeckte der Pharmakologe Albrecht Fleckenstein an isolierten Meerschweinchen-Herzmuskelzellen, dass Verapamil die calciumabhängige Kontraktilität hemmt. Fleckenstein prägte 1966 den Begriff »Calciumantagonist« und war damit der Namensgeber für die Wirkstoffgruppe.

Mehr als ein halbes Jahrhundert danach könnte noch ein neues Kapitel in der Geschichte von Verapamil geschrieben werden. Denn es gibt Hinweise darauf, dass der Wirkstoff die Betazellen des Pankreas vor dem Angriff von Autoantikörpern bei Typ-1-Diabetes (T1D) schützen könnte. Erste Untersuchungen mit frisch diagnostizierten Patienten mit T1D zeigten, dass bei diesen der Insulinbedarf unter Verapamil weniger stark anstieg als ohne den Calciumkanal-Blocker. Worauf diese Wirkung genau zurückzuführen ist und ob sie auch in Studien mit größeren Patientenzahlen bestätigt werden kann, muss allerdings noch geklärt werden.

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