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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Nitrofurantoin

Das Antibiotikum Nitrofurantoin kommt ausschließlich bei Harnwegsinfektionen zum Einsatz. Es punktet durch ein breites Erregerspektrum und ein vergleichsweise geringes Resistenzrisiko, kann aber auch schwerwiegende Nebenwirkungen verursachen.
Laura Rudolph
16.07.2024  18:00 Uhr

Wie wirkt Nitrofurantoin?

Nitrofurantoin ist ein Prodrug aus der Gruppe der Nitrofuran-Antibiotika. Bakterielle Nitroreduktasen verstoffwechseln es zu antimikrobiell wirksamen Metaboliten, die Addukte mit der Erreger-DNA bilden und zahlreiche bakterielle Stoffwechselaktivitäten durch Elektronenentzug hemmen. In der Blase erreicht es eine hohe Konzentration und wirkt bakteriostatisch bis bakterizid. Sein Spektrum umfasst aerobe grampositive und aerobe gramnegative Bakterien, darunter Enterokokken, Staphylokokken, Escherichia coli oder andere Enterobakterien, die typischerweise Harnwegsinfektionen (HWI) auslösen.

Was sind die Einsatzgebiete von Nitrofurantoin?

Nitrofurantoin kommt exklusiv zur Behandlung und Prävention von HWI zum Einsatz, vor allem zur Akuttherapie von unkomplizierten HWI. Weitere Einsatzgebiete sind die Suppressivtherapie von chronisch-obstruktiven HWI bei Patienten, bei denen der Abfluss der Harnwege behindert ist, sowie die Langzeitprävention bei wiederkehrenden HWI. In beiden Fällen ist Nitrofurantoin jedoch erst indiziert, wenn risikoärmere Antibiotika nicht einsetzbar sind. Bei Infektionen mit Beteiligung der Nieren oder Prostata darf Nitrofurantoin nicht eingesetzt werden.

Wie wird Nitrofurantoin dosiert?

Bei der Akuttherapie von unkomplizierten HWI beträgt die übliche Dosis 3 bis 5 mg pro kg Körpergewicht pro Tag über maximal eine Woche. Das entspricht bei Erwachsenen 200 bis 400 mg Nitrofurantoin pro Tag, aufgeteilt in drei bis vier Einzelgaben. Zur Suppressivtherapie chronisch-obstruktiver HWI sind Tagesdosen von 2 bis 3 mg/kg KG/d üblich, entsprechend 100 bis 200 mg pro Tag bei Erwachsenen, aufgeteilt in ein bis drei Einzeldosen. Die Therapie erfolgt in ein bis drei 14-tägigen Intervallen, die sich jeweils mit 14 Tagen Einnahmepause abwechseln.

Zur Langzeitprävention chronisch wiederkehrender HWI kommen über maximal sechs Monate täglich circa 1,2 mg/kg KG zum Einsatz, entsprechend 50 bis 100 mg Nitrofurantoin bei Erwachsenen als Einzeldosis abends nach dem letzten Wasserlassen.

Wer darf Nitrofurantoin nicht anwenden?

Nitrofurantoin kann körpereigene Zellen, insbesondere Blutzellen, durch oxidativen Stress schädigen. Frühgeborene und Säuglinge unter drei Monaten haben ein besonders hohes Risiko für eine hämolytische Anämie und dürfen kein Nitrofurantoin erhalten. Selbiges gilt für Menschen mit einem Mangel an Glucose-6-Phosphatdehydrogenase (G6PD), denn die Erythrozyten benötigen dieses Enzym, um sich vor oxidativen Schäden zu schützen. Cave: Weltweit sind schätzungsweise 400 Millionen Menschen von G6PD-Mangel betroffen, insbesondere solche, die aus Malaria-Gebieten stammen.

Weitere Kontraindikationen sind Polyneuropathien, abnorme Leberwerte, Niereninsuffizienz (eGFR < 45 ml/min) und eine (stark) verminderte Urinausscheidung von weniger als 500 ml pro Tag. Unter der Therapie mit Nitrofurantoin sind Kontrollen von Blutbild, Leber- und Nierenwerten notwendig. 

Welche Nebenwirkungen können auftreten?

Sehr häufige Nebenwirkungen sind Schwindel, Koordinationsstörungen (Ataxie) oder unkontrollierte, zuckende Augenbewegungen (Nystagmus). Das Reaktionsvermögen kann beeinträchtigt sein. Weiterhin treten häufig allergische Reaktionen wie Arzneimittelfieber, Juckreiz, Nesselsucht oder Schwellungen der Haut oder Schleimhaut (angioneurotisches Ödem) auf. Der Urin kann sich gelb bis braun verfärben; dies ist harmlos, sollte jedoch ärztlich abgeklärt werden. Besonders zu Therapiebeginn können Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen auftreten.

Lebensbedrohlich können Lungenreaktionen wie Flüssigkeitsansammlungen und Entzündungen sein. Treten Atemnot, Brustkorbschmerzen und Husten auf, muss der Patient die Behandlung sofort abbrechen und einen Arzt aufsuchen. Dasselbe gilt bei Symptomen eines anaphylaktischen Schocks oder einer schweren Leberschädigung (Gelbsucht, dunkler Urin, Hautjucken, Bauchschmerzen).

Wieso ist manchen Präparaten Vitamin B6 zugesetzt?

Vitamin B6 kann die Verträglichkeit von Nitrofurantoin verbessern und das Risiko für neurologische Nebenwirkungen reduzieren. Es hat antioxidative Eigenschaften und schützt dadurch Nervenzellen vor oxidativem Stress. Bemerken Patienten dennoch Anzeichen für Neuropathien wie Schmerzen, Kribbeln oder Taubheitsgefühle der Gliedmaßen, ist die Einnahme sofort zu unterbrechen und ein Arzt aufzusuchen.

Auf welche Wechselwirkungen ist zu achten?

Antazida mit Aluminium- oder Magnesiumsalzen, harnalkalisierende Stoffe, Adsorbenzien und Phosphatbinder verringern die Resorption von Nitrofurantoin. Sie sollten nicht innerhalb von zwei Stunden vor oder nach der Einnahme des Antibiotikums eingenommen werden. Metoclopramid vermindert ebenfalls die Resorption, Atropin verzögert sie, erhöht jedoch gleichzeitig die Bioverfügbarkeit. Die Gichtmittel Probenecid und Sulfinpyrazon hemmen die Ausscheidung von Nitrofurantoin, was zu einer Kumulation führen kann.

Nitrofurantoin senkt möglicherweise den Serumspiegel von Phenytoin, weshalb eine Überwachung notwendig ist, und darf nicht mit Chinolonen kombiniert werden, da es deren Wirksamkeit in vitro antagonisiert. Clozapin und das Eisenantidot Deferipron erhöhen das Risiko einer Agranulozytose. Nitrofurantoin kann die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva durch Erbrechen und Durchfall beeinträchtigen.

Was ist in Schwangerschaft und Stillzeit zu beachten?

Schwangere und Stillende dürfen Nitrofurantoin nur einnehmen, wenn es absolut notwendig ist und es keine bessere Alternative gibt. Das Stillen ist während der Behandlung zu unterbrechen. Unter keinen Umständen dürfen (werdende) Mütter Nitrofurantoin im letzten Schwangerschaftsdrittel anwenden oder in der Stillzeit, wenn das Neugeborene unter einem G6PD-Mangel leidet oder der Verdacht besteht. In diesen Fällen ist das Risiko für eine hämolytische Anämie beim Kind erhöht.

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