Steckbrief Montelukast |
Annette Rößler |
11.09.2024 07:00 Uhr |
Die Bindung von Cysteinyl-Leukotrienen an ihre Rezeptoren in den Atemwegen führt zu Bronchokonstriktion, Schleim- und Ödembildung sowie zur Einwanderung von Entzündungszellen. Diese Wirkungen werden durch Montelukast antagonisiert. / Foto: Adobe Stock/magicmine
Wie wirkt Montelukast?
Montelukast ist ein oral bioverfügbarer Leukotrien-Rezeptor-Antagonist. Genauer gesagt bindet Montelukast spezifisch am Cysteinyl-Leukotrien-Rezeptor 1 (CysLT1) und blockiert dadurch die Wirkung der Cysteinyl-Leukotriene LTC4, LTD4 und LTE4. Diese sind die stärksten bekannten Bronchokonstriktoren; sie sind 10- bis 5000-fach potenter als Histamin. Die bronchospasmolytische Wirkung von Montelukast kommt somit anders zustande als die von inhalativen β-Sympathomimetika, sodass diese beiden Wirkstoffklassen einen additiven Effekt haben. Montelukast antagonisiert zudem weitere Wirkungen der Cysteinyl-Leukotriene in den Atemwegen, nämlich eine verstärkte Schleimproduktion, Ödembildung durch Erhöhung der Gefäßpermeabilität und eine Anreicherung von eosinophilen Granulozyten in der Bronchialschleimhaut.
Außer in den Atemwegen kommen CysLT1 in proinflammatorischen Zellen wie eosinophilen Granulozyten und in bestimmten Knochenmarkstammzellen vor. Bei allergischer Rhinitis werden CysLT nach Allergenexposition sowohl während der Früh- als auch der Spätreaktion von der Nasenschleimhaut freigesetzt.
Was sind die Einsatzgebiete von Montelukast?
Montelukast ist indiziert als Add-on-Therapie bei Patienten ab sechs Monaten mit leichtem bis mittelschwerem Asthma, das mit der Standardtherapie nicht ausreichend kontrolliert werden kann. Außerdem kann Montelukast bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 2 und 14 Jahren eingesetzt werden, die keine inhalativen Corticosteroide anwenden können. Bei Patienten ab zwei Jahren kann Montelukast zur Vorbeugung von Belastungsasthma eingesetzt werden.
Bei Patienten ab 15 Jahren, für die Montelukast bei Asthma angezeigt ist, kann die Anwendung auch die Symptome einer saisonalen allergischen Rhinitis (Heuschnupfen) lindern. Die Anwendung bei perennialer allergischer Rhinitis (Hausstaubmilbenallergie) stellt einen Off-Label-Einsatz dar.
Wie wird Montelukast dosiert?
Die empfohlene Dosis von Montelukast beträgt für Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren 4 mg täglich, für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 14 Jahren 5 mg täglich und für Jugendliche ab 15 Jahren sowie Erwachsene 10 mg täglich. Die Einnahme sollte abends erfolgen und kontinuierlich fortgesetzt werden, also sowohl bei Beschwerdefreiheit als auch während einer Verschlechterung der Asthmasymptomatik.
Als Darreichungsformen stehen in der 4-mg-Dosierung ein Granulat und Kautabletten, in der 5-mg-Dosierung Kautabletten und in der 10-mg-Dosierung Filmtabletten zur Verfügung. Das Granulat kann dem Kind entweder direkt in den Mund gegeben werden oder mit weicher Nahrung, etwa Apfelmus, Eiscreme, Karotten oder Reis, vermischt werden. Es ist nicht zum Verdünnen in Flüssigkeit geeignet und muss nach dem Öffnen des Beutels innerhalb von 15 Minuten aufgebraucht sein. Bei der Anwendung der Kautabletten sollte ein Abstand von mindestens einer Stunde vor/mindestens zwei Stunden nach der Nahrungsaufnahme eingehalten werden. Filmtabletten und Granulat können unabhängig von der Nahrungsaufnahme angewendet werden.
Welche Nebenwirkungen kann Montelukast haben?
Besonders hervorgehoben ist in der Fachinformation eine Warnung vor neusopychiatrischen Nebenwirkungen von Montelukast. Möglich sind Verhaltensänderungen, Depressionen und Suizidalität. Treten solche Symptome auf, soll die Behandlung abgebrochen werden. Zu den weiteren möglichen Nebenwirkungen zählen Infektionen der oberen Atemwege, gastrointestinale Beschwerden wie Diarrhö, Übelkeit und Erbrechen, ein Anstieg der Leberwerte ALT und AST, Ausschlag und Fieber.
Wie groß ist das Wechselwirkungspotenzial von Montelukast?
Montelukast wird durch Cytochrom P 450 metabolisiert (CYP3A4, CYP2C8 und CYP2C9), sodass Vorsicht angebracht ist, wenn es gleichzeitig mit anderen Wirkstoffen gegeben wird, die diese Enzyme induzieren.
Was ist in Schwangerschaft und Stillzeit zu beachten?
Vorhandene Daten zeigen keinen Hinweis auf ein embryotoxisches Risiko von Montelukast, sind aber nicht aussagekräftig genug, um eine Anwendung in der Schwangerschaft generell als gefahrlos einzustufen. Laut Fachinformation darf Montelukast während der Schwangerschaft eingenommen werden, aber nur dann, wenn es als eindeutig erforderlich angesehen wird. Gleiches gilt für die Stillzeit. Embryotox.de, die Website des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité, enthält keinen Eintrag zu Montelukast.
Welchen Stellenwert hat Montelukast in der Asthmatherapie?
Im »Arzneiverordnungsreport 2022« heißt es: »Montelukast hat einen begrenzten entzündungshemmenden Effekt, der sich wahrscheinlich nur bei 50 bis 60 Prozent der Patienten bemerkbar macht.« Deshalb sowie wegen der eingeschränkten Indikationen, des Wechselwirkungspotenzials und der möglichen schwerwiegenden Nebenwirkungen spielt der Wirkstoff in der Asthmatherapie nur eine untergeordnete Rolle. Im Jahr 2021 wurden insgesamt 34,1 Millionen Tagesdosen (DDD) Montelukast zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnet.
Strukturformel Montelukast / Foto: Wurglics